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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1959-07/0004
Dtowgott Weyer jum d^ädjtrus

Wir müssen schnell hintereinander von guten
Hebelfreunden und alemannischen Dichtern Abschied
nehmen. Nach unserem lieben Fritz Wolfs-
berger nun auch vom Baselbieter Dichter Traugott
Meyer. Noch vor fünf Wochen erzählte er
mir, er habe sich wegen seiner beabsichtigten
Pensionierung beim Schularzt vorstellen müssen;
er habe aber gleich bei seinem Eintreten gesagt:
„Da kommt ein gesunder Mann". Nach eingehender
Untersuchung habe er ihm bedeutet, er könne
ihm unmöglich eine Bescheinigung darüber ausstellen
, daß er etwa aus gesundheitlichen Rücksichten
in den Ruhestand treten müsse. Er hat
dann doch noch seine Zuruhesetzung erreicht,
auf die er sich so gefreut hatte, und ist seit drei
Wochen von seiner Kleinbasier Realschule verabschiedet
worden. Auch seinen Freunden von
der Hebelkommission ist die Todesnachricht ganz
überraschend gekommen, da sie etwa dreißig
Stunden vorher noch in seiner Anwesenheit
getagt und über das kommende Hebelmähli in
Hausen beraten hatten, bei dem Traugott Meyer
die Rede an die alten Mannen zu halten zugesagt
hatte.

Er war wirklich ein Hebelmann von echtem
Schrot und Korn durch mancherlei geistige Verwandtschaft
. „Wie-n-i zuem Hebel choo bi" heißt
das reizende Bändchen, das er herausgab, als er
als erster Schweizer nach dem Krieg auf Vorschlag
des Hebelbundes 1948 den Hebelpreis
verliehen bekam. Er hatte diesen Preis auch
verdient. Schon durch seine Treue zur Mundart,
nämlich zu seiner oberbaselbieter Mundart, die
ja der Markgräfler sehr viel ähnlicher ist als
der Baselstädtische Dialekt. Ich habe unseren
Traugott, auch in Vorträgen, nie anders reden
hören als in seiner „Muettersprooch". Daher
stammt wohl auch seine Liebe herüber zu uns
Hebelleuten und zur „Markgrafschaft", deren
treuer Leser er von allem Anfang an war.

Auch berufsmäßig stand er Hebel sehr nahe:
wie er war er Lehrer fast ausschließlich an
Knabenschulen. Wie großartig hat er seine
Buben verstanden, sie sind für ihn durchs
Feuer gegangen. Diese Kleinbasler Buben sind
schon eine besondere Gattung, wie er sie uns
manchmal aufs köstlichste schilderte. Bezeichnend
für ihn war, daß es nie in der Klasse
klappte, wenn Meyer etwa einmal urlaubshalber
abwesend war und einen Vertreter brauchte;
der hatte immer Schwierigkeiten, weil die
Buben ihren Herrn Meyer haben wollten. Er
hat auch ein Büchlein herausgegeben über seine
Erfahrungen als Schulmeister. Wir haben von
ihm im Ruhestand erwartet, daß er seine Erlebnisse
mit seinen Buben und soviel anderes uns
noch schenken würde.

Auch dies eine schwere Erlebnis hatte er mit
Hebel gemeinsam, daß er schon mit 13 Jahren
seine Mutter verlor. Auch ihm ist die Frühverblichene
wie dem Hanspeter nie verblichen,
sondern hat weithin seinen Lebensweg und sein
Werk bestimmt.

Der Schularzt hatte doch im Grunde Recht
gehabt — es war der in unserem badischen
Oberland wohlbekannte heimattreue Medizinalrat
Dr. Füßlin —, wenn er Traugott Meyer als
einen gesunden Mann bezeichnet hat: Wesen und
Werk an dieser Persönlichkeit waren so kerngesund
, so ursprünglich und naturgetreu. Bei
ihm gab es nichts Gekünsteltes und Kränkelndes,
alles war echt und heiter, eben von jener tiefen
, verhaltenen Heiterkeit eines Hebel, wie es
in einem Nachruf ausgesprochen wurde. Sein
Lachen war nie roh und laut, sondern sauber
und zart. Besonders diese Eigenart hat er mit
Hebel gemeinsam, daß er nicht geglaubt hat, die
mundartliche Sprache sei nur Dolmetscherin des
Spasses und der fröhlichen Laune, sondern er
hat wie Hebel sehr Ernstes und vor allem sehr
Frommes in ihr wiedergegeben. Man denke nur
an seine Psalmenübersetzung ins Baselbieterische
unter dem Titel „O Herr und Gott!" Er hieß
nicht umsonst Traugott und hat das G in seinem
Vornamen immer groß geschieben.

Zum ersten Mal ist er im Jahre 1926 in die
Öffentlichkeit getreten mit seiner Erzählungssammlung
„Us eusem Dörfli", der 1931 ein Bändchen
Geschichten folgte: „Der Huttechremer packt
us". Schließlich erzählt ein größerer Roman
„'s Tunälldorf" vom ergreifenden Schicksal einer
Dorfgemeinschaft. Aus seinen Erlebnissen in der
militärischen Dienstzeit, in der er es zum Offizier
gebracht hat, der bei Untergebenen und Vorgesetzten
wegen seiner menschenfreundlichen
Art gleich beliebt ist, plaudert er in „Chäppi
und Helm".

Kleiner an Zahl, aber nicht weniger wertvoll
sind seine lyrischen Werke, Sie umfassen die
drei Bändchen „Mueterguet", „Im Läben inn"
und „Stimmen und Stunde". Außer dem Hebelpreis
wurde ihm dafür schon 1939 eine Ehrengabe
der Schillerstiftung zuerkannt.

Sein letztes, großes Werk, ja sein größtes
überhaupt, ist der „Gänäral Sutter" (1953), das
wir damals auch in der „Markgrafschaft" besprochen
haben. Es ist die tragische Lebensgeschichte
jenes Abenteurers und Kalifornienfahrers, der
auch Vorfahren in Kandern hatte. Streng ist
durch das ganze Buch hindurch die Baselbieter
Mundart beibehalten.

Traugott Meyer war auch ein General in
seiner Art, nämlich auf dem Gebiet der Dialektdichtung
und hat auch am Studio Beromünster
als solcher gegolten. Er war immer bescheiden,
nie großsprecherisch und hat uns nicht in
Schlacht und Kampf geführt, sondern in die
Gefilde reiner Menschlichkeit und des Friedens,
der ihm nun in noch schönerem Maße zuteil
werden möge.

Darum habe ich dem lieben Traugott diesen
Lorbeer gewunden um seine bleiche Stirn, denn
er war mir einer der liebwertesten Menschen,
die mir Gott auf den Lebensweg geschickt hat.

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