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beschlagnahmten Depeschen wieder in Empfang
zu nehmen. „Er bedankte sich hiefür ganz höflich
." Da er aber annehmen mußte, man werde
in der Zwischenzeit einen andern Kurier von
Ulm abgeschickt haben, wollte er seine Reise
nicht fortsetzen, sondern vorerst nach Ulm zurückkehren
. Die Post erhielt den Auftrag, ihn
jederzeit mit Pferden zu versehen. Um V2I2 Uhr
nachts verließ Fromann das gastliche Stockach.
Damit endet diese Episode. Eine Belanglosigkeit
, ein blinder Alarm, ein Schlaglicht jedoch
nicht nur auf die damaligen Verhältnisse; denn
der Träger der Handlungen — damals und
heute — ist der Mensch.
Emil Baader.
Begegnungen im ©pättyecbfttüaß
Schön ist das Wandern im Wald zu jeder
Jahreszeit, auch im Spätherbst. Der Waldboden
und die Waldwege, sie gleichen wundersamen
Teppichen, leuchten in Braun und Gold. Das
Grün ist seltener geworden, grün sind noch die
Blätter der Brombeeren, der Stechpalme, auch
manche Akazien. Wenn der Wind kommt,
raschelt es von den Bäumen, wie ein Schneien.
Kaum hört man noch ein Vogellied, aber ganz
ist der Wald nicht verstummt. Das Rotkehlchen
ist noch da; es ist etwas Wundersames, seinem
zarten Liedchen zu lauschen. Am Waldeingang
sah man einen Grünspecht, von Baum zu Baum
flattern, Eichelhäher schreien zuweilen, ein Reh
sah man in der Nähe des Steinbruchs am Altvaters
, Menschen begegnet man selten. Zuweilen
aber doch.
Der Besenbinder
Auf dem Weg von der Tafeltann zur Heg
kam er dahergefahren mit seinem Wägelein voll
Besenreis. Wir kamen ins Gespräch mit ihm, er
stammt aus dem Freiamt, war einst Müller. Als
Bäcker kam er weit herum, „Teigbildhauer"
nennt er sein Handwerk, aber nun, in seinen
alten Tagen, ist er Besenbinder geworden. Für
den Friedhof hat er einen großen Auftrag. Es
ist ein Handwerk wie aus dem Märchen.
Der Holzsammler
Da wir im Nebel bergwärts wanderten, sahen
wir plötzlich eine Gestalt sich aus dem Nebel
lösend: ein Mann mit einem zweirädrigen Wagen
, beladen mit dürren Ästen. Auch mit ihm
kommen wir ins Gespräch. Er ist Invalide und
wohnt in der Bottenbrunnenstraße. Er hätte es
an sich nicht nötig, meint er, aber was gäbe es
Schöneres als Tag für Tag hinauszuziehen in den
Wald und heimzukehren mit Holz. Er sammelt
sich seinen Wintervorrat selbst. Schon in früheren
Jahren hatte er Freude am Holzsammeln, er
weiß Geschichten zu erzählen vom früheren
Oberförster Vieser, im Volksmund „Fatsch" genannt
, ihn lobte er wegen seines Eifers, und als
einmal ein Strafzettel kam wegen „unbefugten
Holzsammelns", wurde ihm die Strafe mit Berufung
auf den Oberförster geschenkt.
Die Holzmacher
Seit einigen Tagen knirscht die Säge der
Holzmacher an den Hängen der Altvaterwälder.
Zehntausend Festmeter Bruchholz gab es durch
den großen Schneebruch vergangenen Winter,
die Hälfte sei schon aufbereitet, die letzten fünftausend
Meter sind an der Reihe. Die Holzmacher
kommen aus dem Ried, aus Schuttern
und Kürzell. Mit der Motorsäge werden die
Stämme zerschnitten; auf „Holzschlitten" werden
die Meterklötze an den Fahrweg transportiert
und dort zu Ster und Doppelster aufgebaut.
Allmählich kann man wieder die Wanderwege
durch den Wald benutzen, nachdem es seit
Februar unmöglich war, diese Wege zu begehen.
Jn den Höhenlagen über 300 Meter findet man
kein Bruchholz.
Männer im Reisschlag
Die abgehauenen Äste werden in Losen als
Reisschlag vergeben. Einen Postbeamten im
Ruhestand aus Kuhbach finden wir bei der Arbeit
. Er trägt die Äste zusammen. Die dickeren
läßt er sich von einem Traktor aus Kuhbach
heimfahren, aus den dünneren Ästen fertigt er
Reiswellen.
Die Steinbrecher
Am Altvater ist der Meuerersche Steinbruch
in Betrieb, drüben am Hohberg der des Kuhbacher
Bauunternehmers Haas. Tag für Tag wird
dort gearbeitet, Bausteine werden zugerichtet.
„Zutritt verboten" liest man am Eingang. Man
kann den Steinbruch von oben sehen, er gleicht
einer riesigen Wunde. Als wir einen Geologen
nach dem Alter der Lahrer Sandsteine frugen,
nannte er die Zahl: etwa 250 bis 280 Millionen
Jahre.
Am Soldatengrab
Im Monat November, da man der Toten gedenkt
, besucht man nicht ohne Ergriffenheit die
Stätte, an der Volkssturmmänner in den letzten
Tagen des vergangenenn Krieges gefallen sind.
Mit Blumen ist das Grab geschmückt, ein von
Kugeln durchlöcherter Stahlhelm krönt das
Birkenkreuz, ein zweiter solcher Stahlhelm liegt
auf dem Grab. Wir lesen die Inschrift: „Hier an
dieser Stätte starben für Volk und Vaterland
am 19. April 1945 August Eckert, Martin Ott,
Adolf Zimmermann, alle drei aus Rheinfelden.
Wir tragen Euch im Herzen, denn Ihr wart die
besten und treusten Söhne unseres Volkes."
Die Waldkapelle
Von Tafeltann führt ein Waldweg — letzte
Brombeeren beobachtet man — zur Waldkapelle
unseres Tales. Auf der Bank vor der Kapelle
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