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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1960-02/0018
Ich bin sicherlich weit entfernt, das Gedicht an sich
tadeln zu wollen; es ist ein schöner, gemütlicher
Ausdruck unseres heiteren Volksdichters,...

— als ob die Tiefe Hebels mit dieser oberflächlichen
Etikettierung auszumessen wäre! —

eines jener ansprechenden Lieder an die Freude,
wie wir sie bei vielen der edelsten Dichter aller
Zeiten und aller Völker finden. Allein eine ganz
andere Frage ist die, ob gerade dieses Lied und ob
gerade diese Verse von den vielen köstlichen, welche
wir unserem Hebel verdanken, die für sein Denkmal
passendsten und ob nicht andere zu finden
sind, welche sein ganzes, sein innerstes Wesen,
welche den innersten Charakter seiner Werke treffender
uns darstellen, als die gewählten. Und doch
wird man nicht in Abrede stellen wollen, daß gerade
dieses der Zweck einer Inschrift sein soll, welche
aus den eigenen Werken und Aussprüchen eines
Mannes entnommen wird, dessen Andenken durch
ein öffentliches Denkmal verherrlicht werden soll.
Die Freude an Gemütlichkeit, an heiteren, berechtigten
Genüssen des Lebens bezeichnet jedoch nur
eine Seite des Wesens unseres Dichters, sie umfaßt
ihn nicht ganz und umfaßt noch weniger den Charakter
des ernsten, sinnigen Volkes, welchem er
entsprossen und welchem seine Lieder gelten...

Diesem letzten Satz wird man ohne Frage beipflichten
. Um so unverständlicher, daß Winter
die vorhin zitierte Strophe nicht als des Denkmals
würdig anerkennen wollte (daß die mit
„Wenn cTGlocke schalle ..." beginnende Strophe
tatsächlich gemeint war, geht aus dem nächsten
Satz hervor):

Die Aufforderung zum Genuß jener Lebensfreuden,
welche „e rüeig Gwisse" gestatten, mag an dem
Wiegenfeste Hebels in hellen Tönen und in seinen
eigenen Worten erklingen, wie sie die gehobene,
freudige Stimmung des Augenblicks dem Dichter

selbst gegeben, aber sie paßt nicht auf das metallene,
allen Zeiten gewidmete Denkmal. Der Beschauer,
welcher, wie wir alle hoffen wollen, nach vielen
Jahrzehnten noch an den freundlichen, gedankenreichen
Zügen des Dichters sich erfreuen und den
Grundton, den Gesamteindruck seiner Lieder darin
wiederfinden soll, muß auch durch die Inschrift des
Denkmals erwärmt und zu den ernsten Grundgedanken
aller Werke Hebels hingeleitet werden,
welche auf den Inschriften des Karlsruher Denkmals
sich ausgeprägt finden.

Dem Festvorstand zu Hausen wird es sicherlich nicht
schwer fallen, hiernach eine andere passende Inschrift
zu finden oder durch eine Aufforderung in
diesem Blatte an Hebels Freunde mit geeigneten
Vorschlägen erfreut zu werden. C. Winter.

Solcherlei also hatte Herr C. Winter zu sagen.
Einen eigenen Vorschlag machte er nicht. Tatsächlich
kamen dann auch auf das Hausener
Denkmal andere Strophen als die vorgeschlagenen
; man wird sehen, ob sie das „innerste
Wesen" Hebels besser trafen als die ursprünglich
geplanten. Die hier zum Vergleich angezogenen
des Karlsruher Denkmals vom Jahre 1835
aber seien ins Gedächtnis gerufen. Sie lauten
— die eine ist aus „Der Wegweiser", die andere
aus „Der Wächter in der Mitternacht" —:

Und wenn de amme Chrützweg stohsch,

und nümme weisen, wo's ane goht,

halt still, und frog di Gwisse z'erst,

's cha dütsch, Gottlob, und folg sim Roth...

Und isch's so schwarz und finster do,
se schine d' Sternli no so froh,
und us der Heimet chunnt der Schi;
's muß lieblig in der Heimet sy...

(Schluß folgt.)

Wiönih - Hingt Mefec TTame rüdjt tuot)llauten& w\t Wupr7

Richard Gäng's originelles Gedicht «Das „ö"», Hans
Schöpflin zum Geburtstag am 22. Dezember 1959 gewidmet
, erschienen im Weihnachtsheft der „Markgrafschaft
", ist uns Anlaß, in der Zeitschrift des Hebelbundes
einmal über Hebels „Kollegen" Eduard Mörike
zu sprechen, geboren 1804 zu Ludwigsburg, gestorben
1875 in Stuttgart.

Krankheitshalber mußte der Peregrina- und Orplit-
Dichter vorzeitig in den Ruhestand treten. Es war dies
im Jahre 1843. Er mußte seine Dienstwohnung in Cleversulzbach
im „Unterland" aufgeben. Er hatte die Absicht,
nun nach dem schön gelegenen Schwäbisch Hall überzusiedeln
. Da er dort aber zunächst keine Wohnung
fand — so etwas kam also auch damals schon vor —
war er froh, daß sein „Urfreund" Wilhelm Hartlaub ihn
und seine Schwester Klara nach Wermutshausen einlud
, das zwischen Mergentheim und Rothenburg o. T.
liegt.

So wohnte Mörike im Winter 1843/44 in diesem Dorfe,
wo heute noch die steinerne „Mörikebank" sowie der
„Mörikebrunnen" im benachbarten Ebertsbrunn an den
Dichter erinnern.

Auf Anregung eines Mörikefreundes aus dem Badnerland
wird im Frühjahr 1960 eine Gedenktafel zu
Ehren Mörikes und Hartlaubs am Pfarrhaus zu Wermutshausen
enthüllt, zugleich wird dem Pfarrhaus ein
Hartlaub-Mörike - Gedenkbuch übergeben mit Bekenntnissen
älterer, neuerer und auch heutiger Schriftsteller
zu Mörike.

Das erste Bekenntnis schrieb der 1906 in Stuttgart
geborene, in Sulzbach an der Murr wohnende Schriftsteller
Dr. Emil Wetzel, Herausgeber der schönen Anto-
logie „Brot und Wein". Sein Bekenntnis an Mörike
erinnert an Richard Gängs Gedicht an Schöpflin.

Wetzel schreibt: Mörike — klingt dieser Name
nicht wohllautend wie Musik an unser Ohr?

Vernehmen wir darin nicht einen hellen Ton, etwas
wie Himmel im Mittagslicht, wie die Goldglockentöne
einer Geige?

Und doch ruht in seinem volltönenden «ö» eine
eigene Schwere, dröhnt etwas wie Erz aus der Tiefe
und lockt geheimnisvoll — wie die Namen Goethe und
Hölderlin.

Ist es ein Zufall, den eine sinnige Muse erdacht hat?

Wir wissen es nicht. Aber es beglückt uns, wie der
Name Mörike zart und feenhaft lockt, noch ehe wir
die Schwelle in den Innenraum seiner Dichtung überschreiten
.

Des «ö» wegen sei auch das Bekenntnis des schwäbischen
Dichters, Pfarrers und Mörike - Biographen
Albrecht Goes, der gute Freunde in unserem Mark-
gräflerland besitzt, angeführt. Er schreibt über Mörike:

Wir bezeugen, daß das Vorhandensein Mörikes in
der Welt sein Dasein in der spannungsreichen Einheit
von Leben und Kunst, den Bestand an Helligkeit in der
Welt vermehrt hat.

Wo immer wir ihm begegnen, erreicht ihn der Abglanz
des Lichtes, jenes Lichts, das vom Dunkel weiß
und doch als aus unversieglicher Quelle gespeist, dieses
seines göttlichen Ursprungs in sich selbst gewiß — nicht
schwindet und nicht altert.

Daß Mörike eine große Sympathie für Johann Peter
Hebel besaß, ist uns aus zahlreichen Briefen des Dichters
bezeugt.

Freuen wir uns, daß wir im Lande Baden-Württemberg
einen Hebel und einen Mörike besitzen.

Ja das «ö» — wir wollen es lieben! E.Baader

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