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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1959-12/0010
durch die Lüfte fährt und nächtens Geschosse über
Schlafende wirft...

Der Teufel (in höchster Steigerung): ...Und Geschosse
werden sein, so groß, daß ihrer wenige genügen, ein
Land, ein Volk, Völker in Minuten zu vernichten...
Der Zwang ...

Bertold Schwarz (unterbricht ihn, aufschreiend):
... Die Macht... der rätselvolle Befreier ... stürzt
in das Grundlose ... ins Leere ... das ... keinen
Widerhall mehr kennt . . . O Gott ... ich gehe . . .
Gott . . . ich komme . . . Ich war . . . besessener
Former . . . meiner selbst . . . Ich verweigerte mir
das Mögliche . . . weil ich freiwillig . . . das Unerwünschte
zu tun hatte ... Franz von Assisi... : Du
hattest recht... Die schlimmste Zerstörung ... ist
die ... des Gewissens ... Schmerzlichstes Verletzen
... ist das der Menschenwürde!... Ewig entdeckt...
der Geist... Ob Frau Margret, meine Mutter... die
Bäuerin aus dem Markgräfler Lande . . . mir verzeiht
... ? O Gott...

Er sinkt hintenüber und stirbt.

Der Teufel (jetzt mild, wieder der Betende des Vorhallen
-Reliefs): Wintersonnenwende! Deine letzte,
Bertold Schwarz, Grübler deines Ordens!

Er neigt sich über ihn.

Komm': ich bette dich neben den Turmbalken, auf
dem du starbst.

Er tut es.

Du bist nicht schwer. Wo der Geist sucht, kann kein
Fett wachsen.

Er legt ihm die Hände über der Brust zusammen.

Ich kenne das Gesetz deines Ordens. Diese schlanken
Hände — wahrhaftig: Wunder sind sie!

Er zieht ihm die Lider über die Augen.

Reglos bist du nun. Ich schließe die Tore. Wie schön
ist dein Antlitz im Tode, umrahmt vom Bart der
Weisen.

Der Teufel erhebt und entfernt sich, indes er
spricht, allmählich nach hinten von der Leiche.

Ja, Bertold Schwarz: der letzte Schein der Gipfelfeuer
steht in der Nacht deiner Berge. Deines Volkes
Lebensform gründet auf dem Gesetze der Spaltung.
Du gingst. Ich weiß: je eitler du warst, um so tiefer
verachtetest du dich. Deine Schwäche ließ dich die
Möglichkeit der Macht gewinnen. Ich ahne das Ende
dessen, was Religion des Menschen sein will. Dann
kommt die Alleinherrschaft der Sitte: das neue
Grauen... Ich aber bleibe im Relief des Vorhallengiebels
und bete für die Gespaltenen . . . Wintersonnenwende
! ... Lange war ich nicht mehr hier
oben . . . Ich gehe . . . Mönchlein: deine Laterne
leuchtet . . . Du aber bist nicht mehr . . . Wintersonnenwende
! ...

Der betende Teufel verschwindet.

Im Markgräflerland vor hundert Jahren

@ct)ülec6 t)unbectfät)üiget: Olkbuttötag unb Me WarFgräflec

(Schluß.)

Als Übernahme aus einem Buch über Schillers
Leben bringt die gleiche Nummer sodann noch
einen Artikel über das Hochzeitsgut von Schillers
Eltern. Interessant erschien der Lörracher
Redaktion des „Oberländer Boten" auch ein Bericht
aus Frankfurt, in dem nach den Tagesab-
Schlüssen der dortigen Eisenbahnkassen ausgezählt
wurde, daß rd. 35 000 Fremde dem Frankfurter
Schill er fest beigewohnt hätten (Nr. 137
v. 18. 11. 1859). Interessant erschien ihr ebenso,
daß die Gesellschaft der Freunde der russischen
Literatur in Moskau dem Vorsitzenden der
Schillerfeier in Leipzig ein Telegramm übermittelt
habe (ebd.). Sehr klein ist eine Notiz des
Inhalts:

Auf dem Rütli wurde der 100jährige Geburtstag
Schiliers von den Leuten von Uri, Schwyz und Unterwaiden
gefeiert und beschlossen, dem Sänger des
Teil und der Taten der Urschweiz am Mythenstein
eine Gedenktafel zu setzen, (ebd.)

Auch daß in Paris unter „einem wirklich erstaunlichen
Zudrange" eine erhebende Schillerfeier
stattgefunden habe, meldet Nr. 137 des
„Oberländer Boten", und zwar in einem sehr
ausführlichen, aus einer größeren Zeitung übernommenen
Artikel. Der Pariser Festredner, ein
Dr. Kaiisch, war nicht zufrieden damit gewesen,
die Einheit aller Deutschen im Gedenken an

Schiller zu fordern, sondern hatte noch weiter
ausgegriffen:

. . . Die Feslrede von Dr. Kaiisch, die von häufigen
Bravos unterbrochen wurde, rief namentlich am
Schluß, wo der Redner sich an die Nichtdeutschen
wandte und von der künftigen, von Schiller geträumten
Verbrüderung aller Nationen sprach, einen
wahren Sturm von Begeisterung hervor...

Nun, mit großem rednerischen Aufwand Dinge
zu fordern, von denen jeder Vernünftige sich
sagen konnte, daß sie nie Wirklichkeit werden
würden, war und ist für Festredner ein Leichtes.
Politiker und Regierungen haben es schon
schwerer, vergleichsweise bescheidene Ziele zu
erreichen. Mit Schmunzeln wird das Markgräfler
Volk, in dessen guter Erinnerung das preußische
militärische Eingreifen damals vor zehn Jahren
(1848/49) im badischen Lande war, in seinem
heimatlichen „Oberländer Boten" (Nr. 138 vom
21. 11. 1859) gelesen haben (als Übernahme aus
der „Badischen Landeszeitung"), daß es der so
sehr die politische Ordnung liebenden preußischen
Regierung unmöglich gewesen war zu verhindern
, daß an Schillers Geburtstag in Berlin
üble Ausschreitungen stattfanden. Die „Badische
Landeszeitung" beginnt den fraglichen Artikel
sogar mit unverkennbarer Ironie:

Berlin scheint in der Tat einen Pöbel zu besitzen,
dessen Roheit in grellem Kontrast zu dem Namen
einer Hauptstadt der Intelligenz und Bildung steht.

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