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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1959-11/0012
Im Markgräflerland vor hundert Jahren

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Gedenktage sollen die Erinnerung an große
Ereignisse und Persönlichkeiten festhalten. Bei
jedermann? Doch wohl nur bei denjenigen,
denen das Ereignis oder die Person, deren zu
gedenken ist, etwas bedeutet. Es gibt aber auch
— und gab es immer — eine Sorte Gedenktage,
die keine rechte innere Verbindung haben mit
den Menschen, die sie feiern. Das ist fatal. Man
kann fragen, warum diese Menschen solche Tage
dennoch feiern, und woher sie den Anstoß zu
solcherart Feierwerk erhalten. Als Gründe bieten
sich immer wieder zwei an — unter anderen
—, die meist nicht das geringste mit dem
Objekt der Feier zu tun haben, nämlich: Politik
und Mode. Nehmen wir in allen Fällen noch
hinzu das Tätigkeitsbedürfnis einer bestimmten
Sorte von Zeitgenossen, die sich gerne bei solchen
Gedächtnistagen selbst aufs Podium stellen
und in dem Gefeierten ihr eigenes — ach so
großes Verständnis für den Gefeierten feiern, so
haben wir einen recht guten Boden für das
Gedeihen von Gedenktagen, die in Betrieb ausarten
und bei allem Betrieb nur zeigen, wie
wenig die Feiernden eigentlich mit dem Gegenstand
der Feier der Sache oder dem Gefühl nach
Verbindung haben.

Kein Zweifel, daß es hinwiederum Gedenktage
und Gedächtnisfeiern gibt, die aus dem
echten und unabweisbaren Bedürfnis entstanden
sind, jemanden zu ehren und seine Wichtigkeit
und Bedeutung für die Gegenwart und Umwelt
der Feiernden ans Licht zu stellen. Jedoch Gedenktage
sind eine fatale Angelegenheit. Sie
enthüllen in der Art ihres Begangenwerdens und
ihres Ablaufs unweigerlich, ob der Impuls zum
feierlichen Gedenken echt oder unecht war.
Sehen wir zu, wie es hinsichtlich dieses Punktes
stand, als man sich auch im Markgräflerland vor
hundert Jahren anschickte, Friedrich von Schillers
hundertsten Geburtstag festlich zu begehen.
Die Zeitungen jener Tage geben genügend Aufschluß
hierüber.

Die Anregung zu den Schillerfeiern mag von
einer kleinen Notiz ausgegangen sein, die in
Nr. 124 des „Oberländer Boten" vom 19. 10. 1858
zu lesen war:

Das Schillerfest wird allenthalben, wo die deutsche
Zunge klingt, dies- und jenseits des Ozeans, feierlich
begangen werden. Daß unser engeres Vaterland
nicht zurücksteht, und selbst kleinere Städte eine
Festfeier für den Tag anordnen, wo vor hundert
Jahren der gefeiertste deutsche Dichter das Licht
der Welt erblickte, zeugt von der Intelligenz des
badischen Volkes ...

Die Notiz schließt mit einer Vorschau auf eine
in Heidelberg geplante Schillerfeier, die die Aufstellung
eines Denkmals, einen Festzug, öffentliche
Reden und Festessen vorsah. — Ist nicht
etwas fatal in der Notiz, wie der — zweifellos
große und über solche Anpreisungen erhabene
Dichter Schiller mit gemütvoll - romantischem,

leicht alldeutschem Zungenschlag als gedächtniswürdig
angeboten wird? Ist nicht etwas fatal,
wie man die Badener mit einem Lob für ihre
Intelligenz lockt, — ein Lob, das als nicht ausgesprochen
gilt, falls keine Schillerfeiern stattfinden
sollten? Man kann sich richtig vorstellen,
wie alles, was in den oberbadischen Städten zur
Intelligenz zählen wollte, sich seit dieser Notiz
um die Vorbereitung von Schillerfeiern bemühte.
Es ging denn auch gar nicht lang, da zeigte sich
bereits ein Erfolg in Form einer halbseitigen
Anzeige im „Amtl. Verkündigungsblatt für die
Großh. Bezirksämter und Amtsgerichte Lörrach,
Müllheim, Schopf heim und Schönau" Nr. 130 vom
2. 11. 1859: Diese Anzeige lautete:

Zur Verherrlichung des hundertjährigen Geburtstages
unseres geleierten Schiller wird auch in hiesiger
Stadt am 10. November eine Festfeier stattfinden
, und zwar nach folgendem Programm: Die
Festteilnehmer versammeln sich am obigen Tage
nachmittags 2 Uhr auf dem Rathause dahier, von
wo aus sich der Zug: Musik, dann die Schuljugend,
die Sängerchöre, das Comite und die übrigen Teilnehmer
, auf das Schützenhaus begibt. Im Saal des
Schützenhauses Eröffnung der Feier durch einen
Männerchor. Hierauf Festrede, der abermals Gesang
folgt. Sodann deklamatorischer Vortrag des Liedes
von der Glocke. Den Schluß der Feier bildet ebenfalls
Gesang. — Die Schuljugend, die während der
Feier im Schützenhaus-Saal zur Stadt zurückgeführt
wird, erhält in verschiedenen Gasthäusern Wein und
Wecken und wird bei anbrechender Dämmerung auf
dem Hünerberg ein großes Feuer abbrennen. — Die
Teilnehmer des Festmahles versammeln sich abends
um 6 Uhr im Saale zur „Sonne" dahier.

So der erste Teil der Anzeige. Sie sieht die
übliche Abfolge einer Feier vor: Festzug, Männerchöre
, Festrede, Männerchöre. Daß die Feier
dem Dichter Schiller gelten sollte, kann man zur
Not daraus erkennen, daß als Mitte des Programms
das Lied von der Glocke rezitiert wird.
Sympathisch berührt, daß die Schuljugend während
der Feier Wein und Wecken erhält. (Was
die heutigen Pädagogen wohl zur Verabreichung
von Wein sagen würden?) Noch sympathischer,
daß endlich am Abend eine echt alemannische
Art des Feierns zur Geltung kommt dadurch, daß
die Schuljugend ein großes Feuer anzündet. —
So weit gut. Hören wir nun den zweiten Teil
der Anzeige, die weniger von begeistertem
Idealismus für den Dichter spricht, mehr aber
von den Realitäten des Daseins, die sich nicht
wohl verleugnen ließen, auch wenn der gefeierte
Dichter zu den idealistischen zu rechnen war:

Zur Beteiligung am Festmahle, wobei das Couvert
1 fl. 45 kr. kostet, liegen Listen zur Einzeichnung
bis Sonntags auf bei Herrn Gemeinderat Gebhard,
Friedr. Gutermann und C. Wenner. — Für die Teilnehmer
an der Feier im Schützensaale sind Billete
zu 12 kr. ebendaselbst, und so weit es der Raum
gestattet, am Eingang des Schützenhauses zu haben.

Die Teilnehmer des Zuges, mit Ausnahme der
Sängerchöre, bedürfen ebenfalls Eintrittskarten, aus
deren Ertrag die Festkosten gedeckt werden. Ein
etwaiger Überschuß wird zu wohltätigen Zwecken
verwendet. Für die Verabreichung von Wein und

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