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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1959-12/0013
wirt Müller vorgefahren, wurde mit vielen
Bücklingen ins Haus komplimentiert und verstand
es, sehr vornehm und herrschaftlich zu
speisen. Als aber die Bezahlung von Tag zu Tag
ausblieb, roch der Hechtwirt den Braten. Er
meldete die verdächtige Sache dem Oberamt, das
sich nun den teuren Gast beschaute und sich des
zwei Jahre zurückliegenden ähnlichen Falles
erinnerte. Den richtigen Name wußte man nicht,
denn Grimaldi bestand hartnäckig auf seiner
Prinzenschaft. Hier zeigte sich der Einfluß des
selbstverliehenen Titels: man hatte damals nicht
die für Landstreicherei übliche Zuchthausstrafe
verhängt, sondern ihn an die Landesgrenze gebracht
und abgeschoben. Nicht ohne ihn für
immer des Landes zu verweisen und ihm mit
strenger Haft zu drohen, wenn er wieder die
Vorlande betreten sollte.

Dieser Fall war nunmehr eingetreten. Der
Magistrat von Freiburg war der Ansicht, man
müsse die Drohung wahr machen und das Betrügerpaar
auf einige Monate in das nächstgelegene
Zuchthaus abgeben. Die Regierung war
merkwürdig milde. Man kannte Grimaldi, „bei
all dessen so häufigen Arretierungen kein weiteres
Vergehen als jenes des Landstreichens gebracht
wurde, und da solcher im Kopfe mehr
verwirrt, als ein geflissentlicher Betrüger zu sein
scheint", so wolle man von der Zuchthausstrafe
absehen. „Das Oberamt Altdorf hat daher diesen
Menschen nebst seiner Gefährtin mit der Bedrohung
, daß sie im Wiederbetretungsfalle ohne
weiteres in ein Zuchthaus gebracht werden würden
, mittels des Schubs an das k. k. Ober- und
Kreisamt zu Bregenz gelangen zu machen und
den dortigen Herrn Kreishauptmann v. Vicari
zu ersuchen, diesen Aventurier weiters an die
Grenze der Schweiz oder Graubündens befördern
zu lassen."

So geschah es auch. Als der vornehme Gast,
auf den der Hechtwirt anfangs so stolz gewesen
war, auf diese wenig rühmliche Art das Land
verlassen hatte, klagte der Geprellte um die
Bezahlung der hinterlassenen Zehrschuld von
22 fl 40 kr. Das Oberamt schrieb mit beweglichen
Worten an die Regierung. Man pries das Verdienst
des Hechtwirtes. Hätte dieser das zweifelhafte
Paar nicht zur Anzeige gebracht, so
hätte es noch weitere Betrügereien spielen können
; „weswegen er in den Augen des Menschenfreundes
aller Entschädigung würdig geachtet
werden wird." Tatsächlich bezahlte die Regierung
die Schulden des sogenannten Prinzen
Grimaldi.

Es stimmt schon: auch Titel machen Leute,
wenn man sie nur hoch genug greift.

Der Deserteur

Man kann das Sprichwort von den Preußen,
die keinen hängen, sie hätten ihn denn, genau
so gut auf jede andere Nation anwenden. Das
zeigte sich an einem Ersuchen, das der französische
Brigadier Serviez 1797 nach Wien gerichtet
hatte.

Am 18. April war der Präliminarfrieden von
Leoben geschlossen worden, nachdem General
Bonaparte seinen Gegenspieler Erzherzog Karl
aus Italien bis nach Klagenfurt zurückgeworfen
hatte und Kaiser Franz Wien selbst bedroht
sah. Frankreich fühlte sich durch die Tatkraft
Bonapartes als Herr. Da man sich vor Kammerdienern
seiner schmutzigen Wäsche nicht zu
schämen pflegt, ist das im Grunde beschämende
Schreiben an die österreichische Regierung gerichtet
worden.

Der französische Brigadier teilt mit, „daß der
bei ihm als Adjutant gestandene, mit einer
beträchtlichen Geldsumme und zwei Pferden
flüchtig gewordene Offizier Moranville sonst
auch Tillmont" genannt, aufzuspüren sei, da
man vermute, er habe sich in die österreichischen
Lande begeben. Sein Steckbrief lautet:

„Tillmant Moranville Offizier von der 26ten
Halb - Brigade der Infanterie, angeblich von
Sedan im Ardenner-Departement gebürtig, bei
28 oder 30 Jahre alt, ungefähr 5 Schuh 5 Zoll
hoch, hat schwarze Haare, ein kleines röthlichtes
Gesicht und schmalen Wuchs, — trägt einen
blauen Frack, runden Hut, pflegt stark Toback
zu schmauchen, spricht deutsch und französisch,
reitet einen Rappen."

Ein anschauliches Bild dieses Ehrlosen. Er
wurde trotzdem nie erwischt. Auch die Franzosen
hängen keinen, sie hätten ihn denn.

Gerechtigkeit erhöht ein Volk

Denunzianten gab es zu allen Zeiten, Kollaborateure
, zu Recht und zu Unrecht Beschuldigte,
Verräter um des eigenen Vorteils und der eigenen
Sicherheit wegen. Ebenso gab es zu allen
Zeiten die Rache an diesen Menschen, wenn der
Feind das Land verlassen hatte. Man tut gut
dabei, zwischen schuldhafter Rache und gerechter
Sühne zu unterscheiden.

Im Juli 1797 beantragte Bürgermeister Reut-
ter von Rheinfelden bei der v. ö. Regierung die
Eröffnung einer Untersuchung gegen den Bier-
sieder Joseph Kieni aus Rheinfelden. Dieser
wurde von der Bevölkerung „der Verräterei und
veranlaßter Abführung dreier Bürger nach
Hüningen" beschuldigt. Es entspricht schon der
betrüblichen Erfahrung, daß Masse und Recht
öfters in hoffnungslosem Gegensatz zueinander
stehen, und daß die von wirklichem christlichen
Leben erfüllten Herzen sehr einsam und
sehr selten sind.

Schon im August sah sich der Angeschuldigte
genötigt, bei der Regierung um Schutz zu bitten
, da „die Bürger und Inwohnerschaft, durch
die Anzeige als wäre er der Urheber, daß drei
Bürger von den Franzosen abgeführt worden
wären, gegen ihn höchstens erbittert seien und
Gewalttätigkeiten auszuüben drohen."

Die Regierung bewahrte trotz der Schwere
der Anklage und dem Druck der „öffentlichen
Meinung" den gelassenen Standpunkt des Rech-

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