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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1958-08/0014
Bern (Offiziell), Pruntrut, 17. Jan. Heute wieder
Kampf auf der ganzen Linie.

(Redigiert unter Verantwortlichkeit von Aug.
Schmidt.)

Am 29. Januar 1871 meldet ein Telegramm
die Kapitulation von Paris und kündet einen
Waffenstillstand bis 19. Februar an.

Am 27. Februar übermittelt das Innenministerium
das Telegramm Kaiser Wilhelms I. an
die Kaiserin: „Versailles, den 26. Februar, an
die Kaiserin und Königin in Berlin. Mit tief
bewegtem Herzen, mit Dankbarkeit gegen Gottes
Gnade zeige ich Dir an, daß soeben die
Friedenspräluminarien unterzeichnet sind. Nun
ist noch die Einwilligung der Nationalversammlung
in Bordeaux abzuwarten. Wilhelm". Das
letzte Telegramm gibt die Abtretung des Elsaß
und großer Teile Lothringens, sowie die Auferlegung
einer Kriegsentschädigung von fünf
Milliarden Franken bekannt.

Am 18. März kam die bad. Festungsartillerie
bei Neuenburg über den Rhein und wurde festlich
empfangen, wie Sievert in seiner Müllhei-
mer Chronik berichtet.

Die Friedensfeier und die Rückkehr der Truppen
stand nun bevor. In den Kreisstädten sollten
allgemeine Illuminationen stattfinden, wobei
auch „für geeignete Beleuchtung der Kanzleiräume
" zu sorgen war. Die Kostenrechnung hierfür
durfte dem Ministerium vorgelegt werden.
Die allgemeine Friedensfeier in Verbindung mit
einem Dankgottesdienst und einem Trauergottesdienst
für die Gefallenen war erst für die Zeit
nach Ostern vorgesehen.

Es blieb noch die Aufgabe, die Kriegsgeschäfte
wieder in die normalen Bahnen zurückzuführen.
Die für die Sicherheitswachen ausgeliehenen
Gewehre mußten gereinigt und vollzählig wieder
abgegeben werden. Bei der Neuenburger
Fähre lagerte das Holz der Kriegsbrücke, welche
die Pioniere über den Rhein geschlagen hatten.
Die Bewachung trug den Bürgern manchen
Groschen ein; der Staat ordnete die baldigste
Versteigerung der Brückenhölzer an. Der Oberamtmann
schlug die Auszeichnung des Amtsrichters
Kohlunt vor, der die Organisation der
Sicherheitswachen durchgeführt hatte, selbst an
der Spitze der Müllheimer bei Alarm an Ort
und Stelle eilte und dem Gegner die Lust zu
weiteren Einfällen gründlich genommen hatte.
Sachs schloß sein Schreiben mit dem Satz:

„Euer Exzellenz wollen nun geneigtest erwägen
, welcher Wert auf das Erzählte zu legen sei,
wollen mir aber auch die Bemerkung gestatten,
daß für den Amtsvorstand, der fast täglich —
wenigstens eine Zeit lang — die Besorgnis der
größtenteils überaus ängstlichen Bevölkerung zu
verscheuchen die Aufgabe gehabt hat, die Unterstützung
durch einen so mutig auftretenden Mitbeamten
nur höchst erwünscht hat sein können".

Ein Krieg, selbst wenn er in der Hochstimmung
des Sieges endet, führt eine schwere
Fracht von Tränen, Leid und Not mit sich. Für
das Markgräfler Oberland brachte er zwei Höhepunkte
: der eine war der Einfall bei Bellingen;
im Gesamtgeschehen des Krieges völlig belanglos
. Der andere war eine Tat der Liebe, umso
bedeutsamer, als sie geschah, während die Waffen
noch sprachen und umso reiner, als sie dem
Feinde galt. In dem amtlichen Verkündigungsblatt
stand unter dem Datum des 4. Febr. 1871
folgende Anzeige: „Der Delegierte des Central-
comitees des badischen Frauenvereins, Professor
Dr. Stengel zu Karlsruhe, ist hier angekommen,
um im Auftrag des genannten Vereins in Gemeinschaft
mit dem hiesigen Männerhilfs-Verein
einen Transport von Lebensmittel nach Mont-
beliard zu organisieren, um der dortigen unbeschreiblichen
Not der Zivilbevölkerung steuern
zu helfen. Herr Stengel wird heute nachmittag
4V2 Uhr im Rathaus uns seine Mitteilungen
machen, und laden wir alle Bezirksangehörigen,
insbesondere auch die Mitglieder des Frauenvereins
, hierzu ergebenst ein. Lörrach, den
4. Februar 1871. Gebhard, Bürgermeister. Roos.
Östreicher. Wenner".

Der gleiche Delegierte hat auch auf dem Rathaus
in Müllheim gesprochen. Dadurch wurde in
allen Gemeinden eine Sammlung ausgelöst, die
schließlich den Veranstaltern über den Kopf zu
wachsen drohte. Es gab keine Gemeinde, die sich
ausgeschlossen hätte. Es wurden so große Mengen
an Mehl, Brot, Hülsenfrüchten, Reis, Dürrobst
, Öl, Wurst und Speck gegeben, daß es
Schwierigkeiten bereitete, Fuhrwerke und Pferde
für den Transport aufzutreiben. Der Hilfsverein
von Freiburg überwies an Müllheim 400 fl. als
Beitrag zu den Transportkosten. Als die zehn
zweispännigen Fuhrwerke mit den Gaben des
Zentralkomitees des Badischen Frauenvereins
unter Leitung von Professor Dr. Stengel aus
Karlsruhe bei Neuenburg den Rhein passierten,
schlössen sich ihnen 38 Wagen aus dem Amtsbezirk
Müllheim an. Eine Unsumme von Beschwernissen
war mit dieser Fahrt verbunden.
Ein dickes Aktenbündel ist mit den Sammellisten
, Berichten und Abrechnungen gefüllt. Am
4. Februar war der Aufruf erfolgt und am 11.
Februar traf die Hilfskolonne in Montbeliard ein.

Hätte man das Kapitel dieses Krieges besser
schließen können?

Emil Baader:

jök TTactjtfec?e blüttf

Verstummt ist längst die Nachtigall, verblüht
hat der Holunder. Aber die Natur überrascht
den Menschen immer wieder mit neuen Wundern
. Ein Heimatfreund machte uns darauf aufmerksam
, daß draußen am Bahndamm zwischen
Gaswerk und Eisenbahnbrücke allabendlich an
die hundert Nachtkerzen erblühen, eine aus
Nordamerika eingewanderte Pflanze, die Schuttplätze
, Sandfelder und öde Stellen anderen
Plätzen vorzieht.

Wer tagsüber seine Schritte in das Gebiet des
Schuttplatzes am Gaswerk wendet, kann dort
manche „Schuttplatzpflanzen" beobachten, den

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