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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1960-06/0004
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Umrauscht von Schwarzwaldtannen,
Vom Sonnenglanz geküßt,
Du Stadt der Alemannen,
Sei, Freiburg, mir gegrüßt!

Auf deines Münsters Turme
Stand ich so manches Mal
Und freute mich am Sturme
Und sah hinab ins Tal.

Sah die Vogesen blauen,
Sah Kaiserstuhl und Rhein,
Die weiten grünen Auen,
Die Hänge schwer von Wein.

Tief drunten Brück' und Straßen,
Die alten Tore noch:
Wie schön ohn' alle Maßen
Bist du, mein Freiburg, doch!

Wie pulst in dir das Leben,
Du liebe, alte Stadt!
Hier fügt der Jugend Streben
Sich froh der Weisheit Rat.

Und wer an deiner Quelle
Den Wissensdurst gestillt,
Dem glänzt im Herzen helle
Dein schlichtes, schönes Bild!

Und locken fremde Lieder,
Und rühmt man manches Glück:
Mich zieht es immer wieder,
Freiburg, zu dir zurück!

Bachroth:

TL\)to, Jtanbftceidjet:

Hans

Es gab eine Zeit, da gehörte der Landstreicher
Theo zur Ortenau wie das Wiesengrün und das
satte Gelb der Kornfelder, wie der schaumigweiße
Blust der Obstbäume und wie das Blaugrün
der Rebberge. Überall konnte man ihm
begegnen. Auf dem Mooskopf konnte man ihn,
wenn die Sonne über den weiten Lichtungen
brütete, plötzlich im Heidelbeerkraut und Fingerhutstauden
an einem Stamm sitzen sehen, das
Gesicht den Tälern zugewandt, die sich ihm zu
Füßen breiteten, — ein träumender Pan vor
blauen Bergen.

Oder man sah ihn singend den Dammweg an
der Rench hinunterschreiten, — einen bärtigen
älteren Mann in zerdrückten Kleidern, der einen
dicken Stock in der Hand trug. Leicht in den
sanften Wind geneigt, ging er dahin. Die Lust
ausgreifenden Schreitens wehte um ihn und ein
Drängen nach leisen Abenteuern. Aber keine
Eile; eilig sah man den Theo nie. Er ging einen
Schritt, der in sich ruhte und nur soweit ausgriff
, daß er mit Muße in sich zurückfallen
konnte. Ohne Hast folgten sich auch die Töne
seines Gesanges, dessen Wohllaut sich ohne
Worte ins Tal verströmte.

Es konnte auch sein, daß an heißen Mittagen
irgendwo aus einem Kornfeld zwei Füße in
altem, löcherigem Schuhwerk herausschauten;
daneben steckte des Theo Knotenstock und über
den Halmen hing ein abgrundtiefes Schnarchen.
Keiner der Vorübergehenden hätte den Schlafenden
zu stören gewagt. Nicht der Bauer, dem
das Feld gehörte, nicht die Frauen, die mit Eß-
körben zu den Schnittern gingen. Und nicht die
Kinder, die mit Schulranzen oder Eingekauftem
zwischen Dorf und Höfen unterwegs waren und
nun großäugig am Acker standen und sich zuflüsterten
, das sei der Theo.

Nicht als ob sich jemand vor dem alten Theo
gefürchtet hätte. O nein. Angst hatte niemand
vor ihm. Aber es war Unverständliches um seine

Gestalt und um sein seltsames Gehabe — Ehrfurchtheischendes
, Großartiges und Herrenhaftes.
Es war merkwürdig. Ob die Dorfleute in dem
alten Landstreicher und seinem genügsamen
Leben etwas erkannten und achteten, das sie im
täglichen Schaffen vergessen hatten? Ahnten die
Kinder — sie grüßten den Theo fast scheuer als
den Pfarrer und den Lehrer — in dem Landstreicher
eine Persönlichkeit, die ihren Anspruch
auf Achtung aus anderen als den gewohnten
Bezirken bezog? Ahnten sie ein Schicksal? Eine
mächtige Kraft, die es bewältigte? Ich weiß es
nicht, denn ich war damals selber noch ein Kind
und spürte nur, wie uns vor der schwarzen Gestalt
des Theo Scheu befiel, — wie aber auch
seltsame Anziehung von ihr ausging. Aber gefürchtet
oder auch nur ungern gesehen — so wie-
die Kinder auf den Höfen das streifende Zigeunervolk
fürchteten oder wie • die Bauern dem
lichtscheuen Gesindel der Landstraßen mißtrauten
—, das hat den Theo niemand.

Dazu kannte man ihn schon zu lang. Und so
vertrauten geplagte Bauersfrauen ihm ohne Reue
ihre Kinder zum Hüten an, wenn er vorbeikam;
er saß dann mit dem unruhigen Kleinvolk an
irgendeinem Rinnsal und schnitzte ihm Schiffchen
oder zeigte, wie schön und zweckvoll eine
Blume gebildet war. Kroch er des Wintermorgens
von einem Heustock, wenn der Bauer den
Futtergang betrat, so empfing ihn kein Ge-
schimpf und kein Drohen mit der Polizei. Nein,
der Bauer nahm ihn mit zur Morgensuppe und
fühlte sich noch geehrt, als sei der Herr Landrat
mit dem hohen Kragen bei ihm eingekehrt. Und
wenn die Höfe hoch oben in den Waldbergen
selbstgezogenen Samen, Wollbündel oder Nachrichten
auszutauschen oder aufs flache Land
hinauszuschicken hatten, — wer brachte derlei
für ein Stück Brot, einen Krug Most und eine
Stunde Rast in der Stubenwärme treulicher an
Ort und Stelle als der Theo? Nur Eile durfte
eine solche Bestellung nicht haben. Denn Eile

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