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Richard Nutzinger:
Unfec Lfybelalemanrufdj
In der Zeitschrift des Bundes „Heimat und
Volksleben", dem „Lichtgang", findet sich ein
recht interessanter Beitrag zu dem Thema:
Hebelalemannisch. Er ist von Dr. Schmiedhammer
in Freiburg geschrieben als eine Antwort
auf eine etwas kategorisch gehaltene Aufforderung
eines Vereins aus der Lörracher Gegend,
der bei der „Alemannischen Heimatbühne" ein
Heimatspiel verlangt, das aber nur in hebelalemannisch
geschrieben sein dürfe, sonst würde
sich der Verein zu einem modernen Bühnenstück
entschließen. Dr. Schmiedhammer gibt dem energischen
Anforderer eine Antwort, die im großen
und ganzen richtig ist und nur eines fehlen
läßt: nämlich das Verständnis für dieses bedingungslose
Bestehen auf einem hebelalemannischen
Spiel. Ich sage mir nämlich, ohne daß
ich diesen Verein kenne: Gott sei Dank, daß da
einmal einer ein uralemannisches Stück haben
will und deswegen etwas unsanft auf den Tisch
haut. Denn wir Oberländer Alemannen sind doch
heute selbst in Freiburg rechte Stiefkinder geworden
. Das Alemannisch, das wir zum Beispiel
am Radio hören, verdient meist nicht mehr diese
Bezeichnung, sondern ist, wie sich mir gegenüber
das Studio Freiburg selbst ausdrückte:
„mittelbadisches Bahnhofsdeutsch!"
Denn, so argumentiert Radio Freiburg: wenn
er hebelalemannisch bringe, sei am nächsten
Tag der Schreibtisch bei ihm voll Beschwerden
aus der Lahrer Gegend: man habe die Übertragung
nicht verstanden. Sende man aber in
diesem Bahnhofsalemannisch, so seien offenbar
alle zufrieden, denn vom Markgräfler Land
reagiere niemand negativ auf solche Verwässe-
rung. So muß es also doch wohl an uns liegen,
wenn man unsere durch Hebel „klassisch" gewordene
Mundart vernachlässigt, weil wir uns
zu wenig für sie wehren. Schreiben wir also
getrost einmal nach Freiburg, wenn uns zu
wenig und zu entartet dünkt, was in Alemannisch
wiedergegeben wird, dann wird sich zweifellos
der Sender entsprechend umstellen. Denn
schließlich ist es wirklich nicht die Aufgabe vom
Studio Basel, das sich doch immer wieder und
in dankenswerter Weise darum bemüht, unsere
Markgräfler Mundart bei jeder möglichen Gelegenheit
zu Wort kommen zu lassen.
Man hat sich immer wieder gefragt, welche
Umstände am Rückgang der Mundart schuld
sind. Ministerialrat Asal hat bei der letzten Verteilung
der Preise für die besten alemannischen
Bühnenstücke in seiner Vorrede ein Zitat von
Adolf Sütterlin gebracht, wonach auch und
gerade den evang. Pfarrern dieser Vorwurf gemacht
wird. Diese Anschuldigung erscheint mir
aber doch im höchsten Grade ungerecht. Denn
schließlich möge doch nicht vergessen sein, daß
ja der große Künder der alemannischen Mundart
, Joh. Peter Hebel, selbst evang. Pfarrer war
und daß in der Reihe seiner Nachfolger immer
wieder evang. Pfarrer stehen wie etwa Hermann
Albrecht, Otto Raupp und viele andere. Oder
darf heute ein evang. Pfarrer, zu dessen Füßen
etwa 20 % Heimatvertriebene sitzen, so unbarmherzig
sein und nur in alemannischer Mundart
predigen? Man sieht heute auch mit Angst auf
diese Bevölkerungsmischung, die der Grund sei
zur Dialektentartung. Ich glaube, daß dies nur
von vorübergehender Bedeutung ist, denn wenigstens
auf den Dörfern reden die Kinder der
Heimatvertriebenen bereits wieder alemannisch,
und es ist mir auffällig, daß die Schulleiter bei
der Nennung der Schülerpreisträger oft vermerken
können: Flüchtlingskind!
Scheuen wir uns also auch nicht, vor Nicht-
alemannen unseren Dialekt zu sprechen; sie
hören ihn lieber als wir vielleicht annehmen,
und verstehen ihn besser, als wir glauben. Das
ist mir auffällig geworden in einem Schullandheim
bei Kandern, wohin ich an zwei Nachmittagen
zu Klassen aus dem Kornwestheimer Gymnasium
gebeten wurde zum Vortrag von Hebelgedichten
. Diese schwäbischen Burschen und
Mädchen konnten gar nicht genug von diesem
Hebelalemannisch hören, und sie versicherten
mir, sie hätten es verstanden, obwohl ich gar
keine Einzelerklärungen zu den Ausdrücken gab.
Also schwätze mer, wie-n-üs der Schnabel
gwachsen isch un schüüche mer's nit, au für
üüser lieb Alemannisch iizstoh!
£>k tlGeteenblüte
Nie muß sich einer über fremdes Unglück
freuen, weil es ihm Nutzen bringt, sonst kommt
die Zeit, es freuen sich andere wieder.
In einigen Gegenden hat man das Sprichwort,
wenn man sagen will, daß man einen Gewinn
oder Vorteil zu hoffen habe — sagt man: „Mein
Weizen blüht". Als daher der Chirurgus und
ein Zimmermann in der Nacht miteinander auf
der Straße gingen und in einiger Entfernung
ein bekanntes Dörflein brannte, deutete der
Zimmermann hinüber und sagte zu dem Chirurgus
: „Herr Gevatter, mein Weizen blüht". Nämlich
, weil es neue Häuser aufzubauen gibt, wenn
die alten verbrennen. Weil er aber auf den Brand
und nicht auf den Weg sah, fiel er im nämlichen
Augenblick in einen Graben und brach einen
Arm entzwei. Da sagte zu ihm der Chirurgus:
„Gevatter, es kommt mir vor, mein Weizen
sei zeitig". — Der geneigte Leser versteht's.
Johann Peter Hebel
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