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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1959-08/0005
A. Eisele:

@d)liengen

(Schluß.)

Ein Überblick über die geschichtliche Entwicklung des Dorfes

Franz Seelin hatte als Schulmeister auch den
Sigristendienst versehen. Als er 1755 starb, wurden
beide Ämter frei. Bisher hatte der Johan-
niterorden in Heitersheim den Sigristen, der
Bischof von Basel die Schulstelle besetzt. Die
Gemeinden Schliengen und Mauchen durften die
Kosten tragen. Als nun Seelin starb, ließ das
fürstliche Haus zu Heitersheim durch den
Schliengener Pfarrer einen Sigristen bestellen,
ohne irgend eine andere Stelle zu fragen. Aber
die Schliengener wollten diesen nicht und bestellten
einen Schulmeister, auch ohne eine andere
Stelle zu befragen. Nun kam natürlicherweise
der bischöfliche Landvogt E. von Reichenstein
, erklärte beide Ernennungen für ungültig
und schlug einen für beide Ämter geeigneten
Mann vor. Zugleich erbat er ein juristisches
Gutachten seiner Behörde, ob die Heitersheimer
Herren überhaupt mitzureden ein Recht hätten.
Der ganze Streit dauerte vier Jahre; der Papst
mußte entscheiden (siehe diese Zeitschrift Nr. 8
1951) und nun wurde von Seiten des Pfarrers
ein Joseph Hägele vorgeschlagen. Aber bei der
Prüfung muß ihn der Landvogt so dazwischen
genommen haben, daß er nachher erklären
konnte, Hägele sei eher ein Schüler als ein
Schulmeister. Anscheinend war dieser Schulmeister
ein Mann von Selbstbewußtsein: er kümmerte
sich um den Einspruch des Bischofs gar
nicht, sondern kam „mit seiner ganzen Equipage
, Weib und Kind" von Staufen nach
Schliengen. Als man ihm dort die kalte Schulter
zeigte, nahm er Wohnung im Gasthaus und
schrieb dem Bischof. Weil ihm die Antwort zu
lange ausblieb, reiste er nach Pruntrut zum
Bischof, wurde nochmals geprüft und angestellt.
Weil aber das Schulamt und das Sigristenamt
nicht vereinigt wurden, ging er nach einem Jahr
wieder fort. Die Folge dieser endlosen Streitigkeiten
war, daß der Schulbesuch nachließ und
daß 1786 noch der Landvogt berichten mußte,
der Haß richte sich gegen den Schulprosivor, daß
„sie, die Eltern, und zwar viele sich verlauten
lassen, dem besagten Provisor aufzubassen und
ihn abschmieren werden ..." Nur weil er einen
regelmäßigen Schulbesuch der Kinder verlangte!

Die Zeit war nicht mehr ferne, in der alle
diese Kompetenzstreitigkeiten durch die Bildung
des Großherzogtums Baden beendet wurden.
1803 kamen Schliengen, Mauchen und Steinenstadt
zu Baden. Schon am 23. September 1802
hatte sich der badische Landvogt von Calm in
Lörrach mit dem Landvogt der Herrschaft
Schliengen, dem Freiherrn von Rotberg, in
Schliengen als dem Hauptort des Baseischen
Gebietes getroffen. Herr von Calm eröffnete
den anwesenden Vertretern des Domkapitels,
den bischöflichen Beamten, den Geschworenen
und den Pfarrern, daß der Markgraf mit diesem
Tage die bischöflich - baselischen Gebiete rechts
des Rheines in Besitz nehme. Herr von Calm
konnte seinem Herrn schreiben, daß die Übernahme
reibungslos verlaufen sei (siehe ausführliche
Berichte bei Dr. G. Seith). Seith schreibt
über die Zustände beim Übergang an Baden u.a.:
„Die Herrschaft Schliengen war rein römischkatholisch
; Juden wurden nicht geduldet, ganz
im Gegensatz zum Bistum Straßburg, das sich
durch Sonderbesteuerung der Juden eine ergiebige
Einnahmequelle unterhielt." Achilles Nordmann
aber berichtet in der Basler Zeitschrift
für Geschichte und Altertumskunde 1907 „Über
den Judenfriedhof in Zwingen etc.", daß in
Schliengen 1580 ein Prozeß gegen den Juden
Esaac geführt wurde. Er wurde beschuldigt,
gestohlene Kirchengeräte gekauft zu haben. Das
Urteil lautet auf 300 Pfund Geldstrafe, eine, wie
er angeben muß, wohlverdiente Strafe. Nordmann
kommt nach Durchsicht der Akten zum
Schluß: „Es drängt sich der Eindruck auf, daß
es sich hier um einen geängstigten und abgehetzten
Angeklagten handelt, dessen Verschulden
zweifelhaft oder nur gering war, der sich in
einer Zwangslage ein weitgehendes Geständnis
abnötigen ließ, das dann zur Erpressung einer
für die Verhältnisse ungewöhnlich hohen Geldsumme
mißbraucht wird."

Der 9. März brachte durch das 6. Organisationsedikt
die Teilung der ehemaligen Land-
vogtei Schliengen; Schliengen, Mauchen und
Steinenstadt kamen zum Oberamt Badenweiler.
1807, bei der Neueinteilung, entstand neben den
bestehenden Oberämtern Rötteln und Badenweiler
ein Oberamt Schliengen, das aber im
November 1809 wieder verschwand, als die
neuen Oberämter Lörrach, Müllheim und Kan-
dern hießen. In Schliengen hatte man Hoffnung
gehabt, man werde wie früher eine besondere
Stellung behalten. Man bemühte sich um die
Errichtung eines Wochen- und Fruchtmarktes.
Schon früher hatte Schliengen zwei Jahrmärkte
und verschiedene W^ochenmärkte; aber beim
Übergang an Baden waren sie nach einem Bericht
des Landvogts von Rotberg schon lange
eingestellt. Inzwischen hatte Kandern seine
Gelegenheit wahrgenommen. Man hatte Unterschriften
gesammelt bei den Bürgermeistern
vom Rhein bis hin nach Salineck und hatte damit
eine Deputation nach Karlsruhe geschickt,
welche sich für Kandern einsetzen sollte. Die
501 fl 14 kr Unkosten, von denen 435 fi durch
Umlage und freiwillige Beiträge zusammenkamen
, waren nicht umsonst gegeben worden.
Kandern wurde Amtsstadt.

Es wäre noch mancherlei zur Geschichte von
Schliengen beizutragen: der Grenzstein an der
Landstraße gegen Auggen mit dem schönen
Wappen könnte erzählen; mehr vielleicht noch
das Kreuz an der Straße nach Bellingen, wohl
ein Sühnekreuz, über das aber bisher nichts zu
erfahren war. Lebt noch eine Erinnerung an den
Galgen, der einst außerhalb des Ortsetters an
der Straße nach Basel stand? Der Landvogt von
Leutrum berichtet uns, um nur ein Beispiel zu

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