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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1959-10/0012
üke Teutoburger Waib auf htm ZMnFelbecg

Vor vierzig Jahren, als der schmähliche
Friede zwar auf dem Papier stand, aber die
recht unfriedlich drohende Sorge der Ernährung
Städte und Dörfer immer noch schwer belastete,
da geschah es, daß das Oberhaupt der damals
noch kleinen Grenzgemeinde am Oberrhein, eine
seiner hellsichtigen sozialen Ideen in die Tat
umzusetzen sich bemühte. In der gleichnamigen
Stadt: jenseits des Stromes tauschte man wohl
gelegentlich am eidgenössischen Stammtisch die
gemeinsamen Sorgen und Möglichkeiten im
Gespräch aus. Dort, war zu hören, sei die Kartoffelernte
noch mehr als den Bedarf deckend
ausgefallen, während man andererseits eine
Katastrophe für den bevorstehenden Winter
befürchte, und zwar infolge der großen Holzknappheit
. Diese Feststellung griff der badische
Stammtischgenosse mit dem Angebot auf:
„Überm Dinkelberg hen si Holz gnueg, numme
Grumbire fehle, do chönnte mer is doch gege-
sitig helfe, über d'Schlagbäum eweg!"

Und so fuhr einige Tage danach gegen Abend
im Spätherbst ein „Scheesli" mit zwei Rappen
bespannt (die von der Front zurückgekehrten
Pferde standen damals, auch der Futterknappheit
wegen, nicht sehr hoch im Kurs) vom Dinkelberg
her am wappengeschmückten Rathaus der
Rheintalgemeinde vor.

Den beiden Bürgermeistern zweier waldreichen
Industriestädte von jenseits des Dinkelberges
, wovon der eine den Kutscherdienst übernommen
hatte, gesellte sich hier der dritte der
Rheintalgemeinde hinzu, denn auch sie benötigte
dringend Kartoffeln.

Der zuletzt Zugestiegene, als wohllegitimierte
Persönlichkeit, übernahm es am Grenzpfahl,
dies- und jenseits bei den Hütern des Gesetzes,
die notwendigen, zum Teil notgedrungen papierlos
sich abzuwickelnden Formalitäten mit ein
paar ebenso sachlich als humorvollen Einleitungen
um Ursache und Wirkung des Vorhabens zu
dokumentieren oder zu verbürgen, um außerdem
auch die reibungslose sichere Rückfahrt mit dem
Scheesli zu gewährleisten. Hüben wie drüben
wurde versichert, zu angegebener Zeit wieder
auf dem Posten zu sein. Es ist zu hoffen, daß an
den Grenzen der Ewigkeit solche Dienstabmachungen
ihre zeitlichen Pflichtmaße inzwischen
verloren haben.

Konstantin Schäfer:

„Hedwig Salm wurde am 14. September 1389
zu Neuenweg am Schwarzwälder Belchen geboren
. Ihre Jugend verbrachte sie in Tegernau im
kleinen Wiesental, dessen Mundart in ihren
Gedichten erklingt." So steht auf dem ersten
Blatt ihres 1954 in der Silberdistel - Reihe im
Schauenburg - Verlag erschienenen Gedichtbänd-
chens „Brunnen am Weg". Keine lange Biographie
fürwahr. Auch das „Markgräfler Jahrbuch
" fügt dem nur hinzu: „ . . . dann Freiburg.

Die Austauschverhandlungen wickelten sich
rasch und gut ab, doch es schien, der „Wirt zum
grünen Kranze" hatte nicht nur im Auge, „de
arme Schwobe öbbis rechts unter d'Zäh" — wie
er meinte — zu setzen, er rechnete vermutlich
auch damit, die Zeche via Holzhandel quittieren
zu können. So wurde denn das Beste ausgiebig
aus Küche und Keller geboten. Indessen schlug
die Uhr der Eidgenossen zehn deutlich eindringliche
Schläge und mahnte an die Verabredung
am Grenzpfahl. Aber die Verhandlungspartner
stellten fest, daß der Toggenburger etwas schwerer
als der Markgräfler auf der Zunge liege. Der
äußerst gewissenhafte Vertreter der Markgräfler
Amtsstadt drängte nun aus besonderen Gründen
energisch zur Heimfahrt und zieht seinen Rheintäler
Amtskollegen beunruhigt vor die Tür mit
der ernsten Mahnung: „Mein lieber Kollege, sag
du mir, wer diese Zeche bezahlen soll? Wir müssen
aufbrechen, unsere Frauen warten besorgt
daheim." „Nur keinen Kummer", meint dieser,
„es kommt schon einer, der's zahlt!" Als sie in
die Gaststube zurückkamen, trat ein behäbiger,
pausbackiger Bauer, rund wie ein Fäßlein, hinzu
und präsentierte aus allen verfügbaren Taschen
seine ansehnlichen Musterkartoffeln. Da tröstete
der Rheintäler seinen Amtskollegen: „De zahlt's,
un jetz göhmer heim!"

Aber als sie im Stockdunkel über die bewaldete
Dinkelberger Höhe fuhren, da hatte ihnen
der Toggenburger jede Orientierung genommen.
Vergeblich und besorgt warteten die Gattinnen
auf die Rückkehr vor Mitternacht und gaben
sich erregt die Vermißtennachricht durchs Telefon
. Endlich hörte man Pferdetrapp von Westen
her, und vom gotischen Glockenturm mischten
sich genau vier Schläge in das anrollende
Scheesli.

„Ach", klagte die besorgte Gattin, „in dieser
Nacht habe ich die ersten grauen Haare bekommen
!" „Nein, nein", stellte der Längsterwartete
begütigend fest, „aber weißt du, mir kam es vor,
als ob wir im Teutoburger Wald wären, endlos,
endlos, es war, als führen wir immer im Kreis
herum!"

Immerhin: die Fahrt durch den Teutoburger
Wald wurde vielen zum Segen, und man wundert
sich, daß die Schlagbäume bis heute nicht
eingestürzt sind.

Nach dem Tode des im Schuldienst gestandenen
Gatten (1917) schriftstellerische Arbeiten. 1928
Gedichtpreis — 1936 Waldkircher Festspiel —
Erzählungen, Kurzgeschichten, alemannische und
hochdeutsche Gedichte in Zeitungen und Zeitschriften
— Öffentliche Lesungen und Radiosendungen
".

Was braucht es mehr! All die äußeren Geschehnisse
, die uns treffen, sind nicht das Entscheidende
. Was wir durch ihren Einfluß gewor-

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