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haft. Er hatte sich ja selbst durch seine hilfsbereite
Liebe über die von Menschen errichteten
Grenzen hinweggesetzt.
Die Akten über Kollmann brechen hier ab.
Sievert vermerkt noch in seiner Geschichte der
Stadt Müllheim (1886): „Kollmann wohnte da,
wo jetzt das Haus von Blechner Kaltenbach sich
befindet, in einem kleinen zurückstehenden
Häuschen. Nach seinem Tode (er starb am 31.
August 1726) wird gelegentlich ein Apotheker
Schäfer, aus Durlach gebürtig, im Kirchenbuch
genannt."
*
Am Weihnachtstag 1755 meldet sich ein neuer
Bewerber um die Müllheimer Apotheke. Kamen
die Vorgänger aus dem Norden des Landes, so
stammt Johann Jakob Burckhardt aus Basel. Er
hält dafür, er sei schon „zu zimlichen Jahren
gekommen". Vor 17 Jahren hatten seine Eltern
ihn „nacher Biberach in die Lehre gethan, die
Apotheker Kunst zu erlehrnen". Er war von da
ab teils in Deutschland, teils in der Schweiz in
„considerablen Städten" gewesen, darunter auch
IV2 Jahre in Karlsruhe bei Herrn Kaufmann.
Da er nun in seinen 30er Jahren das Alter herannahen
fühlte, trug er das Verlangen in sich, sein
eigener Meister zu sein .In Basel, dessen Bürgerrecht
er besaß, waren alle Apotheken privilegiert
und besetzt. „Deswegen habe ich mir vorgenommen
, weilen ich Gott Lob genügsame Mittel
besitze, bey Ihro Hochfürstlichen Durchleucht
dem Herren Marorafen, unterthänigst zu suppli-
ciren, daß Höchst Dieselben geruhen möchten,
mir die Freiheit zu ertheilen, eine gute Officin
in Dero Landen zu Mühlheim aufrichten zu dör-
fen, um darauß jedermann in allen Vorfallen-
heiten nach Nothdurft wohl versorgen zu können
." Es ist ein gewinnender Zug, daß Burckhardt
in seinem Gesuch nicht in die Saiten einer
heuchlerischen Humanität greift, sondern sich
schlicht dazu bekennt, nicht nur die Liebe zu
seinen Mitmenschen als Richtschnur seines Vorhabens
zu nehmen, sondern dabei auch an sich
selbst zu denken. Er schreibt: „ ... solches nun
glaubt er, könnte sowohl zu der Einwohner als
seinem Nutzen geschehen".
Bevor diese Bittschrift der Behörde übergeben
worden war, ging bei dem markgräflichen
Hofratskollegium ein Protestschreiben des Apothekers
Beck zu Sulzburg ein. Dieser hatte sich
mit der Inhaberin der Kanderner Apotheke, der
Witwe des Apothekers Friedrich Julius du Ver-
noy abgesprochen, mit allen Mitteln die Errichtung
einer Offizin in Müllheim zu verhindern.
Das Hofratskollegium fordert zuerst Aufschluß
über die Vermögensumstände des Bittstellers
. Das Oberamt wendet sich in dieser
Sache an den Banquier Samuel Burckhardt in
Basel. Dessen Bericht lautet nicht ungünstig:
„Solcher seye zwar nicht sehr bemittelt, doch im
Stand, eine Apothek allda aufzurichten." Über
die Person meldet der Banquier, er „verstünde
seine Kunst aus dem Fundament wohl und habe
gute Zeugnisse von allen denen, wo er gedient
habe, die ihn auch alle gern hätten, wann er
wieder zu selben kommen wollte."
Burckhardt versichert, daß „er im Stande
seye, eine vollständige, ganz neu und schön gemachte
, in mehr als 800 Stücken bestehende
Apotheke, welche über 600 fl kostet, samt denen
darzu gehörigen Materialien, welche sich auch
auf eine große Geldsumme belaufen /: ohne
meine ziemlich considerable Equipage / in das
Land zu bringen." Er glaubt, daß dies genügen
würde, allen Widerstand hinschmelzen zu lassen.
Hofrat Salzer, der das Oberamt Müllheim
verwaltete, setzte ein ausführliches Gutachten
auf. Wenn er sich auch jeder persönlichen Stellungnahme
enthielt, läßt er seine Meinung in
dieser Sache deutlich durchblicken. Ihm kommt
es vor allem auf eine Verbesserung der Lebensumstände
in dem ihm anertrauten Flecken Müllheim
an. Jeden Freitag wurde ein aus der ganzen
Umgegend beschickter und besuchter Wochenmarkt
abgehalten. Dem weiteren Aufblühen
dieses Marktes konnte die Errichtung einer
Apotheke nur dienlich sein, „als auch das Oberamt
, der Landphysicus und übrige Dienerschaft
dahier domiciliret sind". Er wisse nicht, ob und
aus welchen Ursachen die Sulzburger und Kanderner
Apotheker, zu Schwächung deren rechtmäßigen
Stück Brots er durchaus nicht die Gelegenheit
geben möchte, ein solches Werk zu hindern
befugt seien oder nicht. „Mir genügt zu
meiner Beruhigung, daß meine Vorschläge aus
redlichen und rechtschaffenen Quellen und geraden
Absichten geflossen, die Mittel rechtmäßig,
gewissenhaft und dem Endzweck gemäß gewesen
, folglich ich meine Schuldigkeit getan, somit
für die Folgen weiter nicht zu stehen habe." Er
kann aus seiner Kenntnis der Gegend nicht
glauben, daß den Klage führenden Apotheken
durch eine Offizin zu Müllheim ein beträchtlicher
Schaden zugehen könne. Die Bevölkerung
Kanderns nehme viel eher den Weg nach Lör-
nach wie nach Müllheim. Trotzdem hatte Kan-
dern keinen Einspruch erhoben, als man in Lörrach
eine neue Apotheke errichtete. Ja, der
verstorbene Apotheker Dick habe sich durchaus
kein Gewissen daraus gemacht, seine Apotheke
von Kandern nach Müllheim verlegen zu wollen.
Damals habe er als Landrat die Verlegung verweigert
. 1746 hatte Johann Philipp Rumppier
von Kippenheim, 1747 Johannes Sulzer, ein Arzt
und Apotheker aus der Schweiz, um ein Privilegium
nachgesucht und waren beide abgewiesen
worden. Inzwischen hatte Hofrat Salzer seine Einstellung
den veränderten Verhältnissen angepaßt.
Das Consilium Secretius beriet in aller Ausführlichkeit
die Vorlage. Es unterbreitete Sere-
nissimum den Beschluß, sich über den Sulzburger
und Kanderner Einspruch hinwegzusetzen
und Burckhardt die Genehmigung zu erteilen.
Der Rat schloß sich ganz der Ansicht Salzers an.
Er glaubte, daß Burckhardt „einen ansehnlichen
Consumo machen würde, zumahlen, wenn er
sich nebst denen Apotheker Waaren auch mit
Specereyen versähe". Dies entsprach ganz dem
Vorhaben, einen Gewürzkram und sogar eine
Zuckerbäckerei mit der Apotheke zu verbinden.
Man hatte diesen Beschluß sehr sorgfältig
gefaßt und die Rechtslage gründlich überprüft
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