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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1958-06/0010
Der Sachsenherzog befand sich in jenen Monaten
in der nächsten Umgebung des Kaisers in
Italien. Da erschien zerlumpt, ausgeplündert und
mißhandelt mitten im Winter in seinem Zelt der
treue Hofkaplan Gerold mit Nachrichten aus der
Heimat. Eine Aussprache mit Papst Hadrian
wegen der Neubesetzung des Bischofsstuhles in
Neumünster war für beide ein großer Mißerfolg.
Nun stand gerade das Weihnachtsfest des Jahres
1155 bevor. In aller Eile wurden die Vorbereitungen
für die Wahl Friedrichs zum deutschen
Kaiser getroffen. Weil die Bürgerschaft in Rom
in dieser für sie so wichtigen Angelegenheit sich
übergangen glaubte, kam es zu einer blutigen
Erhebung. Der Kaiser geriet in eine ernste Lage,
der Papst wurde in seinem Palast von der außer
sich geratenen Bevölkerung bedroht, ein Teil seiner
Kardinäle ihrer Habe beraubt. Als jedoch in
kühnem Zugriff der Löwe mit seinen Sachsen
die Empörung in kürzester Zeit niederschlug,
sandte ihm das Oberhaupt der Kirche ehrenvolle
Geschenke und versprach ihm, Gerold seinem
Wunsch gemäß am folgenden Tag zum Oberhirten
von Neumünster zu weihen. Auch bei
allen anderen Anlässen wußte er den italienischen
Edeln gegenüber seine Ansprüche auf alte
Besitzrechte seiner Ahnen, vor allem in Tuszien,
am Po und an der Etsch, nach seinem Willen
durchzusetzen.

So sah sich der Weife auf allen Gebieten
seiner politischen Tätigkeit seit seiner Vermählung
mit Klementia von Erfolg begleitet. Reich
belohnte ihn der Kaiser für seine Verdienste, die
er in bestem Freundschaftsbund mit ihm und in
enger Waffenbrüderschaft mit den Fürsten unter
dem Adler des Reiches für das Deutschtum erwarb
. In wenigen Abschnitten seiner Geschichte
schien die innere Ordnung in den einzelnen
Herzogtümern und Grafschaften so gefestigt und
die Vormachtstellung des Reiches gegenüber den
Großmächten des Abendlandes so gesichert wie
in diesem Jahrzehnt. Umso bedauerlicher mußte
es für das Herzogspaar gewesen sein, als keine
Aussichten mehr auf männliche Nachkommen
bestanden.

Durch einen unglücklichen Sturz vom Tische
auf der Burg zu Braunschweig am Allerheiligenfest
eines unbekannten Jahres wurde ihm der
einzige Sohn Heinrich schon in jungen Jahren
entrissen. Eine Tochter, nach der Kaiserin-Großmutter
Richenza genannt, starb ebenfalls in
jungen Jahren. Daher hegte der Sachsenherzog
— sehr wahrscheinlich im Einvernehmen mit
dem Kaiser — den Gedanken, sich von seiner
Gemahlin zu trennen. Auf einem Hoftag - zu
Konstanz kam dieser Plan zur Ausführung. Die
nahe Verwandtschaft der Ehegatten — Sophia,
die Gemahlin Bertholds III. von Zähringen war
die Schwester Heinrichs des Stolzen und damit
zugleich die Tante Heinrichs des Löwen — genügte
den Kanonikern als Scheidungsgrund. In
Gegenwart seines Oheims, des Herzogs Weif VI.,
und des Kaisers, der das Geschehene durch seinen
Eid bekräftigte, trennten sich die beiden, obwohl
Klementia sonst keinem Vorwurf unterlag.
Die damals zwölf Jahre alte Gertrud wurde dem
Vater zugesprochen. Von einer Entschädigung

sowie von einer Rückgabe der Burg und Herrschaft
Badenweiler an Klementia war mit keinem
Wort in der Scheidungsurkunde die Rede. Diese
trägt das Datum vom 23. November 1162. Heinrich
war 33, Klementia 31 Jahre alt. Sie teilte
damit ihr Los mit Adelheid von Vohburg, der
ersten Gemahlin Barbarossas, und Eleonore von
Aquitanien, der Gemahlin des Königs Ludwig
VII., des Frommen, von Frankreich.

Wahrscheinlich verbrachte sie die ersten
Jahre nach ihrer Scheidung am Hofe ihres Bruders
auf seinem Schloß über Freiburg. In zweiter
Ehe verheiratete sie sich mit dem Grafen
Humbert von Maurienne, einem nahen Verwandten
des französischen Königshauses. Sein Gebiet
lag im Rektorat Burgund und damit im Herrschaftsbereich
seines Schwagers. Auch besaß er
die Regalien des Bistums Sitten am Oberlauf der
Rhone. Die einzige Tochter aus dieser Ehe verlobte
sich mit dem englischen Königssohn, dem
späteren König Johann Ohneland. Sie starb jedoch
kurz vor der Heirat.

Die Hofhaltung auf der Burg zu Braunschweig
führte zunächst eine nahe Verwandte von Klementia
. Es war Ida, die Tochter des lothringischen
Grafen Le Castrois. Die dem Verhältnis
mit Heinrich dem Löwen entstammende Mathilde
ließ dieser legitimieren. Nachdem ihre Verlobung
mit dem dänischen Thronfolger auseinanderging,
gab Heinrich diesem seine um zwölf Jahre ältere
Tochter Gertrud aus erster Ehe zur Gemahlin.

Im Sommer 1165 erschien am Hofe des englischen
Königs Heinrich II. in Rouen Reinald von
Dassel, Erzbischoi von Köln und Kanzler des
Deutschen Reiches. Im Auftrag des Kaisers sollte
er zwei der Königstöchter, Mathilde für den
Löwen und Eleonore für den Kaisersohn gewinnen
und mit diesem Schritt zugleich den Beherrscher
Englands und des halben Frankreichs für
seine Politik gegen den Papst fesseln. Nach drei
Jahren fand schließlich die Hochzeit in Braunschweig
statt.

Noch mehr als die Ehe mit der Zähringerin
versprach sich Heinrich der Löwe ein Zuwachs
seines Ansehens von der Verbindung mit dem
englischen Herrscherhaus. Im Mittelpunkt seines
gesellschaftlichen und kulturellen Lebens stand
die bereits erwähnte Königin Eleonore. Wenige
Wochen nach ihrer Scheidung mit Ludwig dem
Frommen von Frankreich stieg sie als Braut des
englischen Königs Heinrich II. am Hofe von
Rouen vom Sattel, „um die englische Politik mit
dem moralischen Gesetz zu durchdringen". Als
„Krone der Frauen, als Herrin der Granden,
Prälaten und Troubadours" war sie von ihrem
ganzen Volke geschätzt, als „Mutter der Könige
und Königinnen" ging sie in die europäische
Geschichte ein. In der Tat stieg das Ansehen des
Löwen besonders unter den Herrschern des Auslandes
immer mehr. Noch mehr aber wuchs die
Machtstellung des Kaisers zu ungeahnter Höhe.
Das alte Freundschaftsverhältnis zwischen den
beiden schien immer noch das gleiche. Als aber
das starre territoriale Streben des einen mit den
allzu weit gesteckten Zielen des andern sich
kreuzten, als sich die jahrzehntelang dargebotene

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