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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1959-03/0015
Bleibt dies Lob der Liebe im Bereich des Gegenstandslosen
? Nicht von Liebe gerade, aber doch
von Freundschaft in lebendiger Wirklichkeit
spricht Feiner in seiner „Epistel an drey Freundinnen
". Diese Damen Lina, Minna und Lukrezia
kann man sich als Wesen von Fleisch und Blut
vorstellen. Ebenso die Mädchen, an die Feiner
sich in Gedichten gelegentlich wendet; sie heißen
auch nicht mehr nach klassischen Schäferinnen
Chloe oder Dorinde wie 1787, sondern haben bürgerliche
Namen und werden väterlich-belehrend
angesprochen. So in

Mädchenmöral

Mädchen! willst Du zart und fein,
lieblich anzusehen seyn;
so entferne Schminkpomaden,
Schönheitswasser: beyde schaden
dem Gesicht,
und verschönern nicht.

Mädchen! willst Du nett und fein,
soll Dein Wuchs natürlich seyn;
so vergiß den Modetrachten
fremder Puppen nachzuschmachten:
kleide Dich
rein und ordentlich ...

Zu hartem Tadel wird diese Mahnung, wenn sie
sich an Frauen und Ehefrauen wendet, wie in
dem Gedicht „Die Dame", das gegen aufwendigen
Kleiderputz und leichtfertige Lebensführung
mancher Frauen wettert. Es gab allerdings Freiburger
Zeitgenossen des Tugendpredigers Feiner,
die es für besser erachtet hätten, wenn Feiner
dergleichen Mahnungen an si ch selbst gerichtet
hätte. Seine Feinde — und er mag deren ebenso
viele wie Freunde gehabt haben — hatten ihm
vor Jahren schon angekreidet, daß er gern gut
gekleidet ging und daß zum Kreise seiner
Freunde auch Damen gehörten.

Heinrich Sautier griff in seiner gehässigen
Polemik gegen Feiners „Freiburger Stadt- und
Landpredigerkritik", die in den achtziger Jahren
erschienen war, Feiner wegen seines Lebenswandels
an; er schlägt nämlich vor, man solle
zur Prüfung eines Predigers auch dessen Charakter
unter folgenden Punkten beleuchten: „Gibt
der Prediger kein Ärgernis durch zu häufige
Besuche und Beschenkungen der Frauenzimmer?
Trägt er sich in der Kleidung eitel, modesüchtig
und bunt? Geht er zu den täglichen Spieltischen?
Besucht er die nächtlichen Bälle mit und ohne
Maske? Häufet er ohne Not Schulden auf Schulden
? Sieht man ihn persönlich in den Schauspielhäusern
?"

Diese Fragen sind nichts anderes als Vorwürfe
gegen Feiner und zeigen, was man an ihm
tadelte. — An einer anderen Stelle läßt Sautier
sich zwei Freiburger Kirchenmäuse im Münster
darüber unterhalten, daß Feiner zuviel Pomade
verwende.

Es wird wohl nicht so schlimm gewesen sein,
wie Sautier im Eifer der Polemik getan hatte.
Möglicherweise hatte er selber keinen Begriff
von Gepflegtheit? Feiner hatte ihm in einer
Gegenschrift jedenfalls — nicht minder häßlich
freilich — vorwerfen können, Sautier sei unreinlich
.

Nun, das lag alles Jahre zurück. Auch einem

Tausendsassa wie Feiner mußte man wohl einräumen
, daß er sich mit den Jahren ändern
durfte und gesetzter werden würde.

Der Gedichtband von 1796 zeigt nun aber
noch einen anderen, ganz neuen Ton: den der
nationalen Begeisterung. Mehrere Gedichte nehmen
Stellung gegen die französische Revolution
und ihre Thesen und Greuel und rufen mit fast
noch barockem Wortpomp gegen die Franzosen
zum Krieg auf. Zur Probe ein paar Strophen:

Schlachtgesang

Auf, Brüder, zur Fahne!
betretet die Bahne

des Krieges mit Macht!
Sieg winket dem Heide
im blutigen Felde

der donnernden Schlacht!

Es schmettern Trompeten;
es klingen die Flöten;

es beißen den Zaum
die Pferde, und stampfen
den Boden, und dampfen

von Feuer und Schaum ...

Eine spätere Strophe meint die Franzosen, die Franken:

Ha! schonet nicht, Brüder,
und stoßet sie nieder;

sie trügen euch nur,
sind Mörder und Diebe,
und schwören euch Liebe,

und brechen den Schwur.

Es ist nichts davon bekannt geworden, daß Feiner
seine patriotische Begeisterung seinen Kriegsliedern
entsprechend auch hätte zur Tat werden
lassen. Die Kriegslieder waren ihm Gelegenheitsgedichte
, wie sie ihm auch sonst reichlich aus der
Feder flössen. Interessant ist, daß Feiners entflammter
Nationalstolz sich mit seiner Neigung
verband, weibliche Wesen zur Tugend zu mahnen
, — so in dem Gedicht:

Vaterlandslied

Ein deutsches Mädchen bin ich ja,
mit deutschem Sinn und Muth;
in meinem biedern Herzen da
läuft edles, stolzes Blut.

Mein Aug' ist blau, und sanft mein Blick,
doch funkelt es und brennt,
und fährt mit Grimm vor dem zurück,
der's Vaterland mißkennt...

Das war, im Jahre 1796! Jedoch — soll man den
Vorderösterreicher Feiner wegen solcher nationaler
und kriegerischer Begeisterung schelten?
Soll man ihm überhaupt sein Moralisieren ankreiden
? Sein Naturschwärmen? Seine Schäferei?
— Nichts wäre müßiger und ungerechtfertigter
als das. Ignaz Adam Anton Feiner war wie jeder
Mensch und jeder Dichter ein Kind seiner Zeit
und den Anschauungen und Lebensformen dieser
Zeit verhaftet. Er war es umsomehr, als er ein
impulsiver Mensch und kein großer Dichter war.
Doch wie er selbst in einem schmalen Bändchen
mit dem Titel „Fragmente eines Glossariums",
das er 1808 herausgab, unter dem Stichwort
„Dichter" sagte:

Einen elenden Dichter tadelt man gar nicht; gegen
einen großen ist man unerbittlich; mit einem mittelmäßigen
verfährt man gelinde.

Verfahren wir also gelinde mit ihm. Denn auch
in seinem geringen Maß ist er als Zeuge jener

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