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Die körnerreiche Pfalz und das Herzogtum Wir-
temberg haben vor uns ein ähnliches Verbot in
ihren Landen ergehen lassen; jetzt ist die Pfalz,
woher sonst die Körner ins Breisgau kommen,
sogar ganz gesperrt".
Wenn der Markgraf von Baden bisher nicht
ähnliche Verfügungen erließ, so lag es daran,
weil die v. ö. Fruchtmarktstätten zu Freiburg,
Staufen und Endingen die seinigen zu Müllheim
und Emmendingen bisher nicht aufkommen
ließen. Wenn es nicht gelingt, das obige Gebot
zur Wirksamkeit zu bringen, wird Freiburg unfehlbar
als Marktstätte verlieren und das markgräfliche
Emmendingen einen gewaltigen Aufschwung
nehmen. Es sei dann zu befürchten,
daß der Zug der Käufer sich für immer nach
Emmendingen richten würde, „wovon die Zur-
zacher Messe, welche vordem in Konstanz war,
ein leidiges Beispiel ist". Endingen hatte zwei
bis drei Jahre zuvor auf ähnliche Weise einen
Hauptviehmarkt an sich zu ziehen verstanden.
„Unsere Metzger müssen ihr Schlachtvieh vielleicht
bald ganz dorten holen".
Um der Not zu steuern, weist der Kaiser aus
dem in Schwaben erkauften Getreide ein größeres
Quantum gegen bare Bezahlung an.
Zu diesen wirtschaftlichen Sorgen, die aus
der Erkenntnis heraus behoben werden müssen,
daß ein voller Magen seine Ruhe liebt, gesellen
sich die militärischen Schwierigkeiten. Die kaiserliche
Regierung lehnt die Verlegung einer
Division leichter Reiterei nach Freiburg hartnackig
ab, „da hierdurch nur ein bedenkliches
Aufsehen erweckt würde".
Am 1. November schickte Freiburg den letzten
Lagebericht des denkwürdigen Jahres 1789
nach Wien. Man war in Freiburg von der kaiserlichen
Anordnung nicht sonderlich entzückt gewesen
, mit dem Markgrafen von Baden in entgegenkommender
Weise zusammenzuarbeiten.
Dies kommt deutlich in folgendem Satze zum
Ausdruck: Ohne den kaiserlichen Befehl hätten
wir „uns hierunter mit demselben in nichts eingelassen
, weil wir aus der Erfahrung wissen,
daß der H. Markgraf oder sein Ministerium alle
Anstalten scheuet, was in die Länge kostet und
daß dessen Ministerium nicht gewohnt ist, Anträge
zu machen, wenn es nicht drei Vierteile
vom bezielten Nutzen für sich voraus hat".
In den drei oberen Ortenauer Kreisen war
inzwischen die Ruhe wieder ganz hergestellt, im
Kreise Achern hingegen hatte sich der Rumor
noch nicht gelegt. Da die Gefahr aber nicht
mehr so dringlich war, hatte man genügend Zeit,
sich gegenseitig zu reiben. So bat der Gerichtsvogt
von Unterachern um die Entsendung von
vier badischen Ordonanzhusaren von Bühl, um
die Verbindung zwischen beiden Seiten zu pflegen
und die Ordres hin und her zu bringen.
Baden lehnte ab, und der Bericht meldet höhnisch
: „Baadischerseits besorgte man aber, diese
Husaren möchten von den diesseitigen Bauern
zu todt geschossen werden, und so blieben diese
Husaren bei den ihrigen zu Hause".
Der markgräflich badische Landvogt Freiherr
von Liebenfels überbrachte ein Schreiben der
Regierung zu Karlsruhe, „welches unter vielen
langen Umschweifen und Krümmungen sagt, daß
der H. Markgraf sein Truppen wieder außer
Soldes bringen wolle; er glaube sich wieder
sicher", v. Greifenegg meldete des weitern, daß
man immer wieder von badischer Seite, neuerdings
durch den Landvogt von Plittersdorf, das
Ansinnen stelle, die Rädelsführer unverzüglich
aufzuhängen; „daß man eine schriftliche Aufforderung
zur Verteidigung der Religion, das heißt
zum neuerlichen Aufstand bei Ortenberg gefunden
habe; daß ein Bürger aus Nußbach namens
Kleinmann, der beim ersten Aufstand die Hauptrolle
gespielt habe, sich neuerlich auf das
keckeste und unverschämteste betrage; daß man
die badische Hilfe nicht ganz ausschlagen könne,
hingegen er nicht notwendig habe, die zwo
Kanonen auszuschlagen, da man selbe ohnehin
nicht bekommen würde, wenn man sie verlangte;
daß die Gutgesinnten wünschten, daß man die
Rädelsführer niederwerfe. Der Herr Bischof von
Straßburg habe seinen aufgestandenen Untertanen
alles Verlangte zugesagt, welches von
bösen Folgen für die unsrigen seie und zu neuen
Unruhen Anlaß geben dürfte. Das beste sei,
keine Furcht zu verraten und gleich selbst an
Ort und Stelle hinzugehen. In Oppenau, im
Bischöflichen, soll ein neuerlicher gefährlicher
Aufstand gewesen sein".
Von den eigenen Untertanen war vorläufig
nichts zu befürchten, da die unruhigsten Gemeinden
Fautenbach, Önsbach und Gamshurst durch
Abgeordnete Abbitte geleistet und steten Gehorsam
fernerhin zugesichert hatten. Zu der Ankündigung
des Markgrafen, seine Truppen entlassen
zu wollen, vermutete v. Greifenegg, dieser
warte nur auf das Angebot, die Bezahlung derselben
österreichischerseits zu übernehmen. Freiburg
gab aber in Karlsruhe höflich zu erkennen,
daß man seine Militärmannschaft zu allen Stunden
getrost nach Hause schicken könne. Damit
nahm man an, dem Markgrafen einigen Ärger
zu bereiten.
Man glaubte in Freiburg, die weiter oben
angeführte kaiserliche Entschließung dahin auslegen
zu dürfen: „Wir sollen zur Zeit auf österreichische
Hilfe nicht zählen, noch sei notwendig,
Reichsfürsten darum anzugehen, sondern man
solle bis auf weiteres die Ortenauische Wut austoben
lassen". Den Markgrafen von Baden aber
jemals um Hilfe zu ersuchen, sei bei dessen klar
daliegenden sparsamen Absichten mit der Größe
und Würde seiner Majestät, welche selbst keine
Reichs - Hilfstruppen zum Türkenkrieg auffordere
, nicht zu vereinbaren.
Man konnte nicht daran denken, die österr.
Truppen ebenfalls zurückzuziehen, da man in
der Bevölkerung dies als Furcht und Ängstlichkeit
hätte auslegen können; man beabsichtigte
im Gegenteil weitere hundert Mann von der
Freiburger Garnison v. Greifenegg zur Verfügung
zu stellen.
Die von Rheinfelden befürchteten Unruhen
waren durch die Entlassung Rittnauers aus der
Haft verhütet worden.
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