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Karl Willy Straub.
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Paul Sattele zum 75. Geburtstag am 30. Januar 1959
Neben dem in diesen Tagen achtzig Jahre alt
gewordenen Hermann Burte in Maulburg im
Wiesental ist es wohl der am Bodensee lebende,
aber väterlicherseits durch Generationen mit der
Gemeinde Istein verbundene, ehemalige Konstanzer
Gymnasialprofessor Paul Sättele, der dem
„Chlotzen" und der Landschaft am Oberrhein die
ergreifendsten heimatlichen Verse gewidmet hat.
Im Jahre 1925 sind diese in alemannischer
Mundart geschriebenen und von Erwin Krumm
mit charakteristischen Holzschnitten versehenen
Gedichte unter dem Titel „Markgräfler Drüübel"
erschienen.
Diesem Sänger der Markgrafschaft hat die
Mutter, eine „Seehäsin", eine ebenso starke Leidenschaft
für den Zauber des Bodensees ins Blut
gemischt, und so erleben wir das Schauspiel des
geistigen Wanderers zwischen zwei Landschaften.
Ruft ihn das Blut des Vaters in die Gewanne des
Isteiner Klotzes, dann sehnt er sich nach den im
silberblauen Dunst verschwimmenden Ufern des
Sees, und träumt er im Boot zwischen wisperndem
Schilf und wedelnden Algen, dann locken
ihn die Dohlen, die krächzend die Kalkwand des
Klotzen umflattern.
Dieser zwischen den Landschaften schwingenden
und von ihrem Geheimnis gespeisten Seele
entspringt das Werk Paul Sätteles. Und während
ihn die alemannischen Gedichte in nächste Nähe
Hermann Burtes rücken, erinnern seine Bilder
vom Untersee „In Schilf und Ried" an den größten
Meister sublimer Naturstimmungen — an
Hermann Löns. Fürwahr, erhabene Paten für
einen Dichter!
Neben diesen aus dem Reichtum der Landschaften
geschöpften Stoffen, ist es aber auch die
Historie, die Paul Sättele zur Gestaltung verlockt.
Mit dem Schauspiel „Salomo, der Bischof von
Konstanz" hat er die heimatliche Bühne bereichert
und mit der Erzählung „Ein deutscher Kon-
quistator" ist es ihm gelungen, dem Zeitalter der
Welser und Fugger Blut und Leben einzuhauchen
und das Kaufmannsgeschlecht der Ehinger am
Bodensee der Vergessenheit zu entreißen.
Daß ein solcher, der Heimat verbundener
Dichter in der „Silberdistelreihe" des Verlages
Moritz Schauenburg nicht fehlen durfte, war vorauszusehen
. Und so erschien — von Ludwig
Finckh mit einem feinfühligen Nachwort versehen
— das gehaltreiche, die Gaben Sätteles von
neuem bestätigende Bändchen „Bodensee-Novellen
", dem eine Reihe hochdeutscher Gedichte
angehängt ist. Damit hat das in großen Konturen
umrissene geistige Bild Paul Sätteles vorläufig
seinen abschließenden Rahmen erhalten. Vor uns
aber steht in ungebrochener Frische ein Mensch,
der es als Wanderer, Bergsteiger, Jäger, Fischer,
Segler, Skiläufer und Tierfreund verstanden hat,
all diese Kräfte in der Dichtung harmonisch
zu einem Ganzen zu verschmelzen und in ein
Höheres zu erheben.
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So darf ich ihn wohl nennen: Meinen Freund
Wolfsberger, auch wenn wir uns nicht gedutzt
haben, auch wenn wir politisch aus entgegengesetzten
Lagern kamen und auch wenn die Zeit
unseres Zusammenarbeitens manche Auseinandersetzung
mit sich brachte, aber wir haben uns
nie auseinander - gesetzt, sondern immer das Gemeinsame
und Verbindende gesehen und hochgehalten
. Und dies Verbindende war für uns
Hebel, und das hieß: gemeinsamer Einsatz in
seinem Geist für unser Markgräflerland. Ich erinnere
mich noch wohl der ersten Begegnungen,
als unser Fritz Wolfsberger nach dem Zusammenbruch
aus Basel ausgewiesen, wieder nach Müllheim
zurückgekehrt war. Ein Himmel war über
ihm eingestürzt, und er hatte auch allen Glauben
an Gott und die Menschen verloren. Aber
da war Einer, der ihn auffing: J. P. Hebel, und
wir sollten es nicht so leicht vergessen, wieviele
innerlich zusammengebrochene Menschen sich an
ihm wieder aufzurichten vermochten und durch
ihn wieder zurechtfanden. Und Fritz Wolfsberger
war im Grunde eine ebenso lautere Seele wie
Hebel. Es war daher kein Wunder, daß er auch
zur Feder griff und manch schönes Gedichtlein
im Sinne Hebels schuf, und daß er auch bald
nach einem Sprachrohr suchte, das die Markgräfler
in diesem wieder neuerwachten Geist ansprach
, es war die „Markgrafschaft". Wie manche
Stunde sind wir in gemeinsamer Beratung zusammengesessen
mit Herrn Börsig und Herrn
Professor Holler, es waren immer verantwortungsbewußte
Stunden der Besinnung. Und an
wie manche Veranstaltung denke ich in der Müll-
heimer Festhalle, zu denen mich Freund Wolfsberger
gebeten hatte, und immer hatten diese
Hebelfeiern eine gute Note und einen freundlichen
Ton. Ich denke noch an die letzte Hebelfeier
dort, wo er mir vor dem versammelten
Volk sagte, er bitte mich, doch im nächsten Jahr
wiederzukommen. Und jetzt ist er, der liebwerte
Müllemer Hebelvogt, vorher von uns abgerufen
worden, und wir können ihm nur nochmals danken
für alles, was er uns sein durfte, und ihn
übers Grab hinaus grüßen in eine bessere Welt
hin, ins Ehnedraa, von dem er soviel geschrieben
hat. Aber das wollen wir auch von Herzen tun in
einem treuen und liebevollen Gedenken.
c-^
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