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„Soviel man diesorts wisse, habe weder die
Apotheke zu Sulzburg noch die zu Candern, von
denen jede zwei Stunden von Müllheim entlegen
seye, ein Privilegium exclusium, als wovon sich
auch in diesseitiger Registratur nichts vorfinden
lasse, dahingegen die privilegia der Sulzburger
und Canderner Apotheke in Fürstl. Geh. Raths
Registratur befindlich sein würden." Man bedachte
sogar die Möglichkeit, daß sich im Testament
der Prinzessin Catharina Barbara eine
Klausel zu Gunsten Sulzburgs befinden könnte.
Da dieses Testament sich in der Registratur
nicht auffinden ließ, wurde die Genehmigung
nur vorbehaltlich empfohlen, bis am 29. März
1756 folgender Vermerk zu den Akten genommen
wurde: „Resolutio Serenissimo haben den
unterthänigsten Antrag um so mehrers gnädigst
genehmigt, als nach der geschehenen einsieht der
anlegung einer Apotheke in Müllheim weder ein
Privilegium exclusivum noch die Stiftung wegen
der Sulzburger in dem Weeg stehe." Nun war
nur noch die Prüfimg durch den Landphysicus
vorzunehmen.
Wenige Tage später war die Nachricht hiervon
auf irgend welchen dunklen Wegen bereits
zu Apotheker Beck gelangt. Ein flehentliches
Schreiben geht an den Markgrafen ab. Beck
getröstet sich in seinem „notorischen Zustand",
daß sein Herr ihm gnädigst zu Hilfe kommen
werde, „daßmaßen schon etliche fremde Apotheker
nach Müllheim getrachtet haben" und stets
abgewiesen worden seien, um der gestifteten
Apotheke in Sulzburg nicht zu schaden. Beck
setzte sich außerdem mit dem Vogtmann der dü
Vernoyischen Kinder in Verbindung, damit auch
von Kandern aus ein Gewicht in die Waagschale
des Rechts gelegt würde.
Vogt Welpers Gesuch kann nur mit der Begründung
operieren, daß alle näher bei Müllheim
gelegenen Orte für den Einkauf in der
Kanderner Apotheke voraussichtlich verloren sein
würden. Sein Schreiben gewährt einen Blick in
die menschlichen Hintergründe des Widerstandes.
Nach dem schon erwähnten Apotheker Dick
hatte Friedrich Julius Du Vernoy von Mömpel-
gardt die in Abgang gekommene Apotheke unter
Einsatz seines und seiner Frau Vermögen
wieder in Ordnung gebracht, „daß selbige wieder
als eine gute Apotheke bekandt und gangbahr
wurde. Allein kaum hatte er einige Früchte
seines unermüdeten Fleißes und angewandten
nahmhaften Vermögens genoßen, so gefiel es
Gott, ihn schon in dem 35ten Jahr seines alters
aus dieser Welt abzufordern. Er hinderließ zwei
ohnerzogene Waysen, ein Knäblein von 6 und
ein Töchterlein von 3 Jahren, deren Vätterlich
und Mütterlich völliges Vermögen in der aufgerichteten
Apotheke und dem dazu gekauft und
erbauten Hauß einzig und allein bestehet. Wie
dann auch diese Apotheke denen Kindern eigen-
thümlich zugehört." Die Witwe war genötigt
einen Provisor einzustellen. Sein Lohn schmälere
den Gewinn schon genug, der nunmehr aber
unerträglich bedroht sei.
Burckhardt hatte indessen nur die eine Sorge,
den letzten Hinderungsgrund für die Errichtung
der Apotheke zu beseitigen, nämlich sein gefordertes
Examen abzulegen. Er begab sich also zu
dem Landphysicus Dr. Heidenreich in Müllheim
und bat ihn um die Vornahme der Prüfung.
Heidenreich verweigerte diese mit dem Bemerken
, er kenne B. schon und wüßte, daß er alle
erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitze
. Dies solle ihm für sein Vorhaben nicht im
geringsten hinderlich sein. In Wirklichkeit wollte
Dr. Heidenreich Burckhardt nur hinhalten, um
für die Wirksamkeit der Schritte Zeit zu gewinnen
, die Beck bei den Geschäftsleuten Müllheims
eingeleitet hatte. Empört bittet Burckhardt
den Markgrafen um Hilfe. Er hatte in
Erfahrung gebracht, „daß besagter Herr Doctor
Heydenreich nebst anderen bey dem Apotheker
zu Sultzburg gewesen und an Ihro Durchlaucht
einen wider mich nachtheiligen Bericht sollen
abgefaßet haben, gleichwie denn auch ausge-
streuet worden, es wäre diese Sache wieder gantz
abgeändert worden."
Nun hatte Burckhardt in der berechtigten
Hoffnung, daß sein Gesuch endgültig genehmigt
werde, „all dasjenige, was zu einer Apotheke
gehöret, würklich angeschaffet und schon über
1000 fl darin verwendet, auch dieser Ursach
wegen und in sothaner Hoffnung allbereit über
ein Jahr sich auf eigene Kosten hier aufgehalten
". Er bat darum, seine Angelegenheit zu
beschleunigen, denn die Jahreszeit, es war Juni,
sei für viele Einkäufe nicht zu versäumen. Er
fleht Gottes Segen auf das Herrscherhaus herab
und erhofft sich von diesem Aktivposten einigen
Gewinn.
Dr. Heidenreich wird angewieisen, innerhalb
14 Tagen die Prüfung vorzunehmen, Geduldig
begibt sich Burckhardt erneut zu seinem Examinator
. Dr. Heidenreich lehnt zum zweiten Male
die Vornahme der Prüfung ab. Er begründet es
damit, daß er jetzt durchaus keine Zeit habe, da
er ihrer Durchlaucht der Frau Markgräfin eine
„Säugamme" zusenden müsse, Dieses mache ihm
soviel Mühe, daß er vor 14 Tagen das gedachte
Examen nicht abnehmen könne. Außerdem
glaube er nicht, daß B. die nötigen Mittel zur
Errichtung einer guten Offizin besitze und wolle
in diesem Sinne den Markgrafen unterrichten.
Nun wird Dr. Willium von Badenweiler als
Prüfender bestellt.
Inzwischen war die Beschwerdeschrift der
Müllheimer Handelsleute bei der Regierung eingetroffen
. Sie erklärten, es nicht dulden zu wollen
, daß Burckhardt neben der Apothekerware
auch noch Kaufmannsware führe. „Dieser Apotheker
solle dem Vernehmen nach anfänglich
die Zuckerbäckerey, nachmals erst die Apothekerkunst
erlernet haben und nicht wohl bemittelt
seyn, es wäre dann sach, daß er von jemandt
anders unterstützt wurden." Sie meinten, er
müsse schon noch mit andern Waren handeln,
wenn er überhaupt sein Auskommen in Müllheim
finden wolle.
Burckhardt reicht zum Beweis seiner Behauptung
ein Verzeichnis über alle Einrichtungsgegenstände
und Materialien ein, die er bereits.
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