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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1959-11/0013
Wecken für die Jugend wird eine Subskriptionsliste
eröffnet, für das Feuer auf dem Berge Holz gesammelt
und hinaufgeführt.

Lörrach, am 1. November 1859 Das Comite.

Man sieht: Die Begeisterung der Markgräfler für
den Schwaben Schiller — mochte sie nun gespeist
sein aus welchen Quellen auch immer — vergaß
die Realitäten des Daseins keineswegs.

So weit gut, was das Lörracher Programm
anbetrifft. Weniger gut war jedoch, was der
„Oberländer Bote" als die „Beilage zum Verkündigungsblatt
" Nr. 130 zu den nationalen Hintergründen
der geplanten Schillerfeiern zu sagen
wußte. Zur Ehre des immerhin bei C. R. Gutsch
in Lörrach erscheinenden Blattes muß vorausgeschickt
werden, daß der nun zu zitierende
Artikel „Zur Schillerfeier" (Nr. 130 v. 2. 11. 1859)
gewiß nicht von einem Lörracher oder einem
Markgräfler geschrieben worden, sondern aus
der „Freiburger Zeitung" übernommen worden
war. Die „Freiburger Zeitung" schreibt:

Alsdann aber ist's die jüngst erlittene Nationalschmach
, welche uns zu einer allgemeineren und
lauteren Feier des großen Deutschen drängt. Denn
wir müssen etwas in die andere Waagschale legen,
damit sich das Gleichgewicht in unserem Nationalgefühl
einigermaßen wieder herstelle. Die Schillerfeier
des Jahres 1859 gleicht einer großartigen national
-politischen Demonstration nach außen und nach
innen. Sie geschieht hier in fast unbewußtem Triebe,
und dort mit mehr oder minder deutlichem Erkennen
: Von der Niederlage, von der Demütigung,
welche das deutsche Volk ohne Verschulden (wie
schon oftmals) wieder erleiden mußte, will es sich
wieder etwas aufrichten — an der Seite eines seiner
geistig Großen ...

Was meint der Journalist von 1859 mit der
„jüngst erlittenen Nationalschmach"? Wohl kaum
etwas anderes als die Niederlagen, welche die
Österreicher — Österreich gehörte damals ja noch
zum Deutschen Bunde — bei Magenta und bei
Solferino im Lauf des Jahres 1859 hatten hinnehmen
müssen. Österreich hatte dabei seinen
Besitz in Oberitalien gegen die vereinigten
Italiener und Franzosen verteidigt. Es hatte den
Waffengang allein unternommen, obwohl in
Deutschland starke Strömungen bestanden hatten
, die Truppen des ganzen Deutschen Bundes
gegen Italiener und Franzosen ins Feld zu werfen
und — gegen Frankreich — „den Po am
Rhein zu verteidigen", wie damals die Parole
lautete. Preußen, der mächtige Militärstaat, wäre
durchaus willens gewesen einzugreifen; Moltke,
der preußische Generalstabschef, wollte die Gelegenheit
benutzt wissen, um die Macht Frankreichs
zu brechen. Bismarck, damals Gesandter
in Petersburg, hatte erst recht zum Losschlagen
Preußens geraten; was er sich dabei erhoffte,
geht aus seinem damaligen Rat an den preußischen
Regenten hervor, „man solle mit der ganzen
Armee nach Süden aufbrechen, die (preußischen
) Grenzpfähle im Tornister mitnehmen und
sie entweder am Bodensee oder da, wo das
protestantische Bekenntnis aufhört vorzuwiegen,
einschlagen". Bismarcks großpreußischer Traum
ging damals nicht in Erfüllung. Preußen war
wohl geneigt, mit einzugreifen, aber nur unter
der Bedingung, daß es den Oberbefehl über die
Bundestruppen erhielte. Österreich mußte das

der innerdeutschen Situation gemäß ablehnen
und schloß einen ungünstigen, aber raschen
Frieden (Villafranca und Zürich), in dem es
zwar die Lombardei verlor, aber immerhin
Venetien behielt; es setzte so die preußischen
Hegemoniebestrebungen matt, — wenn auch nur
für den Augenblick. Denn Preußen vergaß seine
Absichten nicht, und die preußisch - kleindeutschen
Historiker stellten, gefolgt von der Publizistik
, weiterhin die Einigung Deutschlands unter
Preußens Führung bei Ausschaltung Österreichs
als das Ideal der deutschen Neugestaltung
hin. Daß diese Einigung — im Sinne Preußens —

Friedrich v. Schiller / Stahlstich aus dem Jahre 1837

nur bei Gelegenheit eines „Nationalkrieges" gegen
Frankreich vor sich gehen würde, zeichnete
sich schon damals recht deutlich ab. Der Artikel
schließt:

. .. mein deutsches Volk, bewähre deinen patriotischen
Geist und zeige es, nach außen und innen, daß
deine Schillerfeier einen tiefern und höhern Sinn
hatte, als Säcularfesle gewöhnlicher Gattung haben.

Schiller — oder besser: sein Name nur, denn von
Schillers Wesen hatte jener Schreiber gewiß
nicht einen Hauch verspürt — wird hier also zu
nationalpolitischer Propaganda mißbraucht. Der
Schwabe Schiller hätte sich das wohl auch nicht
träumen lassen, daß er einmal als Vorspann für
preußische Politik am Oberrhein benutzt würde.
Nun, ein Markgräfler hatte jenen Artikel nicht
geschrieben.

Wohl aber setzte ein Markgräfler unter den
Freiburger Artikel im „Oberländer Boten" eine


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