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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1959-09/0009
man auch so etwas zusammen essen!" Ich habe
einmal eine liebe Berlinerin bekehrt, die bei mir
zu Gast war. „Was essen wir heute abend?" In
einer plötzlichen Aufwallung sagte ich: „Brägel
un Öpfelbabbe". „Was ist denn das?" fragte sie.
„Sie werden sehen." Als sie meine Vorbereitungen
verfolgte, sagte sie: „Ach, ich habe eigentlich
keinen Hunger". Ich antwortete mit Mutters
Ausspruch: „'s isch kaim Muul z'traue!" Hinzufügen
muß ich, daß Leni eine schlechte Esserin
war. Das Essen war fertig und ich bot an. Sie
kostete, schleckte, aß, und zuletzt so gierig, daß
ich sagen mußte: „Numme langsam, es isch no
gnueg do!" Und von dort an, wenn wir unschlüssig
waren, was wir kochen sollten, rief sie mit
ihrer hohen Stimme: „Brägelii und Bäbbelii!"

„Öpfeldätschli" sind kleine Pf annküchle mit
feingeschnittenen Apfelschnittchen drin.

„Ankebrot oder Vogelheu" heißt eine Speise
aus feingeschnittenem Weißbrot, in Butter geröstet
und zuletzt mit zerquirlten Eiern rasch
überbraten.

„Dummis" heißt der Weckschmarren, und
„Fotzelschnitte" sind unsere heutigen Weckschnitten
, bei denen der Eierteig außen um den
Rand so verfranst, also verfotzlet liegt.

Die Gemüse wurden alle stundenlang gekocht
; die Kohlarten zum Teil aus dem Kochwasser
heraus so fest zu kleinen Bällen ausgedrückt
, daß sämtliche Cellulosen drin waren,
aber kein Nähwert mehr. Sogar der zarte Spinat
wurde so mißhandelt. Einzig das „Schlämbe-
chrut" blieb ganz. Bei all diesen Speisen mußte
möglichst viel Fett den Ausgleich schaffen. Das
Sauerkraut sollte siebenmal gewärmt am besten
schmecken, wenn es scharf und braun und
„iidiglet" war.

Wenn die eingekellerten weißen Rüben an
den Schnittflächen frische Triebe bekamen,

neue Keime, wurden diese abgeschnitten, gekocht
, gehackt und als Salat angemacht zu neuen
Kartoffeln gegessen.

Das Maß für ein Essen war halt „e Chochete",
die konnte groß oder klein sein, je nach Bedarf.
Beim Brot backen hieß das Quantum, das der
Ofen faßte, „e Bachete".

Das Backwerk hat sich mit den Jahrzehnten
auch geändert. Der Gugelhupf weicht immer
mehr dem Hefekranz, die echte Linzertorte der
Buttercremetorte. Die gängigsten Torten bei
Familienfesten waren: Bisquitgußtorte, Blätterteig
-Apfeltorte, Mailändertorte, Haselnußtorte
und, wenn es hoch kam, noch Makronentorte.
Die „Schnitzwecken" waren noch, was ihr Name
sagte. Aus weißem Brotteig wurden große, dünne
Flecke ausgewellt, mit gekochten und ausgedrückten
Birnensnchnitzen dick bestrichen, aufgerollt
und gebacken. Einen festen Stamm des
Weihnachtsgebäckes bildeten Springerle, Butterbaches
, Makrönle, Croquettle, Zimtsterne und
Lebküchle.

Neujahrswecken und -brezeln wurden im
Haus gebacken, und wenn die „Gottechinder"
„zuem Neujohrawünsche" kamen, steckten Gotte
oder Götti in jedes Stück eine halbe oder ganze
Mark.

An Fasnacht wurden Scherbe oder Natronküchle
gebacken, Berliner Pfannkuchen waren
noch „neumodisch Züüg".

Manche alte Markgräfler Speise würde noch
aus der Vergessenheit geholt, wenn meine Mutter
noch lebte, aber ich hoffe, daß doch ab und
zu eine Leserin „gluschtig" wird, so ein altes
Rezept zu probieren. Dann guten Appetit.

Anm.: Für Kartoffeln habe ich zwei Ausdrücke gebraucht
: Herdöpfel und Grumbii*e. Beide sind richtig,
nur örtlich verschieden.

jöit Keife

Am 7. Juli 1834 springt August Suter im
Hafen von New-York an Land. Er hat seine
Frau und seine vier Kinder im Stich gelassen.
Er durchläuft alle Lebensstationen. Einmal ist
er Stallknecht in einem Zirkus, dann Hufschmied
, Zahnarzt, Ausstopfer, Damenschneider,
Boxer. Er lernt Englisch, Französisch, Ungarisch,
Portugiesisch, die Negersprache von Louisiana,
die Sprache der Sioux, der Komantschen, Slang
und Spanisch. Er wird schließlich der ungekrönte
Kaiser von Kalifornien. Er wird reich, unermeßlich
reich. „Gold — Die fabelhafte Geschichte
des Generals Johann August Suter" heißt das
Buch, das Blaise Cendrars schreibt. Er schildert
atemraubend das Schicksal dieses am 15. Februar
1803 zu Kandern geborenen großen Unglücklichen
, der am Gold zerbrach. 14 Jahre war er
für seine Familie verschollen, da ruft er durch
einen Brief Frau und Kinder zu sich.

Wir bringen hier aus dem Buch von Blaise
Cendrars, erschienen im Rhein - Verlag Basel-

Zürich-Leipzig-Paris-Straßburg, das Kapitel von
der Reise der Anna Suter zu ihrem Mann.

K. Schäfer

Basel, Ende Dezember 1849.

In Basel hat man noch keine Ahnung von der
Entdeckung der Goldfelder. Frau Suter wohnt
im berühmten Hotel zum Storchen. Ihre drei
erwachsenen Söhne und ihre junge Tochter begleiten
sie. Ein ergebener Freund, der Vormund
der Kinder während der langen Abwesenheit
und des noch längeren Schweigens des Vaters,
ist bei ihnen. Frau Anna Suter, eine geborene
Dütbold, ist eine hochgewachsene schwarzhaarige
Frau, die ihr überströmendes Gefühl hinter
scheinbarer Strenge verbergen muß. Sie trägt
am Hals ein goldenes Medaillon mit einer Photographie
Johann Augusts aus der Zeit ihrer Verlobung
.

Anna Suter hat lange gebraucht, um sich zu
entschließen. Ein Brief von Ende Dezember 1847

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