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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1959-03/0013
Dr. Robert Feger:

Jm HBtftlteeft mit Lfybel

(Schluß.)

Der Freiburger Dichter Ignaz Feiner

Feiner ist nun aber nicht nur Dialektdichter.
Schon lange vor den alemannischen Gedichten,
im Jahre 1787, hatte er bei Satron in Freiburg
einen stattlich aufgemachten Band herausgebracht
mit dem Titel: „Feiners Launen". Das
Buch enthielt auf 208 Seiten hochdeutsche Gedichte
und Lieder sowie in einem Anhang die
Noten zu sechzehn dieser Lieder in mehrstimmigem
Satz. Wie das mitgedruckte Verzeichnis der
„Pränumeranten" zeigt, hatte sich der Verfasser
einen ganz beachtlichen Abnehmerkreis zu
sichern gewußt, und keinesfalls nur in Freiburg,
sondern zum Beispiel auch in Bremen oder München
; nach Straßburg gingen 25 Exemplare, nach
Zürich 15 und nach Wien sogar 109. Mit Ausnahme
der bremischen Namen sind die Subskribenten
zum guten Teil Professoren oder adelige
höhere Beamte. Das Titelblatt ist sehr modisch:
Die Worte, in verschnörkelter Kanzleifraktur
zierlich hingeschrieben, umgeben eine Vignette:
Auf einem bekränzten Säulenstumpf liegt eine
brennende Fackel, deren Rauch den wolkigen
Hintergrund der ganzen Darstellung bildet. Vor
der Säule sind eine Schalmei und eine Flöte zu
sehen, samt einem aufgeschlagenen Notenbuch.
Dahinter sitzen zwei schnäbelnde Tauben. Embleme
der Liebe oder Freundschaft also, der
Musik und der dichterischen Muse, Zeugen der
gleichen Empfindsamkeit und Verspjeltheit wie
die Geschichte des Bandes selbst.

Die Formulierung der Gedichte ist oft gut
gelungen; verschiedenartige metrische Systeme
sind mit Geschick verwendet. Die Inhalte sind
dem Zeitgeschmack verpflichtet. Einige der Gedichte
sind so einem leichten Tändeln mit der
Liebe gewidmet, das gelegentlich kleine, liebenswürdige
Frivolitäten nicht scheut. Eines bemüht
sich, die Situation des verschmähten Liebhabers
deutlich zu machen:

Lisettchen ist ein loses Kind,

So los, wie wenig Mädchen sind —

Sie will mich nicht verstehen:
Ich eile täglich zu ihr hin,
Und wenn ich Hoch so freundlich bin,

So will sie's doch nicht sehen.

Dort, wo sie steht, da steh auch ich,
Und so sie sizzt, da sezz' ich mich,

Um sie nach Lust zu sehen:
Doch sie — sezzt sich bald da, bald dort,
Und strikkt und nähet ruhig fort —

Sie will mich nicht verstehen ...

Ein anderes Gedicht gibt sich gefühlvoll-musisch;
am Ende des Buches, im Notenanhang, ist ein
mehrstimmiger Satz dazu beigegeben. Es beginnt:

Nun kömmt mit ihrer Zaubermacht

Und ihren Phantasien,
Die Freundin der Musik, die Nacht,

Und zarter Poesien.

In vielen Gedichten wird über die Liebe philosophiert
, doch auch über anderes, so etwa sehr
häufig über die Natur. Und hier verbindet Feiner
mit seinen moralisierenden Absichten echte Naturliebe
, wie zum Beispiel in dem Gedicht:

Das Würmchen

Laß das Würmchen! Die Natur
Schufs zur Freude, so wie Dich:
Lebt es gleich Minuten nur;
O! so lebt's doch wonniglich.
Laß es kriechen! seiner Tage
Sind so wenig! und die Klage
Das Du sie vermindert hast
Mehrte Dir einst deine Last:

Denn das Würmchen lebt und stirbt auch gern in Ruh,
Wie Du!

Dem Zeitgeschmack zollt Feiner reichlichen Tribut
, wenn er einen schmachtenden Lobpreis des
Landlebens anstimmt und ihn gelegentlich mit
einer Art verbürgerlichter Schäferei verbindet,
wie in dem Gedicht:

Lob des Landlebens

Glükklich, wer voll sanftem Frieden
Nie von hohen Wünschen glüht,
Nie mit Seinem unzufrieden
Auf das Glükk des Nachbars sieht.

Wen die Heerde tränkt und kleidet,
Und das Feld vor Hunger schüzzt;
Dem sein Wald die Heerde weidet,
Und die kalte Stube hizzt...

In dieser Art geht es weiter. Aufschlußreich für
diese falsche Verniedlichung des Bauernlebens ist
auch die erste Strophe eines anderen Liedes dieser
Gattung (wie das vorangehende ist auch es
mit Noten versehen):

Das Landleben

Selig, der dem Stadtgetümmel
Und der stolzen Pracht entfloh!
Reiner ist im Feld der Himmel,
Und das Leben immer froh.
Jedes Säuseln schlanker Erlen
Jeder Thau von Wasserperlen
Predigt Gottes nahe Spur;
Läuter spricht hier die Natur.

Feiner beherrscht aber nicht nur den schäfern-
den und den moralisierenden Ton, sondern auch
— was ebenfalls in die Zeit gehört — die Form
der knappen, bissigen Invektive; natürlich wird
der Gemeinte jeweils mit einem Decknamen angesprochen
. Zum Beispiel:

Der große Herr

Hunderttausend baare Gulden

Hat Arist, der Domherr, — Schulden.

Oder:

Kleon schrieb. Sein Doppelsinn
Wollte nicht gefallen.
Kleon wirft die Feder hin —
Nun gefällt er allen.

Nicht ganz ein Jahrzehnt nach diesem Bande, im
Jahre 1796, gab Feiner ein zweites Bändchen
heraus, „Gedichte" betitelt. Die wieder vorangestellte
Pränumerantenliste ist kleiner geworden,
weist aber für Freiburg mehr Honoratiorennamen
nach; auch Basel, Krozingen und Neuenburg
sind vertreten und vor allem Luzern. Das
Buch ist einfacher in Satz und Aufmachung als
die „Launen". Es bezeichnet sich als „gedruckt
bey Ignaz Feiner". Soll man erstaunt sein, den
schreibfreudigen Professor nun auch noch im
Besitz einer Druckerei anzutreffen? Indessen hat

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