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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1959-07/0012
Im fremden Land

s würd Obe in dem fremde Land,
weisch du, was das bedüttet?
Un niene isch e liebi Hand,
kei Obeglöckli lüttet.

Es druckt mi öbbis zentnerschwer
an dene riiche Tische,
un mueß no tue, as öb nüt war:
sich fiin in Gsprächer mische.

O hilf mer, daß es übere goht,
un daß is mag vertrage,
un daß mi Leitstern drüber stoht,
no will i gar nit chlage.

0 chönnt i doch e Augeblick
e weng ins Täli luege,

1 wott, i wott kei ander Glück,
's Herz sprang us alle Fuege!

I schick mi wäger weidli dri —
hanis denn selber welle?
Es würd denk nit uf ebig si,
i zell mi nit zue seile.

I will jo wieder heimwärts go
nit erst in graue Hoore.
Mi Heimet, chasch di druff verlo,
das hani vorher gschwore.

Un d'Nacht vergoht, i lueg eweng
in d'Heimet ob de Sterne. —
's isch liichter, nümme gar so eng,
nooch sin die wytschte Ferne.

Uff eimol ischs mer nümme schwer,
dur 's Nebelmeer druckt d'Sunne.
Jetz weiß i, hani numme mehr
un lieber d'Heimet gwunne.

England 1913/14 M.Marga Vogel

(als Kindergärtnerin) geb. 1892 in Schopfheim.

könne nie gelehrt: er müsse, da er auf Verpflichtung
und Verantwortung beruhe, durch das Beispiel
vermittelt werden. Nicht meine Stunde,
wie er geglaubt habe: die seine habe geschlagen.
Nächte kündeten!

Was wollte ich erwidern?

In der zweiten Nacht ritten wir abermals, und
das Unheimliche der ersten wiederholte sich.
Beim dritten Ritt aber band er den Hengst an
einen Baum und ging, ohne mir einen Auftrag
gegeben zu haben.

Wenn ich durstig sei, sagte er, fortschreitend,
solle ich aus der Quelle des Baches schöpfen und
trinken. Sie entspringe nicht weit fort, und ihr
Wasser schenke dem Auge Macht, Zusammenhänge
zu schauen, wer aber das könne, der sei
gerettet!

Er verschwand in der Kapelle. Als deren Tür
sich hinter ihm geschlossen hatte, erhellte ihr
Inneres sich.

Ich suchte die Quelle, dem Worte des Ergriffenen
hörig, trank und spürte tatsächlich eine
wunderbare Kraft, die Neugier jedoch als dreifach
wirkendes Feuer. Ich kletterte, von ihr
getrieben, auf eine der Steineichen neben der
Kapelle, um durch das Fenster sehen zu können.

Auf dem Altar brannten zwei Kerzen, eine lange
auf der mir zugewandten Seite, eine kurze
gegenüber. Dort kniete der Korse mit den roten
Zähnen und diente einem uralten, verklärten
Priester bei der Messe, wie katholische Völker
sie feiern. Da der Priester die Frohbotschaft
sprach, kamen von den vier Himmelswinden die
Schwärme der Vögel, schlugen mit den Flügeln
und pickten mit den Schnäbeln gegen die Scheiben
der Kapelle. Sie riefen immerfort: Ruck,
schuck, schuck! Niemand öffnete die Fenster. Der
Priester und der Korse taten, was der Ritus vorschrieb
. Sie sahen nicht rechts oder links. Als
die Messe gelesen war, schlug der Korse das
rotgeschnittene, ledergebundene Meßbuch mit
dem goldenen Schlosse zu und löschte die lange
Kerze. Den Stumpf ließ er brennen. Im nächsten
Augenblick war der Priester verschwunden. Ich
machte mich aus dem Baume und stand bei dem
Hengst, wie der Rotbezahnte, nun nicht mehr
als Gebietiger sondern gebrochen kam, den
Hengst losband, sich in den Sattel setzte und
ritt, sobald er meine Hände an seinen Hüften
spürte.

Er ritt, er fegte nicht. Nach einer Weile hub
er an zu sprechen: „Was du gesehen hast, ist
derart gewaltig, daß du auf dieser Erde nichts
mehr zu lernen brauchst und froh sein kannst,
wenn du nicht alt wirst. Es heißt, die gegenwärtige
Welt sterbe, und ein neues Bild des
Ewigen dränge aus dem Unbewußten der
schöpferischen Kräfte. Die schattenhaften Schaufler
waren Menschen, die keine Zeit haben, sich
zu besinnen; die mageren Wiesen mit den fetten
und feisten Ochsen und Kühen waren das Paradies
, das nur da möglich ist, wo kein Überfluß
herrscht. Die gewöhnlichen Wiesen mit den
weder fetten noch mageren Ziegen waren das,
was wir Fegefeuer nennen, darin die Seelen
darum ringen, Zusammenhänge zu schauen und
sich so von den Übeln der Zeit zu erlösen. Die
üppigen Wiesen, auf denen die Tiere dünn wie
Nägel waren, sind die Hölle und die Seelen der
Verdammten: derer, die glauben und wissen, sich
blähen und ewig von der Welt-Schau ausgeschlossen
bleiben, demnach Gierer, Fröner, Lüstlinge
des armen, vergänglichen Ich bleiben. Der
Priester mit den Silberlocken, der in der Kapelle
die Messe las, war das Bild dessen, den das
sterbende Welt-Bild den lieben Gott nennt, und
die kleinen, vergeblich an die Scheiben pickenden
Vögel, das waren die Seelen ungetaufter Kinder.
Das alte Welt-Bild, das auf Korsika noch west,
ist groß und streng und wundersam gefügt. Ihm
zu leben war ich ein Einzelgänger und scheute
mich nicht, den Gegner zu erschießen. Die kleine
Kerze, die du sahst — denn daß du in der Steineiche
hingst, weiß ich — ist mein Lebenslicht,
die lange das deine. Die kurze ..."

Der Korse mit den roten Zähne wollte wohl
sagen: die kurze brenne nieder! Das Wort aber
bildeten seine Lippen nicht mehr: der Reiter
erlosch und hing leblos im Sattel, wie ich bald
merkte.

Daß sich mir in diesem Augenblick das Haar
sträubte, wie die Mähne des Hengstes sich

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