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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1959-02/0013
Richard Nutzinger:

^anrütuerftan

Vor 150 Jahren erschien im „Rheinländischen
Hausfreund" von 1809 zum ersten Mal die einzigartig
köstliche und wohl auch bis heute noch
die verbreitetste Geschichte aus der Feder J. P.
Hebels: „Kannitverstan". Sie ist ja so voll Humor
und zugleich sinnreich, daß man sie immer
wieder einmal lesen muß und sie gerade in unserer
Zeit der heillosen Mißverständnisse nicht
ohne Erbauung beiseite legen wird.

Nun fliegt mir dieser Tage ein Brief aus Sigmaringen
auf den Tisch von einer Dame, deren
Großvater aus Lörrach dahin ausgewandert ist
und bis in sein hohes Alter besonders gern das
Nachtwächterlied von J. P. Hebel gesungen hat.
O ja, die Hebelfreunde sind auf der ganzen Welt
zu treffen, sogar im Schwäbischen. Diese Dame
sandte mir in diesem Brief eine Zeitungsnotiz
aus einem württembergischen Blättchen vom
Jahr 1940 zu, die besagt, daß dieser Tuttlinger
Handwerksbursche aus dem Kannitverstan nicht
etwa eine erfundene Gestalt von Hebel ist, sondern
daß er tatsächlich gelebt hat und Georg
Friedrich Hilzinger geheißen h at. Es existiert
noch ein Ölbild von ihm fast in Lebensgröße,
das ihn, den unternehmungslustigen Rotgerber,
zeigt in der Tracht seiner Zeit mit Fellmütze,
roter Weste mit vielen Silberknöpfen. Diesem
Bild ist ein origineller Lebenslauf aus seiner
Hand beigefügt, der folgendermaßen lautet:

„Ich, Georg Friedrich Hilzinger, Verbürgerter

K. Schäfer:

Den intimsten Aufschluß über den Familienvater
Gmelin gibt ein Bündel von 250 Rechnungen
aus der Zeit von 1816 bis 1830.

Da ist zuerst die Sorge um die Kinder. Eine
Tochter ist in Freiburg an den Gastwirt vom
„Zähringer Hof", Friedrich Rehfuß, verheiratet.
Es muß ein achtungsvolles Verhältnis zwischen
Schwiegervater und Schwiegersohn geherrscht
haben. Am 25. Juni 1817 schreibt Rehfuß einen
an und für sich unbedeutenden Brief an Gmelin.
Doch läßt gerade dieses Schreiben einen tiefen
Blick in das Familienleben der Gmelins zu:

„Schezbarer Vater! — Mit gegenwärtigem bezeuge
ich Ihnen meinen herzlichen Dank für die
mir durch Gustav übersendeten 324 fl. Schon
längst wünschen wir Sie auch wieder einmal bey
uns zu sehen und umsomehr, da wir mit unserem
Bau so ziemlich vorankamen, damit Sie solchen
auch in Augenschein nehmen können. Ich denke,
wenn die Witterung uns so günstig bleibt, in Zeit
sechs Wochen fertig zu seyn.

Die traurige Nachricht von unserem Selligen
Oncle hat uns auserordentlicher Schmerz verursacht
. Wir betrauern hauptsächlich Sie, lieber
Vater, daß Sie dieser unangenehme Schlag hat
wieder treffen müssen. Wodurch die alten Wunden
wieder aufs neue sind aufgerizt worden; es

und Rothgerber, zu Tuttlingen erblickte ich das
Licht der Welt den 30. Dezember 1722. War ich
alt 48 Jahr, auf der Profession bin ich geraist
durch Holland, Engelland, Brabant, Chur, Reuß
und Liefland, durch Polen, Preußen, Eisleben
und Litauen, durch Hinter- und Vorpommern,
durch alle Hansestadt, Ost - Friesland, Sachsen,
Franken, Schwaben, Pfalz, Elsaß, Breisgau und
Schweiz, auch hab ich mich gewagt und Raisen
auf dem Weltmeer getan, darauf entfernte Länder
besucht, wobei mich Gott in mancher Lebensgefahr
wunderbar gerettet, auch die Haare oft
gegen Berg gestanden, muß ich noch mit Angst
des Todes denken, und ist dieses meine Absicht,
meine Kinder und Kindeskinder zu warnen, daß
sich keins in meine Gefahr soll wagen".

Wahrlich, ein abenteuerlicher Mann, der aber
dann doch in seiner Heimatstadt ansässig wurde,
eine Rotgerberei übernahm, sich verehelichte und
es auf zehn Kinder brachte. Nachdem er einem
der Söhne die Rotgerberei übergeben hatte, wird
er Kastenknecht, das heißt er hatte die Steuern
und Zinsen in Naturalien einznehmen. Als ein
eben Sechzig jähriger ist er am 21. Januar 1783
in Tuttlingen gestorben, wo noch Nachkommen
von ihm leben. Dort hat er also nach seinem
arbeitsreichen und bewegten Leben, wenn auch
nicht so begütert wie jener Kannitverstan, doch
auch wie dieser sein enges Grab gefunden. Aber
durch die Erzählung Hebels lebt er heute noch
fort — und in mancherlei Gestalt.

(Schluß.)

muß auch leider alles unangenehme Sie treffen.
Suchen Sie sich so viel als möglich zu zerstreuen
und erfreuen Sie uns in bälte mit einem Besuch.
Dieses wird unendlich freuen Ihren redlichen
Sohn Friedrich Rehfuß.

Meine vielmalige Empfehlung an die liebe
Mutter und Geschwister.

Dem Bringer dies habe ich vier Arteschoten
(Artischocken) für Sie mitgegeben".

Eine andere Tochter, Mine, war verheiratet
mit dem Regiments-Quartiermeister Joh. Heinr.
Rupp in Rastatt. Die Hochzeit muß wohl im
Jahre 1816 stattgefunden haben. Denn mit einem
Brief vom September dieses Jahres übersendet
Rupp seinen Schwiegereltern ein Verzeichnis der
erhaltenen Ehesteuer. Sein Schreiben ist gewandter
als das seines Schwagers. Er schreibt:

„Theuerste Eltern! Schon früher würde ich
Ihnen das hiermit folgende Verzeichnis über die
Ehesteuer meiner lieben Mine geschickt haben,
wenn ich nicht gerne so lange zugewartet hätte,
bis unsere Better vollständig verfertigt gewesen
wären, welches nun geschehen ist. Unsere Haushaltung
ist nun recht niedlich, reinlich und bequem
eingerichtet. Wir logieren vis ä vis vom
Schloß in einem großen Hause, worinnen uns
gegen Bezahlung von 10 fl monatlich sechs große

Von btn ^Pfaccec^^öynafti'e (Gmelin

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