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Bild 1: 1725
So kühlten sie ihr Mütlein an den wehr- und
hilflosen Bauern, setzten ihnen den „Roten
Hahn" auf das Dach, nahmen mit, was ihnen
gefiel. Von den Verteidigern des Schlosses wurde
ein einziger durch ein „Schlitzloch" erschossen
(wieder nach Mulsow). Was die Einwohnerschaft
von dem entfesselten Söldnerhaufen an Leib
und Leben erdulden mußte, an Mißhandlung und
Schändung auszustehen hatte, darüber schweigt
die Chronik. Wir Zeitgenossen zweier Weltkriege
und ihrer hochentwickelten Zerstörungstechnik
bringen leicht Verständnis und Mitgefühl auf
für die Hungersnöte und die Obdachlosigkeit
jener Zeit. Schmalhans war Küchenmeister bei
unseren Vorfahren von 1676 auf Jahrzehnte hinaus
; ein karges, entbehrungsreiches Leben war
das allgemeine, selbstverständlich hingenommene
Los. Aus dieser Armut heraus mußten die Brombacher
ihre Häuser wieder aufrichten.
Auch das Haus am Nordhang des „Kirchberges
" unterhalb der evangelischen Kirche,
heute mit Römerstraße 30 identifiziert, war
Invalide geworden. Der obere Teil brannte ab;
das Erdgeschoß allerdings mit seinen massiven
Bruchsteinmauern widerstand den Flammen. Ob
es vor dem Brand schon ein so schmuckes Häuslein
gewesen ist, wie es heute dasteht, man weiß
nichts rechtes darüber. Der Chronist meldet nur,
es habe vor 1556 noch das „Mesnerhaus" geheißen
, muß also vor diesem Jahr schon bestanden
haben, als die Bevölkerung noch katholisch war.
Die in eine Fensterbank eingeschnittene Jahreszahl
1632 bezieht sich wohl auf eine spätere Veränderung
. In besagtem Jahr 1556 verfügte der
Markgraf von Baden - Durlach die Überführung
seiner oberbadischen Landeskinder in das reformierte
Lager. Die „Markgräfler" sträubten sich
eben nicht, „lutherische Chetzer" zu werden, indes
den Inzlingern, Adelhausern und allen
Christenleuten ringsherum in den vorderösterreichischen
Landen ein streng „papistisches" Gewissen
anbefohlen und anerzogen wurde, gemäß
dem politischen Glaubenssatz: „Cuius regio, eius
religio", — „Wes das Regiment, des der Glaube".
Von persönlicher Gewissensfreiheit hielten die
Herren nicht viel. Die Kriegsknechte der katholischen
Majestät von Frankreich mochten sich
darum auch wenig Gewissensbisse machen, sich
eher ein wenig als Gottes Werkzeug fühlen,
wenn sie die abtrünnigen Allemands malträtieren
durften.
Die geschlagenen Dorfbewohner hatten freilich
nicht lange Zeit, sich ihrem Jammer zu
überlassen, so groß das Elend auch war. Der
Winter stand vor der Tür, vor den wenigen
Türen der sieben verschonten Häuser. Nur
schnell ein notdürftiges Dach über die Brandruine
! Balken, wenn auch angekohlte, und Ziegel
lagen genug umher. Die Nachbarn mußten nah
zusammenrücken. Beneidenswert, wer zwischen
vier windsicheren Wänden und am Schirm um
den Ofen hocken konnte! Viele mußten in behelfsmäßigen
Verschlägen und zugigen Winkeln
einen grimmig harten Winter aushalten. Es hieß
zusammenhalten und zusammenhelfen in den
nächsten Jahren, bis jede Familie wieder eine,
wenn auch noch so dürftige Unterkunft hatte.
Die Händel der Großen wollten kein Ende nehmen
, erst 1714 kam es zum endgültigen Frieden.
Wer getraute sich in derartig verderblichen Zeitläuften
, sich in große Bau-Unkosten zu stürzen?
Wer vor allem brachte das nötige Kapital dazu
auf? Der Landesvater und seine Landräte werden
aus ähnlichen Erwägungen „auf höherer
Ebene" mit Aufbauhilfen nicht sehr splendid
gewesen sein.
So mußte auch der Veteran am Kirchberg
fast fünfzig Jahre warten, bis man ihn wieder
aufstockte; erst 1725 fand sich ein Bauherr, der
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