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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1959-03/0014
er sie sich nicht selbst eingerichtet oder gekauft.
Ignaz Feiner war vielmehr der Sohn eines rührigen
Druckers und Verlegers Johann Georg Feiner
zu Freiburg. Nach dem Tod des Vaters wurde der
Drucker Satron sein Stiefvater. Satron verstand
sein Geschäft; zu seinen Autoren zählten Joseph
von Riegger, Professor Petzek, der Bibliothekar
Kaspar Ruef und der Dichter Jakobi. Im Jahre
1793 übernahm Ignaz Feiner die Druckerei und
führte sie einige Jahre. Der Philanthrop Heinrich
Sautier wurde nach Beilegung einer heftigen
theologisch - literarischen Fehde mit Feiner sein
bedeutendster Autor. Feiner konnte unter diesen
Umständen aber auch selbst seine zahlreichen
Schriften leichter herausbringen, desgleichen
seine häufigen Gelegenheitsgedichte auf einzelnen
Blättern zu Ereignissen im österreichischen
Kaiserhaus oder später in der großherzoglichen
Familie, im Umkreis seiner Freiburger Gönner
oder zu sonstigen festlichen Anlässen.

Die Themen des Gedichtbandes von 1796 sind
nur noch zum Teil die gleichen wie in den
„Launen", und auch wo sie es sind, zeigen sie
sich ernster angefaßt. Die Natur wird jetzt nicht
mehr vorwiegend schwärmerisch - empfindsam
angegangen und aufgefaßt, ihre Schilderung verquickt
sich nun häufiger mit lehrhaften religiösen
Gedanken. So in dem Gedicht:

An einem schönen Abend

Lieblich bricht aus blauen Lüften
Gottes schöner Abend ein;
röthlich malet er die Triften,
und den nahen Buchenhain:
breitet langsam seinen Schleyer
über ferne Stadtgemäuer;
ruft dem müden Pflüger Ruh,
Labung und Erquickung zu.

Freudig fühl' ich in dem Wehen
deines Windes über mir
leise dich vorüber gehen,
Gütiger; und danke dir:
danke, daß du so gelinde
in dem sanften Abendwinde
kühlest; gut im Abend bist,
wie im Sturm, der Bäume frißt.

Vater! Du bist's, dessen Güte
dieses Veilchen aus dem Schoos
deiner Erde rief, die Blühte
mit dem Balsamduft begoß:
Deine Liebe mischt die Leiden
mit Genuß der schönsten Freuden:
jeder Wurm, so klein er ist,
zeuget, daß du Vater bist...

Das Landleben wird etwas nüchterner gesehen,
unbeschadet gelegentlicher Rückfälle in die
Schäferpoesie. Im ganzen wird sehr viel moralisiert
, und hier liegt die Stärke Feiners. Zu den
besseren Stücken dieser Gattung gehört:

Meine Moral

Da wo man den Bruder um Ehre beneidet,
mit beißender Zunge sie böslich beschneidet:

da flieh' ich vorbey:
nur wo der gesellige Biedermann wohnet,
nur wo man der Schwachheit des Bruders verschonet;

da bin ich dabey.

Da wo man die Worte mit Honig bestreichet,
wo keine Geberde dem Inneren gleichet;

da flieh' ich vorbey:
nur wo man die Hände sich brüderlich drücket,
und offen in Augen und Seele sich blicket;

da bin ich dabey ...

So die beiden ersten Strophen. Ein anderes Gedicht
preist das genügsame Leben; jede Strophe
beginnt mit den Worten:

Wer ist der wahre Weise? ...

Ein anderes ruft zum Gleichmut auf. Zu den
Auswüchsen des Moralisierens, das an sich dem
geistlichen Professor wohl anstand, zählen die
tadelnden und spottenden Invektiven; sie sind
knapp formuliert und von treffender Schärfe:

Der fromme Kurt

Die linke Hand, spricht Kurt, der fromme Mann,
erfuhr, was meine Rechte giebt, noch nie.
Das glaub' ich wohl, sagt Jost, der arme Mann,
und weint — bey meinen Bitten schließt er sie.

Der schlaflose Kranke
Die Ode,

worinn Herr Bode
dem Gott des Schlafes rief,
ist mehr als Apotheken werth:
ich habe sie kaum halb gehört;
da ward ich matt, und schlief.

Eine weitere Gruppe der Sammlung von 1796 ist
dem Thema Frau gewidmet, — aber dies nicht
mehr in der unverbindlich spielenden, modisch
flirtenden früheren Art, die an die Libretti zeitgenössischer
Opern erinnert, sondern eher mit
naher Ernsthaftigkeit vom Standpunkt des Mannes
aus die weibliche Psyche nach ihren guten
und schlechten Seiten hin ausleuchtend oder die
Frauen und Mädchen zu Zucht und Sitte mahnend
. Der Ton ist dabei oft recht aggressiv wie in

Frau e nt a d el,

ein Gegenstück zu Stolbergs Frauenlob

Traun', der Mann ist Scheltens werth,
welcher sich ein Weib begehrt!
Auch die beste, die er nimmt,
hat zum Sklaven ihn bestimmt.

Seines Elends Maaß wird groß,
und seine Leiden gränzenlos:
jeder Kummer faßt den Mann,
der ein Weib hat, grimmig an.

Gleich des Winters ödem Blick,
führt sie Gram und Harm zurück;
schreckt des Mannes Leiden auf;
streut mit Dornen seinen Lauf.

Wenn sein Herz ihm ruhig ist,
auf Minuten sich vergißt;
wenn er in sein Joch sich fügt,
und sich mühsam heiter lügt;

O! dann stößt sie ihn mit Schmach
aus dem goldnen Traume wach:...

Und so noch manche Strophe fort. Ganz ähnlich
wird auch ein Gedicht Bürgers ins Negativ-
Tadelnde umgesetzt. Es beginnt mit den Worten:
„Wie selig, wer kein Liebchen hat..." Daneben
verherrlicht Feiner die Liebe mit Strophen wie
diesen:

Traurig schleichen unsre Tage;
zählen stündlich neue Plage;

kreisen langsam öd dahin:
nun kömmt Liebe; bringet Leben,
neuen Muth, und neues Streben;

jagt den Gram; schafft Kindersinn.

Wie den Wanderer die Quelle,
wie der Thau die Blüthenvölle

labet; so erquickt die Brust
Liebe mit den reinsten Freuden;
und belohnt die schwersten Leiden

mit Entzücken und mit Lust...

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