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same Rolle in den deutsch-französischen Beziehungen
während der Zeit zwischen den beiden
Kriegen gespielt hat, und siedelte dann nach
Paris über, wo sie in unmittelbarer Nähe des
Hauses wohnte, das ehedem Cosima Wagner
innegehabt hat. 1936 erhielt sie die französische
Staatsbürgerschaft. Im Juni 1940 floh sie zunächst
nach Vichy zu einer Freundin; auf Grund
einer Intervention Carl J. Burckhardts konnte sie
das besetzte Frankreich verlassen und sich in
die Schweiz begeben. Von dort flog sie nach
Madrid, wo sie mit genauer Not einer Nazifalle
entging, und alsdann über Portugal nach New-
york, wo sie Frau Anna Schickele und deren
Söhne wiedertraf. Bereits 1945, als eine der
ersten, kehrte sie nach Deutschland, nach Badenweiler
, zurück, das sie am 14. Oktober 1955 zur
Ehrenbürgerin ernannte. Seither wohnt sie abwechselnd
in Paris und in Badenweiler.
Rene Schickele hat den Krieg nicht überlebt.
Er verbrachte die ihm noch beschiedenen Jahre
in der Provence, mehrfach seinen Wohnort
wechselnd, und schrieb dort, als letzte Bücher in
deutscher Sprache, die Romane „Die Witwe
Bosca" und „Die Flaschenpost". Ein drittes dort
entstandenes Buch, „Die Heimkehr", schrieb er
Johannes Helm:
Landauf landab in allen deutschen Gauen gibt
es hervorstechende Punkte, die sich durch besondere
geschichtliche Erinnerungen oder eine ausgezeichnete
landschaftliche Lage dem Besucher
oder dem Suchenden als unauslöschliches Erlebnis
einprägen. Hier in Badenweiler finden wir
beides mehrmals in einer Geist und Herz
erquickenden Vereinigung. Eine der Stellen, die
uns Historie und Natur in inniger Verflechtung
erfahren lassen, ist die alte Burgruine inmitten
des Kurparkes. Nicht nur den sich in ritterliches
Treiben hineinträumenden Knaben oder das sich
in die Rolle des Burgfräuleins versetzende Mädchen
locken solch ein altes efeu- und sagenumsponnenes
Gemäuer an, sondern auch den reifen
Menschen zieht es merkwürdig unwiderstehlich
hinauf zur Höhe, von der aus er seine Blicke
hinausschweifen läßt in die Weite des Raumes,
wo er aber auch Muße und Abstand findet, um
seine Gedanken in die Vergangenheit zurückwandern
zu lassen.
Jahrhunderte eines bewegten Geschehens werden
lebendig, wenn wir in den Archiven den
Aufzeichnungen nachspüren, die das Werden,
Sein und Vergehen dieser Burg deutlich machen.
Aus der Ungewißheit des genauen Gründungsjahres
führt uns eine Schenkungsurkunde des
Herzogs Konrad von Zähringen, des Gründers
von Freiburg, an das Kloster St. Peter im
Schwarzwald heraus, mit der wir geschichtlich
festen Boden betreten. Man schreibt das Jahr
1122. Der Ort zu Füßen der Burg (beide damals
nur „Baden" benannt) wird bereits rund hundert
Jahre früher genannt, nämlich im Jahre 1028.
in der Sprache seiner Mutter und seiner Kindheit
; es wurde von Ferdinand Hardekopf ins
Deutsche übertragen. Am 31. Juni 1940 ist er zu
Vence gestorben. Sechzehn Jahre später, am
30. April 1956, an einem trüben, regnerischen,
winddurchwehten Spätnachmittag, wurden seine
irdischen Reste auf dem dörflichen Friedhof zu
Lipburg beigesetzt, den er geliebt hat.
Kurz vor der Rückkehr Anna Schickeies wurde
in Badenweiler, angeregt durch Emil Bizer, eine
„Gesellschaft der Freunde Rene Schickeies" gegründet
, die es als ihre Aufgabe betrachtet, das
Werk des Dichters zu bewahren und in seinem
Sinne zu wirken. Das Präsidium übernahm
Thomas Mann, und nach dessen Tode Wilhelm
Hausenstein. Die Tagung des PEN-Zentrums der
Bundesrepublik in Badenweiler im Mai 1956 fand
ihren Höhepunkt in einer Gedenkstunde für
Rene Schickele; Annette Kolb wohnte ihr bei.
Die Festrede, eine schöne, umfassende, aus Erkenntnis
des Wesentlichen und freundschaftlicher
Einfühlung geborene Würdigung des toten Dichters
, des Künders einer besseren, einer versöhnten
Welt, hielt Hermann Kesten.
(Die französische Fassung dieses Aufsatzes erschien
im Dezember 1957 in der Pariser Zeitschrift
„Allemagne d'aujourd'hui".)
Wenn sonst im allgemeinen die Gründung eines
Ortes sich der der Burg anschließt, so kann hier
in Badenweiler eine Ausnahme von dieser Regel
insofern vorliegen, als der Platz schon von den
Kelten und Römern besiedelt war, ehe eine
Befestigungsanlage errichtet wurde. Denn ob
eine keltische Fliehburg oder ein römischer
Wachtturm unseren Schloßberg in voralemannischer
Zeit gekrönt haben, läßt sich mit Sicherheit
nicht nachweisen.
In den auf die erste Erwähnung der Burg
folgenden Jahrzehnten wechseln die Besitzer sehr
oft. Zunächst sind es die von den Zähringer-
Herzögen eingesetzten Herren von Baden, die
wir später auf ihren Besitzungen in Liel finden,
wo sie erst im Jahre 1830 aussterben. In Badenweiler
müssen die Herren von Baden schon sehr
bald dem Weifen Heinrich weichen, dessen Gemahlin
dementia von Zähringen das Schloß in
Badenweiler als Mitgift erhält, als sie sich 1147
mit dem jungen machtstrebigen Herzog verehelicht
. Heinrich der Löwe wird wohl seine neue
Besitzung kaum mit eigenen Augen gesehen
haben. Sie war ihm zu abgelegen, so daß er sie
1157/58 gegen andere Güter an den Stauferkaiser
Friedrich vertauscht. Der aber nimmt sie gern,
denn sie bildet ihm einen Stützpunkt auf der
Verbindungslinie seiner Besitzungen im Neckarland
mit denen im Elsaß. Nach dem Erlöschen
der Staufermacht und dem Aussterben der Zäh-
ringerherzöge im Mannesstamm kommt der
Breisgau und damit auch Burg und Herrschaft
Badenweiler an die Grafen von Freiburg. Sie
teilen die Besitzungen in das Gebiet unterhalb
Das Ende des Schlosses von Badenweiler am 6. April 1678
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