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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1960-07/0018
„Durchlauchtigster Fürst, Gnädigster Herr,
Ich unterThönigster Supplicant habe die Apo-
tecker Kunst, in Hoffnung mein glück mit auf-
richtung einer Apoteken zu Durlach oder Pfortz-
heimb einmal zu machen erlernet, erfahre aber
nunmehro zu meinem schaden, daß es mir an
beeden orthen, umb willen solche schon über-
flüßig besetzt, fehl geschlagen."

Während Faust sich allerdings dem vollen
Leben zuwendet und nach dem Höchsten strebt,
resigniert der „unterThönigste Supplicant" mit
Namen Ernst Ludwig Kühner. Das Sprichwort
„nomen est omen" findet an ihm nicht seine
Bestätigung. Er tut dies in einer für den Ort
„Mühlheimb" nicht gerade schmeichelhaften
Weise, wenn er fortfährt:

„Nun habe in dermaliger ermangelung einer
beßeren gelegenheit den orth Mühlheimb in der
Herrschaft Badenweiler ausersehn und denselben
sowohl der starken Bürger, als auch der
Nachbarschaft nicht allein anständig, sondern
der entlegenheit halber von denen Stätten allerdings
nöthig were, dannen hero in solcher ob-
sicht auch mit Ewer Hochfürstl. Durchl. Gnädigsten
Verwilligung mich ohne anstand dahin zu
begeben und eine officin nebst einem Würtz
Kram aufzurichten mich entschlossen."

Er hoffte, als Landeskind, dessen Eltern und
Großeltern schon lange Jahre in fürstlichen
Diensten gestanden hatten, ohne Zweifel die
Approbation zu erhalten.

„Worzu mir umb so ehender die unterThönigste
Höffnung mache, alß hiebevor schon die
hohe Fürstl. Gnade gehabt, unter Ewer Hochfürstl
. Durchl. Gnädigsten protection zu Gernß-
bach eine officin aufzurichten, von welcher aber
durch eingefallenen Brand und plünderung nicht
ohne meinen großen ruin abzustehen gemüßiget
worden."

Sein Schriftbild weckt unsere Sympathie.
Sein Namenszug ist klar und voller Anmut.
Wüßten wir nicht, welches Gewerbe er betreibt,
wir würden aus dieser Schrift auf einen Dichter,
Künstler oder Gelehrten schließen, fern allem
geschäftsmäßigen Denken.

Der Markgraf erteilt die erbetene Approbation
und verleiht Kühner die Personal-Freyung,
das heißt die seiner Profession zukommende Befreiung
von Fronden und Wachen. Sein Schriftstück
ist am 1. Februar 1699 ausgestellt. Gleichzeitig
weist er seinen fürstlichen Leibmedicus
Dr. Härder an, die laufende Inspektion und
Visitation der Apotheke vorzunehmen.

Schon am 23. Juli des gleichen Jahres meldet
Oberamtmann Vitztum dem Markgrafen, daß
am folgenden Tag Apotheker Kühner Müllheim
verlassen werde, „weil er allda nicht subsistiren
kan".

Die Ursache für dieses Versagen dürfen wir
nicht nur in den großen äußeren Widerständen
sehen. Aus seinem Schriftbild möchten wir
schließen, daß ein sauberer Mensch Neid, Mißgunst
und Intrigen nicht gewachsen war.

*

Noch vor seinem Wegzug aus Müllheim ging

aus Neuenburg eine neue Bewerbung um den
verlassenen Platz ein. Sie kommt von einem
Apotheker Johann Georg Kollmann. Er verspricht
, sich gegen der Hochfürstl. Durchlaucht
Untertanen also aufzuführen, „daß niemandt sich
über mich wird. mit fug zu beschweren haben
und falls sich einige Casus solten zutragen,
welche von Consideration seyndt, werde ich solches
jederzeit an Dero Leib Physicum Doctor
Harter gelangen laßen und mich deßen rahts
bedienen."

Kollmann war nicht nur Apotheker, sondern
verstand auch seine Mixturen und Salben erfolgreich
anzuwenden. Kollmanns Schrift ist
flüssiger und gleichzeitig härter als die Kühners
und weist doch eine innere Verwandtschaft auf.
Oberamtmann Vitztum zeichnet ihn in seinem
Begleitschreiben als einen liebenswerten, aufopferungsbereiten
Menschen.

Vitztums Schreiben atmet Selbstbewußtsein.
Er wahrt wohl den Abstand zu seinem Herrn,
läßt aber bei aller Untertänigkeit durchblicken,
daß er sich durchaus in die Gemeinschaft der
Regierenden einschließt. Wohl steht dem Fürsten
die Entscheidung frei. Er möchte aber als
Mann der Praxis und Erfahrung nicht daran
zweifeln müssen, seinen Vorschlag angenommen
zu sehen. Er schreibt:

„Ewer Hochfürstl. Durchl. thäten meiner mir
Gndst anvertrauten Herrschaft eine ohnschätz-
bare Gnade, wann Sie diesem Supplicanten in
seinem unterthstn Ansuchen zu deferiren Gndst
geruhen wolten, zumahlen er eine ehrliche Haut,
der so tag alß Nachts denen armen Leuthen zu
gefallen reitet und ihnen nach Vermögen bey-
stehet umb ein Geldt, so er wohl doppelt oft
verdiente, wann die Mittel da wären. Die allhier
in der Herrschaft sich aufhaltenden Barbiere
seyndt, ohneracht deren wenig etwas Wissen, so
hochmuthig, daß sie kaum wann sie gefordert
werden zu denen armen Leuthen kommen. Wollen
darbey nicht leiden, daß ein anderer ehrlicher
Mensch ihnen beystehe. — Anjetzo lieget
hier ein lediger Kerl in einem erbärmlichen Zu-
standt, von allen Barbieren, weil er bettelarm,
gantz verlassen, und wollen sie doch nicht leiden
, daß supplicierender Apotheker ihme etwas
zu Linderung seiner Schmertzen mittheile. Wie
er dann an underschiedenen Underthanen einige
glückliche Curen gethan, so wann sie die Gndste
erlaubnuß hetten umb den Gndsten Aufnahmb
dieser Persohn demüthigst einkommen würden.
Er suchet nichts alß Schutz von Ewer Hochfrstl.
Durchl. und gndste Erlaubnuß, nacher Müll-
heimb zu ziehen, der Gefahr der Religion in
Neuenburg zu endtgehen, welche täglich an ihne
setzen, begehrt darbey ohnwissendt Dr. Härders
alß Landt Physici nichts wichtiges vorzunehmen,
will sich auf begehren examiniren lassen und in
allem umb keine Verantwortung zu haben, denselben
zu consuliren."

Es war nicht anders zu erwarten, als daß dem
Apothekergesellen Kollmann daraufhin die Zulassung
erteilt würde, obwohl er sozusagen ein
doppelter Ausländer war, aus Hessen gebürtig
und im vorderösterreichischen Neuenburg wohn-

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