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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1960-05/0016
wohnhaften Bediensteten der Eisenbahn auf
Weiler Gebiet angesiedelt, und der Stadtteil
Leopoldshöhe erlebte einen raschen Aufschwung.
Moderne Geschäftsviertel bilden heute hier zusammen
mit den nach dem zweiten Weltkrieg
entstandenen Siedlungen das Herzstück der Gesamtgemeinde
, die im Jahre 1929 unter der
Bezeichnung „Weil am Rhein" das Stadtrecht
verliehen erhielt. Ist der Stadtteil Mitte ausschließlich
Wohn- und Geschäftszentrum, so ist
der Ortsteil Friedlingen — westlich der Eisenbahnlinie
Freiburg - Basel — Sitz der Industrie.
Die Ansiedlung von Textilindustrie in Friedlingen
, im Jahre 1880 beginnend, von kleineren
Präzisionsbetrieben (Schrauben-, Sägeblattfabrik)
brachten eine Belebung dieses Ortsteils mit sich.
Der Ausbau des Weiler Rheinhafens, begünstigt
durch die räumliche Beengung des Basler Hafens
und der dadurch bedingten Ausweitung auf Weiler
Gelände sorgte für einen weiteren wirtschaftlichen
Aufschwung. Als vorläufiger Endpunkt

der Autobahn Frankfurt - Basel wird Weil weitere
Bedeutung erlangen. Der Dreiklang Schiene-
Straße-Strom ist das belebende Element für eine
weitere Entwicklung des Gemeinwesens, dessen
Bevölkerungszahl jetzt 17 000 überschritten hat.
Welche Möglichkeiten sich durch die geographisch
und verkehrstechnisch günstige Lage in
der Zukunft und besonders im Hinblick auf den
zu erwartenden Gemeinsamen Markt wirtschaftlich
bieten, läßt sich im Augenblick noch nicht
vollständig übersehen.

Jedenfalls ist die Geruhsamkeit und Behaglichkeit
des alten Rebdorfes Weil einer regen
Geschäftigkeit gewichen. Durch die Zusammenführung
von Menschen aus allen Teilen Deutschlands
wurde hier ein neuer Typ geschaffen, der
durch seine unmittelbare Beziehung zur Natur
noch (oder wieder) heimatverwurzelt ist, durch
seine grenzsprengenden Verbindungen aber seinen
Blick über den engeren Raum hinaushebt in
eine Zukunft, die dem Tüchtigen gehört.

Dr. Scheffelt:

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Im römischen Weltreich konnte sich das
Christentum nur langsam ausbreiten. Mehrere
Kaiser, besonders Nero, der von 54 bis 68 regierte
, verfolgten die Christen und versuchten
sie auszurotten.

Das römische Heer mußte den offiziellen
Kaiserkult mitmachen, der Kaiser war „gottähnlich
" und genoß entsprechende Verehrung.
Daneben wurden noch andere Gottheiten verehrt
, in Badenweiler die keltische Dea Abnoba,
vereint mit der römischen Diana, anderwärts
Epona, die Pferdegöttin. Dazu Jupiter, Mars,
Fortuna, Venus u. a.

Eine ernste Konkurrenz für das junge Christentum
war der persische Mithraskult, der seit
dem Jahre 70 im römischen Reich große Fortschritte
machte. Diese Religion bekannte sich zu
einer Fortdauer nach dem Tode und kannte
einen Erlöser; hatte also gewisse Ähnlichkeiten
mit dem Christentum. Soldaten und Händler,
die schon in Vorderasien waren oder von dort
stammten, haben die Mithras-Verehrung in die
Rheinlande gebracht. Die Tempel dieses persischen
Lichtgottes enthielten meist das Bild eines
Jünglings, der einen Stier tötet; es sind solche
Mithras-Steine von Neuenheim und Osterburken
in Baden bekannt; auch Riegel am Kaiserstuhl
hatte ein kleines Mythräum. Ursprünglich war
Mithras ein Soldatengott, wurde aber auch von
der Zivilbevölkerung verehrt und war „bis weit
in die Mitte des 4. Jahrhunderts hin ein Konkurrent
des frühen Christentums" (Pörtner).

Die ägyptische Isis-Religion müssen wir auch
erwähnen, weil eine Isis-Statuette in Badenweiler
gefunden worden ist. Im nahen Äugst bei
Basel (Augusta Raurica) und vor allem am unteren
Rhein konnten Isis-Gemeinden nachgewiesen
werden; bei uns in Badenweiler gab es wohl
einige Verehrer dieser Göttin, die man darstellte
mit Kuhhörnern (Symbol der Fruchtbarkeit) und
mit einer Schlange.

Nun kommen wir endlich zum Silberplätt-
chen, das im Jahre 1784 in der römischen Badruine
gefunden wurde. Das dünne Plättchen, das
mit Schriftzeichen bedeckt ist, wurde wahrscheinlich
in gerolltem Zustand, in einer Kapsel
verwahrt, am Halse getragen. Die Entzifferung
der Schrift machte anfangs Schwierigkeiten, man
dachte ans Hebräische, an eine jüdische Gemeinde
im römischen Badenweiler. Jetzt kann
man folgendes aussagen: die Buchstaben sind
griechisch, der Text lateinisch. Die erste Zeile
ist unleserlich, dann werden mehrfach gnostische
Mächte und Dämonen angerufen, welche drei
Kinder Luciolus, Acheilos und Mercussa, vor
Unheil schützen sollen.

Gnostisch — das ist für einen Teil der Leser
ein unbekanntes Wort; wir wollen versuchen, es
zu erklären.

Gnosis ist ein griechischer Ausdruck und bedeutet
Erkenntnis, Wissen, geheimes Heilwissen.
Der Gnostizismus, der schon vor dem Christentum
bestand, vermischte seine alten Glaubenssätze
mit der christlichen Lehre und wurde im
1. bis 3. Jahrhundert ein ernsthafter Widersacher
des Christentums. Seine Anhänger, die Gnosti-
ker, waren besonders im Orient zu suchen, aber
auch in Griechenland. Daß auch unser Zauber-
plättchen einem Orientalen, zum mindesten
einem Griechen zugehörte, darf man aus dem
Mischmasch von Griechisch und Latein und aus
der griechischen Form der Namen schließen. Der
Fund von Badenweiler zeigt aber weiter noch,
daß das Christentum in der phantastisch mystischen
Verkleidung der Gnosis im Abendland
früh schon Zutritt gefunden hat. Eine wirkliche
Organisation der wahren Religionsform war damals
noch nicht durchgeführt, darum konnte die
Mischreligion des Gnostizismus gedeihen. Durch
das geheimnisvolle seiner Formeln war er dem
phantasievollen Morgenländer willkommen, während
er dem Westeuropäer wohl wenig Eindruck

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