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tiger Gesang steigt im Rhythmus der Eisenbahnräder
aus tausend Kehlen:
To Frisco!
To Frisco!
Suter. Suter. Suter. Suter.
Suter. Suter. Suter. Suter.
To Frisco!
To Frisco!
Szzzzz. K. Szzzzz. K. Pug!
Welcome Back Again!
Anna Suter hält ihre Tochter eng umschlungen
. Die Jungens beugen sich zum Fenster hinaus
, um die giftigen Tiere in den Sümpfen zu
sehen. Ein Däne und ein Deutscher, die von
Neu-Braunschweig herunterkommen, erzählen,
was sie über den großen Hauptmann Suter
gehört haben. Er lebt wie ein Kaiser. Er reitet
auf einem weißen Pferd. Sein Sattel ist aus
Gold, der Zaum ist aus Gold, alles ist aus Gold.
Die Steigbügel, die Sporen und selbst die Hufe
seines Pferdes. Den ganzen Tag wird gepraßt
und getrunken. Frau Suter fällt in Ohnmacht.
Bei der Ankunft in Panama ist eine Strähne
ihres Haares weiß geworden.
Die Sonne ist wie ein schmelzender Pfirsich.
Panama - Frisco. An Bord eines Segeldampfers
. Die Bemannung besteht aus scheußlichen
Kanakern, die einem Angst machen. Sie
werden schrecklich mißhandelt. Der Kapitän,
ein Engländer, schneidet einem den Daumen ab,
um seine Pfeife zu stopfen. Je mehr man sich
dem Goldlande nähert, desto aufgeregter werden
die Passagiere. Für ein Nichts fangen sie
Händel an und ziehen das Messer. Frau Suter
wird von einem Zittern erfaßt, das bis Frisco
nicht mehr aufhört.
In San Franzisko erfährt sie, daß Neu-
Helvetien nicht mehr existiert und Suter verschwunden
ist.
Die Sonne sengt.
Eine kleine Schar steigt unter Führung eines
alten Mexikaners zum Fort Suter hinauf. Drei
Jünglinge und ein junges Mädchen begleiten zu
Pferd einen auf zwei Mauleseln ruhenden Tragstuhl
.
Die Reise hat Anna Suter vollständig aufgerieben
. Das Zittern hört nicht mehr auf, und
der Frost schüttelt sie. Ihr Auge ist glasig.
„Ja, Madame, der Herr ist auf seinem Landhäuschen
. Ein schönes Gut am Ufer des Federflusses
. Er spaziert in seinen Weinbergen. Gehen
Sie querfeldein, ich gebe Ihnen einen sichern
Führer mit, der Ihnen die Waldpfade zeigen
wird, so daß sie den Strolchen aus dem Wege
gehen können. Meine Frau kennt die Gegend
sehr gut und wird mit Ihnen gehen. Sagen Sie
ihm bitte, daß jetzt auch Wackernagel, sein
Geschäftsführer, alles im Stich gelassen hat und
in die Goldfelder gegangen ist. Und auch Ernst
ist fort, der Hufschmied, der noch mit mir
arbeitete. Sagen Sie ihm, daß ich auf alles Acht
gebe und wieder einhole, was noch gutzumachen
ist. Es gibt hier noch viel Geld zu verdienen,
aber du lieber Gott, er soll mir endlich seine
Des Markgräflers Heimweh
Wenn chüele Herbstwind über d'Felcter goht,
un d'Wälder webe ihri farb'ge Gwänder,
der Birebaum im schönste Purpur stoht,
un d'Dalie drüehje in de Gartegländer---
no mueß-i heim, im Blaue zue, an Rhy.
Markgräflerland, mi Herz un d'Seel ghört Di!
Wenn d'Rebe gsund an Berg un Halde stöhn,
un d'Trübelchränz im goldne Laub sich sunne,
wenn in de Schöpf un Schüre d'Trotte göhn,
un in de Gärte d'Öpfel werde gunne--
no mueß-i heim, im Blaue zue, an Rhy.
Markgräflerland, mi Herz un d'Seel ghört Di!
Wenn in der Nacht e Bach, e Brunne ruscht,
der Wind spielt mit-em düre Laub am Bode,
no chunnt d'Erinnrig zue mer aneghuscht
un huucht in d'Seel der warmi Heimetode--
no mueß-i heim, im Blaue zue, an Rhy.
Markgräflerland, mi Herz un d'Seel ghört Di!
Fritz Wolfsberger
Instruktionen geben. Ich bin hier ganz allein;
sagen Sie dem Herrn, daß es sehr gut wäre,
wenn er einmal hier vorbeikäme".
So spricht Jean Marchais, ein Franzose, der
letzte Schmied des Forts, der treu auf seinem
Posten verharrt und noch immer für seinen
guten Herrn arbeitet.
Ein schöner kalifornischer Abend. Den ganzen
Tag sind sie durch die verlassenen Pflanzungen
der Ermitage gewandert. Den ganzen Weg,
vom Fort Suter ab, begegnen sie keiner einzigen
Seele. Dieses schöne, von Gräsern und niederem
Gebüsch überwucherte Land bietet einen tragischeren
Anblick als ein Urwald.
Nun stehen sie vor dem stillen Landgut. Die
kleine Schar macht Halt. Auf die Kehllaute der
Indianerin Saba gibt nur ein trauriger Hund
Antwort. Dann kommen zwei Indianer aus dem
Haus und machen Zeichen mit den Armen.
Die kleine Gruppe dringt bis in den Hof vor,
wo der Tragstuhl abgeschnallt wird. „Mutter!
Mutter! Wir sind angekommen. Gleich wird der
Vater da sein. Saba sagt, daß er von unserer
Ankunft unterrichtet ist".
Anna Suter reißt die Augen auf. Sie sieht
über sich den großen unendlichen Himmel und
ringsum das fremde Land mit dem märchenhaften
Wachstum und diesen unbekannten
Gebäuden.
Ein Mann tritt heraus, ein Greis. Anna Suter
richtet sich halb auf. Ein Schrei entfährt ihr:
„Johann!" Sie röchelt.
Etwas Weiches quillt im armen Gehirn dieser
armen Frau. Alles dreht sich um sie, Lichter
und Schatten. Als ob viel Wasser durch ihren
müden Kopf rauschte. Sie vernimmt noch
Schreie, erinnert sich an eine Menge Dinge und
glaubt plötzlich die gutmütige Stimme des
Schmiedes Jean Marchais zu hören, der ihr
Empfehlungen für seinen Herrn mitgibt. Sie
wiederholt sie demütig, murmelt etwas und
Johann August Suter, der an das Lager seiner
Frau gestürzt ist, vernimmt noch das Wörtchen
: „Herr ..."
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