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Aber es blieb nicht nur bei den Briefen
, öfters kam Hebel nach Straßburg
in das Haus der Eheleute Häufe. Hier
traf er einen ganzen Kreis von gebildeten
Menschen, von denen manche ihm
gute Freunde wurden. Das Haus Haufe
war der Sammelpunkt von Gelehrten,
Künstlern, Pfarrern und Kaufleuten.
Darunter der Bildhauer Ohmacht, der
Maler Benjamin Zix, der Buchhändler
Cammerer und andere. In den Briefen
ist die Rede von den Pfarrern Frantz,
Eccard und Redslob, deren Nachkommen
zum Teil bis heute einen angesehenen
Namen haben. Besonders hervorzuheben
ist der Waisenhausdirektor
Daniel Schneegans, aus einer heute noch
bekannten Pastoren-, Professoren- und
Gelehrtenfamilie, sowie dessen Schwester
, die mit dem Kaufmann Weiler
verheiratet war; ferner der Dichter
Ehrenfried Stöber, mit dem Hebel in
enge Beziehungen trat. Er sandte ihm
Gedichte zu für das „Alsatische Taschenbuch
", das in den Jahren 1806 bis 1808
erschien und in dem Hebels Name neben
denen von Theophil Conrad Pfeffel,
des blinden Colmarer Fabeldichters, von
Daniel Arnold, des Verfassers des ersten
Theaterstücks in elsässischem Dialekt.
„Der Pfingstmontag", von Lamey, Luce
und anderen steht. Der von Stöber
„Alsa" widmete Hebel ebenfalls Beiträge
.
Gerne kam Hebel nach Straßburg,
sei es auf Ferienreisen nach dem Oberland
, sei es um Pate zu stehen bei den
Kindern Haufe und Schneegans. Bald
liebte er die Stadt. „Im Haus am alten
Fischmarkt", schreibt Sophie Haufe in
ihren Erinnerungen, „saß Hebel oft und
betrachtete die aus- und eingehenden
Menschen. Es gefiel ihm im gemütlichen
Kreise, wo keine Zeremonie bekannt
war, und er, der Herr Pofessor, mit
Achtung und großer Liebe willkommen
geheißen war. Er streifte gern allein in
• der Stadt und in den Gäßchen umher, in welchen
er den nämlichen Geruch wie in Basel entdeckte
und sich darüber freute. Er lernte auch von den
Schildern über den Läden französisch und tat
sich etwas zugute, wenn er wußte, daß der
Handschuhmacher „gantier" hieß... Gingen wir
des Abends mit ihm vor die Tore spazieren, so
blieb er gerne in einer kleinen Kneipe zurück,
um den Naturlauten der Landbewohner zuzuhören
." In seinen Briefen spricht Hebel öfters
von Straßburg, aber besonders drückt er seine
Freude aus, dort im trauten Freundeskreis weilen
zu dürfen. „Es war wirklich an dem",
schreibt er in einem seiner ersten Briefe an
Daniel Schneegans, „daß der Straßburger Münsterturm
ein hoher Turm, und die Stadt selbst,
wenigstens für den Sehwinkel eines Karlsruhers,
eine große Stadt und Herr Schneegans mit seiner
Familie und seinen Freunden ein liebes
herzliches Völkchen ist, in dessen Mitte man sich
Das Straßburger Münster
wohl befindet und nicht merkt, daß man auf
französischem Grund und Boden steht." Er
schaut „oft nach dem großen Riesen von einem
Kirchturm, unter dessen Schatten mir so wohl
war." Und ein anderes Mal an Schneegans (Ende
März 1806): „Wenn mich jemand fragt, wo ich
gewesen bin, so sage ich: in Straßburg sei ich zü
einer fröhlichen Osterwoche auferstanden... ich
sei auch gen Himmel gefahren, worunter aber
nur die Besteigung des Münsters zu verstehen
ist, denn eigentlich war es mir bei euch auf der
Erde wohl." Und 1808: „Noch nie hat mir wollen
ein schwerer Stein aufs Herz fallen, wenn
ich den Namen Straßburg hörte oder las, sondern
allemal nur ein Rosenblatt oder ein Honigtropfen
." Aber da er gerade Geschenke aus
Straßburg erhält, heißt es im folgenden Brief an
Frau Weiler: „Aber nicht blos Rosenblätter und
Honigtröpflein, sondern mir fielen sogar köstliche
Pasteten und edler Nektar ans Herz, aber
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