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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1960-08/0009
Lebens im südlichen Breisgau. Aber nur wenige
Jahrhunderte blühte diese Bergmannsiedlung,
bis danni^ im Jahre 1346 durch die Zerstörung
der Burg Scharfenstein und des Städtchens durch
die Freiburger, die damit eine lästige Konkurrenz
beseitigten, dem wirtschaftlichen Leben im
Tale ein jähes Ende bereitet wurde. Doch war
die Zerstörung der aus Holz erbauten Anlagen
wohl nicht allzu bedeutend. Ein Teil des Städtchens
erstand wieder. Seine ehemalige wirtschaftliche
Bedeutung konnte es aber nicht mehr
erlangen; dazu trugen nicht zuletzt die fortwährenden
Brandschatzungen und Plünderungen,
denen das Kloster und das Tal im Verlauf des
Dreißigjährigen Krieges ausgesetzt waren, bei.

Mit der Säkularisation des Klosters im Jahre
1806 übernahm der Staat mit den Klostergütern
auch die Bergwerke. Trotz des kargen Lohns der
Bergleute und der Beschäftigung von Knaben
und Mädchen in den einzelnen Betrieben, gelang
es auch den späteren Pächtern, einer deutschenglischen
Bergwerksgesellschaft, nicht, eine Ren-

Bernhard

„Der Genius zählt zu den großen Geheimnissen
des Menschentums. Er erhöht den Menschen
und verleiht ihm unzerstörbare Kraft,
wahren Reichtum, inneren Besitz. Die Größe des
Genius kann durch keine äußere Anordnung vernichtet
werden. Man kann den hohen Geist zu
schmerzlicher Isolierung verurteilen, seine Größe
und Seelenhöhe und damit seine Geltung werden
dadurch nicht berührt."

Diese Worte des aus Karlsruhe gebürtigen
Geschichtsphilosophen Goldschmit - Jentner zu
Beginn seines Buches „Die Begegnung mit dem
Genius" umschreiben genau das, was in diesen
unseren Ausführungen ausgesagt werden soll.

Das alemannische Volk am Oberrhein und im
Schwarzwald hat in der ersten Hälfte unseres
Jahrhunderts eine seiner wenigen Sternstunden
erlebt, Sternstunden, jene begnadeten, entscheidenden
Augenblicke in der Geschichte eines Erdteils
, eines Landes, eines Stammes; jene kurzen
unwiederbringlichen Zeitabschnitte, in denen das
Schicksal, unbegreiflich und unergründlich in
seinen Launen und Fügungen, ein Volk oder
einen Menschen segnet, oder auch nur segnen
will durch große Geschenke und Möglichkeiten
— denn wer diese Augenblicke versäumt oder
vergeudet, den begnadet das Schicksal nicht
wieder.

Oder ist es keine Sternstunde für ein Volk,
wenn zur gleichen Zeit auf drei Gebieten der
Kunst — Dichtung, Malerei und Musik — aus
diesem Volk Begnadete aufstehen und der Welt
ihre Werke schenken? Eben dieses Wunder geschah
unserem Land am Oberrhein in den Jahren
nach dem ersten Weltkrieg, als ein Dreigestirn
von Erwählten über uns aufleuchtete: Hermann
Burte, Hans Adolf Bühler und Franz Philipp —

tabilität zu erzielen. Die meisten Bergknappen
wanderten nach der Stillegung der Minen (1865)
in die Kohlenreviere Nordfrankreichs, Belgiens
und des Ruhrgebietes aus. Andere wiederum versuchten
als Holzhauer oder Arbeiter in den kleineren
holzverarbeitenden Betrieben des Münstertales
ihr Brot zu verdienen.

1943 wurde der Betrieb in einigen Stollen —
man baute nun Flußspat ab — wieder aufgenommen
, heute liegen die Gruben wieder still.
Nur noch einzelne Flur- und Gewannamen, etwa
„Erzhalde", „Stollbach" oder „Tiroler Grund",
und alte Stiche erinnern uns an die einst reichen
Silberbergwerke im Münstertal, an die Bergleute
und ihre Heimat, Tirol, Kärnten und die
Steiermark.

(*j Hemminger, Zacharias, Historischer Entwurf des Burckhardischen
Stammbaums, 1715,

Zitiert nach Burckhardt, August, Herkommen und Heimat der Familie
Burckhardt in Basel, 1925. S. 31, Anm. 2.

(***) Burckhardt, Seite 3 f.

und sie alle gleichsam gesegnet und gesendet
von der erhabenen Patriarchengestalt Hans
Thoma. Sie haben uns heute leider alle schon
verlassen, die Maler und Dichter, die uns so
unendlichen Reichtum geschenkt. Einer nur ist
uns geblieben, Franz Philipp, der Gottesmusikant
in unserem oberrheinischen Land, der am 24. August
seinen 70. Geburtstag feiern kann. Wir
wollen diesen Festtag des noch Lebenden dazu
benützen, uns wieder einmal zu besinnen, stolz,
bescheiden und mit Mut uns zu besinnen, wie
wir doch gesegnet wurden durch diese Namen —
denn sie sind unser!

„Kunst ist durchaus verwandt mit Verkündigung
", sagt Hermann Eris Busse in seinem
Buch über Hans Adolf Bühler, „daher das Feierliche
, das wahrer Kunst immer innewohnt.
Kunst hat mit Alltag nicht das geringste zu
tun, selbst wenn sie ihre Stoffe aus dem Alltag
nimmt. Sie steigert jedes Ding und jedes Tun
in ihrem Bereich, daß es garnicht mehr den
Alltag berührt — sie verkündet."

„Kunst muß demnach sein: Erbauung, Aufrichtung
, Lobpreisung, Danksagung, Tröstung,
Anbetung, Dienst am Ewigen", fügt K. E. Wiemann
hinzu. Aus den Tiefen des Volkes steigt,
dem Volk noch am nächsten und begreiflichsten,
der Dichter mit seiner Sprachgewalt, mit seinen
Worten, die unsere Worte sind, nur eben ausgewählt
und „verdichtet" durch diese Auswahl
zur Deutung, die ja jede wahre Dichtung ausmacht
: Unser Alltägliches gedeutet und emporgeläutert
, erhoben zu Bleibendem und Allgemeingültigem
. War unser Hermann Burte, der
Vielgeschmähte, an diesen Maßstäben gemessen,
ein Dichter? Welche Werke wollen wir nennen,
Wiltfeber, Katte oder Simson, Madlee oder die

Steinert:

2Uemanrufdje ©ternftunbe

Zum 70. Geburtstag von Franz Philipp am 24. August 1960

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