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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1960-01/0018
hütte auf dem nächtlichen Teutoburger Walde
mit seiner Frau führt, während über ihm das
Schwert Armins zum Richtschwert über die
Dumpfheit des Volkes wird.

„Die Einsamen und ihr Volk" nennt sich dieser
erste Teil des Buches.

Der zweite Teil bringt eine Fülle kleiner
Erzählungen. Ob es die Anekdote von der mißratenen
Ehestiftung ist, vom gekränkten Baumeister
oder von den Drehorgelmännern und
den Mädchen am Brunnen vor dem Fenster des
Königs, sie sind meisterhaft in Form und Sprache
, sie führen alle in die Tiefe. Reinhold Schneider
läßt in einer seiner Skizzen Ramon, den
edlen Spanier, die Worte sprechen: „Unser
Leben ist so gefügt, daß die Wahrheit auf uns
zuschreitet; und wenn wir ihr begegnet sind,
müssen wir sie tun". Sie schritt auch auf J. P.
Hebel zu in jener Nacht zu Emmendingen, als
er sich zum Verzicht auf das ersehnte Leben in
der Oberländer Heimat durchrang. Es ist die
Wahrheit, die vor Galilei tritt und das Bekenntnis
zu ihr fordert. Sie ist die Predigt dieses
Buches und dieses Lebens.

Reinhold Schneider: Der ferne König. Herder - Verlag, Freiburg.

Emil Baader:

2lneF5oten am öem almanntfdjen tanb

Das Staatsgeheimnis

Der Gallöri, ein Eigenbrötler, der zuweilen
recht grob sein konnte, hatte es nicht leicht, als
es ans Freien ging.

Es ging ihm wie dem Hans im Schnakenloch:
die er wollte, kriegte er nicht, und die ihn
wollte, mochte er nicht.

Nun hatte der Gallöri eines Tages eine gute
Idee, er hielt sie aber streng geheim. Es fiel
auf, daß er in jenen Tagen den Briefträger
kaum erwarten konnte und daß er mit besonderer
Sorgfalt die Zeitung las.

Und nun geschah es, daß der Gallöri eines
Tages seinen Freunden seine ebenso hübsche wie
junge Braut vorstellen konnte. Als man ihm zu
dem blitzsauberen Weibchen gatulierte, sagte er
gelassen: „Hä, worum hätt i solle e Wüeschti
neh, e Schöni frißt au nit meh!"

Auf die Frage, wie er zu dieser Braut gekommen
war, gab er verschmitzt zur Antwort:
„Seil jsch e Staatsgheimnis!"

Billiger Stoff

Im „Schwarzwälder Bote" hatte das Mariele,
das schönste Mädchen im Obertal, gelesen, daß
es in dem neuen Textilgeschäft am Sonnenplatz
des Nachbarstädtchens besonders billige . und
schöne Stoffe gäbe. Das Mariele machte sich auf
den Weg. Der junge Verkäufer, auf den ersten
Blick in das schöne Mädchen bis über die Ohren
verliebt, zeigte der Kundin bereitwilligst eine
große Auswahl. Bald war ctas Richtige gefunden..
Auf die Frage, was der Stoff koste, antwortete

Engel am Münster zu Freiburg

Über die drangvolle Enge der Straßen,
Über die Wirrnis der Dächer gestellt,
Ragst du in größeren, edleren Maßen,
Zeiten entwachsen, die längst wir vergaßen,
Künder und Bote jenseitiger Welt.

Drunten im Dämmern von Staub und von Steinen
Hastet das Leben den irdischen Lauf,
Du aber wendest den Blick nicht zu deinen
Himmlischen Brüdern, den strahlenden, reinen
Sternen des nächtlichen Äthers hinauf.

Immer nur senkst du zum dunkelnden Grunde
Lautlos und mahnend dein stilles Gesicht:
Gänzlich bereit der verheißenen Stunde
Harrst du, das tönende Erz schon am Munde,
Hüter der Stadt, auf das letzte Gericht.

Lächelnd ob allen vergänglichen Mächten
Wartest du stumm auf des EINEN Gebot.
Siehe, dann unter den Herren und Knechten
Scheidet Verworfne dein Ruf von Gerechten:
Ewiges Leben vom ewigen Tod!

Karl - L. Heyligenstädt

der Verliebte: „Der Meter einen Kuß!" — Das
Mariele sagte darauf: „Also, schneiden Sie mir
fünf Meter ab, morgen kommt meine Großmutter
und bezahlt den Stoff, dann bekommen
Sie Ihre fünf Küsse!"

Nimm und lies!

Der C. F. Müller - Verlag, Karlsruhe, hat in einem
handlichen Bändchen die Rede herausgebracht, die der
letztjährige Hebelpreisträger, Carl J. Burckhardt, am
9. Mai 1959 im „Schatzkästlein" in Lörrach gehalten hat.
Sie war zuerst verabredungsgemäß in der Schriftenreihe
des Hebelbundes erschienen. Bürgt schon der Name
Burckhardt für Qualität — aus seiner Feder stammt
auch die entzückende Novelle „Ein Vormittag bei einem
Buchhändler in Paris" —, so ist darüber hinaus diese
Schau des „treuen Hebels", dessen ethische Begriffe
noch nicht der Inflation verfallen sind, besonders umfassend
und ansprechend. Wer diese zu Herzen gehende
Ansprache damals in Lörrach gehört hat, wird den
Wunsch haben, sie für immer schwarz auf weiß zu besitzen
; wer sie nicht gehört hat, sollte erst recht darnach
greifen. Er wird seine helle Freude daran haben und
den Dichter von neuem lieben lernen.

Wir möchten jeden Freund des Landvolks — und
das sind wir Hebelleute doch alle, da sich Hebel ja auch
an die „Freunde ländlicher Natur und Sitten" wendet —
noch auf ein anderes Büchlein hinweisen, das sich
„Der lachende Bauer" nennt, mit dem Untertitel
„Lustige Geschichten für das Landvolk, aber auch vom
Städter vergnüglich zu lesen". Es wurde von Dr. O.
Kohler, Karlsruhe, im Verlag des „Karlsruher Boten"
herausgegeben. Der Titel besagt nicht zuviel: man kann
die 39 kleinen Anekdoten nur mit einem verstohlenen
Schmunzeln lesen, das dann und wann in ein fröhliches
Lachen ausmündet. Es tut einem gut, solche biederen
Erzählungen, die fast durchweg in Hochdeutsch geschrieben
sind, sich zu Gemüte zu führen. Man hat uns so
oft den bis zum Überdruß karikierten dummen Bauern
vorgeführt; hier werden der kluge, manchmal wohl auch
witzige Mann und die Frau aus dem Bauernstand glaub-
haft gezeichnet. Richard NutzingerH

Carl J. Burckhardt: „Hebelrede, gehalten am 9. Mai 1959 jm Schatzkäst -
Iein zu Lörrach". C. F. Müller-Verlag, Karlsruhe, Preis 1,40 DM.
Dr. O. Kohler: „Der lachende Bauer", Verlag des Karlsruher Bote«. Preis
4,50 DM. - - - *

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