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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1959-05/0015
tum, der früher wohl sicher uneingeschränkt
genutzt werden konnte, mußte sparsam verwaltet
werden. „Die ehedeßen auf dem Schwartzwald
befindliche Waldungen (sind) durch Eisen- und
Glaßhütten, Vermehrung der Höff und Multiplikation
der Leuth theilß ausgerottet und durch
die vorige langwährige Kriege. . . theilß verderbt
und umbgehauen worden". Gelegentlich werden
auch die Waldbesitzer der Herrschaft Badenweiler
angewiesen, ihr Holz nicht „ins Ausland nach
Neuenburg und Steinenstadt" zu verkaufen!

Nun aber zurück zu den Sägen selbst, die das
so kostbare Bauholz zu verarbeiten bzw. für den
Hausbau vorzubereiten hatten. „Klopfsägen'1
wurden sie oben bereits genannt. Diese Bezeichnung
verdanken sie dem starken Geräusch, das
mit ihrem Betrieb verbunden war. Das Herzstück
der Anlage war das Wasserrad, mit der
aus dem Radhaus heraus in das Untergeschoß
des langgestreckten Sägebaues hineinragenden
Welle, die im Volksmund „Wendelbaum" genannt
wird. An dieser verlängerten Achse des
Wasserrades sind meist zwei, zuweilen auch drei
„Lupfarme" oder „Schlegel" angebracht, die
ursprünglich als starre Nocken, später als drehbare
Walzen in gabelförmigen Lagern ausgebildet
sind. Sie heben das im Gatter eingespannte
Sägeblatt hoch, so daß — je nach Zahl der Lupfarme
— mit jeder Umdrehung des Wasserrades
zwei oder drei Hübe erzielt werden. Nun scheint
aber das Gatter allein durch den Fall nach unten,
der ja nach dem Abgleiten vom Lupfarm eintreten
muß, nicht kräftig genug bewegt zu werden,
um einen nutzbaren Sägeeffekt zu erreichen.
Deshalb sind im Dachstuhl des Sägegebäudes
zwei etwa acht Meter lange Fichten eingebaut
, die mit ihren freien federnden Enden, die
beim Hub vom Gatter etwas nach oben gedrückt
werden, das Gatter zusätzlich zur Fallbewegung
noch nach unten schleudern. Die dabei erzeugte
Wucht besorgt das Schneiden des „auf Stoß"
gearbeiteten Sägeblattes. Im Untergeschoß fängt
eine weitere Fichte, die „Rute" genannt, das
Gatter auf, das nun wieder von einem Lupfarm
ergriffen und nach oben getrieben wird.

Diese sinnvolle Umwandlung der Drehbewegung
des Wasserrades in das. Auf und Ab des
Gatters ist ein glänzendes Zeugnis für die
Geistesschärfe der Menschen des 13. Jahrhunderts
, die sich in einem technisch noch unent-
wickelten Zeitalter die Wasserkräfte so berük-
kend einfach, nicht etwa primitiv, zunutze machten
. Ebenso großartig ist das zweite Problem des
Sägens gelöst, wie man nämlich den zu schneidenden
Stamm gegen das Gatter vorbewegen
könnte. Ein am Gatter befestigter rechtwinkliger
Hebel dreht sich in einem Gelenk, so daß der
kurze Arm die Schubstange auf das Gatter zu
bewegt. Diese Schubstange dreht das Kammrad,
in dessen Zahnkranz sie eingreift, jeweils um
ein kleines Stück weiter. Ihr freies Ende wird
über einen Seilzug durch ein Gewicht beständig
nach oben gezogen, damit die Schubstange fest
auf dem Kammrad aufliegt. Auf gleicher Welle
wie das Kammrad sitzt ein kleines Zahnrad, das
in die Zahnleiste des Schaltwagens greift, auf

dem der zu sägende Stamm liegt. Der Schaltwagen
gleitet auf zwei im Querschnitt dreieckigen
Holzführungen, den „Straßen". Eine
Bremsstange sichert den Schaltwagen gegen den
Rückstoß des Sägeblattes.

Mit dem Übergang vom „unterschlächtigen"
zum „oberschlächtigen" Wasserrad, .bei dem das
Wasser durch eine Holzrinne im Scheitelpunkt
des Rades von oben zugeführt wird und das damit
vom Wasserstand weniger abhängig ist als
das unterschlächtige Rad, das vom unter ihm
vorbeifließenden Wasser bewegt wird, kann ein
weiterer zweckmäßiger Mechanismus eingebaut
werden: Der Schaltwagen drückt in dem Augenblick
, in dem der Stamm in seiner ganzen Länge
geschnitten ist, einen in der Gatterführung, den
sog. Schoßsäulen, angebrachten Stift zurück, der
ein Gewicht freigibt, das über einen Draht eine
Klappe im Wasserzuführungskanal öffnet, so daß
das Wasser vor dem Rad abläuft und das Rad
stehen bleibt. Das hat den Vorteil, daß der Bauer
neben dem nur langsam vorangehenden Sägebetrieb
her auch anderer Beschäftigung nachgehen
kann, ohne viel Zeit zu verlieren. Sobald
das Klopfgeräusch aufhört, das kilometerweit zu
hören ist, kann er zur Säge gehen und den nächsten
Schnitt vorbereiten.

Wann die Sägen in Schweighof vom alten
Betrieb der „Klopfsägi" auf die modernen Kurbelwellengetriebe
umgestellt wurden, ist nur für
zwei Sägen feststellbar. Die obere Säge am Älten-
steinweg, von Gastwirt Eckert erbaut und heute
im Besitz von Julius Grether alt, wurde in den
60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts umgestellt
. Die untere Säge, die alte herrschafliche
Lehenssäge, bis 1958 durch A. Brugger betrieben,
wurde nach dem durch Kauf erfolgten Übergang
von Johannes Stabwasser an den Großvater des
jetzigen Inhabers in den Jahren 1888 / 89 auf die
neue Betriebsart umgestellt. Für die Pflüger-
Säge in der Mitte des Ortes konnte das Umbau-
jahr nicht festgestellt werden, während der der
Guggmühle angeschlossene Sägebetrieb im Jahre
1875 durch Friedrich Kiefer (heute Wilh. Trefzer)
wohl gleich als Vollgattersäge erbaut wurde.

Einem geschichtlich wie technisch gleichermaßen
interessanten Bild unseres Dorfes bzw.
eines für seine Entwicklung maßgeblichen Gewerbezweiges
wurde der Versuch zuteil, in seinem
Wandel aus der Vergangenheit heraus in
die Gegenwart verfolgt zu werden. Sorgen und
Nöte unserer Altvorderen, aber auch ihre Fähigkeit
, sich die Naturgegebenheiten nutzbar zu
machen, sollte gezeigt werden. Wohin der aufgezeigte
Weg weiter führt, liegt im Schöße der
Zukunft. Ist es eine Frage der Zeit, wie lange
sich diese Kleinbetriebe noch halten können?
Fast hat es den Anschein, als sei ein altes Gewerbe
zum Aussterben verurteilt. Zunächst aber
saust das Gatter noch auf und nieder; und so
lange bleibt unser Dorf, was es seit Jahrhunderten
ist: das Dorf der Sägen.

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