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Dr. Kürz meint, daß unser Ensisheimer Arzt
viel zu aufgeklärt und zu gebildet gewesen sei,
um an all diese Dinge zu glauben. Er führe sie
nur referierend an. An einer Stelle sagt Pictorius:
„Schließlich ist es eben Gott, der alles leitet und
schafft, ihm ist alles möglich."
Daß Kranke durch Ansingen geheilt werden
können, möchte Pictorius glauben, führt aber
den römischen Arzt Galen an (geb. 129 nach Chr.),
der schrieb: „Wenn der Mensch von einer an sich
wirkungslosen Sache den festen Glauben hat,
daß sie ihm helfe, so kann tatsächlich der Kranke
geheilt werden, da man ja oft wahrnimmt, daß
das Vertrauen des Patienten soviel nützt, als
die Medizin selbst".
Aus dem Mineralreich werden als Heilmittel
angeführt: Gold, Silber, Quecksilber, Blei, Eisen,
Lapis Lazuli (Lazurstein, blau, komplizierte
chemische Zusammensetzung, aus den Albaner
Bergen). Dann wird das Tragen und Auflegen
gewisser Edelsteine empfohlen. Pictorius dichtet
einen Zweizeiler darauf, den Kürz folgendermaßen
übersetzt:
„Und keinem darf es zweifelhaft und falsch
erscheinen, daß einem jeden Edelstein seine
besondere, von Gott verliehene Kraft innewohnt
".
Der Smaragd macht beredt und ist ein Gegengift
gegen Malaria. Der ihm verwandte Beryll
hilft bei Augen- und Leberleiden. Der Saphir
nährt den Menschen, auch öffnet er Fesseln und
Kerker. Der Diamant, in Gold oder Silber gefaßt
und am Arm getragen, vertreibt Gift. Das Tragen
von Topas hilft gegen Hämorrhoiden. Der
Amethyst schützt vor Trunkenheit und schafft
gute Freunde; auf den Leib gebunden vertreibt
er den Katzenjammer.
Nun wird es uns zum Schluß interessieren,
was Pictorius über die Getränke sagt. Wir geben
unserem Gewährsmann Dr. Kürz wieder das
Wort. Er schreibt: „Über das Trinken und das
Getränke verbreitet sich Pictorius wiederholt
sehr ausführlich; voran stellt er nicht das Wasser
, sondern den Wein. Die Lektüre seiner
Schriften hinterließ mir im Ganzen den Eindruck
, als ob er zwar den übermäßigen Alkoholgenuß
als Arzt verurteilte, aber doch einem
guten Glas Wein nicht abhold war. Man solle
mäßig trinken und sich damit nach der Jahreszeit
und seinem Lebensalter richten. Kinder sollen
nur gewässerten, ältere Leute stärkeren
Wein trinken, denn vinum lac senum, Wein ist
die Milch der Alten. Man solle den Wein zum
Essen trinken, da er die Döwung fürdert (die
Verdauung fördert). Als den besten bezeichnet
Pictorius den, der an den Osthängen gewachsen
die Monatszeitschrift des Hebelbundes
Sie erscheint monatlich und kostet 50 Pfg., im Postversand
60 Pfg.
ist; er soll lauter, nicht zu alt und nicht zu neu,
nicht zu süß und nicht zu sauer sein; seine Farbe
sei schön gelb. Der dicke Rotwein stärke, besonders
bei Bauchlauf, den Magen und die Gedärme;
der schiler (Schiller oder Weißherbst) sei ein
leichter Wein."
Auch eine Menge Kunstweine und Würzweine
waren damals schon bekannt. Als Zutaten seien
genannt: Salbei, Rosmarin, Augentrost, Hirschzunge
, Pfirsichblüten, dann Benediktenkraut bei
Magen- und Leberleiden. Ochsenzunge stärkt das
Herz, Fenchel die Augen. Kirschen werden zerquetscht
und samt Steinen in Weißwein gelegt.
Um den Duft der Himbeeren zu gewinnen, wird
das Faß mit Himbeeren ausgerieben und dann
mit Wein gefüllt. Über Kirschwasser und Himbeergeist
berichtet der Arzt nichts; das Branntweintrinken
kam erst später auf.
Über das Wasser wird nicht viel gesagt. Verdorbenes
Wasser soll man destillieren oder durch
einen Filz oder mit Sand und Kies filtrieren.
Über die 19 Eigenschaften, die gutes Wasser
haben soll, hat schon Galen berichtet.
Das Buch von Dr. Ernst Georg Kürz über
Georgius Pictorius ist im Jahre 1895 erschienen;
Freiburg und Leipzig, Paul Siebeck Verlag.
E. Scheffelt: $^^111^
Der noch unvergessene Oberforstrat Hamm
aus Kandern weilte vor etwa zwanzig Jahren
zur Erholung auf dem Hochblauen. Da studierte
er auch das Fremdenbuch mit seinen mehr
oder weniger witzigen Eintragungen. Mancher
Wanderer, beglückt von der schönen Natur und
der guten Fernsicht, fühlte sich dichterisch beschwingt
und schrieb seine Verse ins Gästebuch.
Es war naheliegend, zu schreiben:
Heute konnten wir vom Blauen
auch die Alpenkette schauen —
Ein anderer saß im Nebel und Regen vor seinem
Schoppen Reggenhager. Dieser Sorgenbrecher
ermunterte den zunächst so verdrießlichen Gast
zu einem Eintrag ins Buch, der lautete:
Heute kann man hoch vom Blauen
graue Nebelschwaden schauen —
Oberforstrat Hamm wunderte sich, daß so viele
Wandersleut nur Blauen auf Schauen reimen
können und er macht andere Vorschläge, die er
mir ins Notizbuch schrieb. Im Fremdenbuch, falls
es noch existiert, stehen sie auch.
Anweisung für etwaige Dichter:
Ihr reimt nur immer „Schauen" auf „Blauen";
Euch hält dieser einzige Reim in den Klauen!
Könnt ihr nicht andere Verslein bauen?
Könnt ihr nicht sonst was zusammenbrauen?
Habt ihr zu euch denn gar kein Vertrauen
Auf deutscher Dichtung grünender Auen?
Weshalb das ewige Wiederkauen?
Es reimt sich doch noch „Verdauen" und „Tauen",
Nebst lieblichen Frauen und höllischem Grauen.
Ihr lieben Poeten: es ist zum Miauen!
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