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schon viel verschwunden war. Um
zu retten, was noch möglich war,
sammelten vor allem Hermann
Daur, Tierarzt Doli, Karl Herbster
und Ernst Kammüller, was sie finden
konnten als Grundstock für das
Heimatmuseum.
Aus den Uberschüssen der Hebelspiele
wurde einen Gedenktafel angefertigt
, die im Spät jähr 1910 am
Pfarrhaus in Hertingen angebracht
wurde. Daraus entstand der Hebelschoppen
.
Alle diese Dinge konnten nicht
dazu verleiten, ein großes Fest aufzuziehen
. Wir begnügen uns damit,
zunächst in einer Feierstunde und
dann in einem Heimatabend den
alten und neuen Bürgern Diapositive
zu zeigen, was hier noch
an die alte Zeit erinnert und wie
sich das Stadtbild gewandelt hat.
Tn der Ziegelgasse hinter der Kirche war im Staffelgiebelhaus (einst Fabrikgebäude der
Fa. Mez) die erste Kinderschule. — Gegenüber steht das älteste bekannte Schulhaus mit
der Jahreszahl 1634 am Kellereingang. Zeichnung J. Kibiger. (Aus Alb. Eisele: „Kandern")
Ida Preusch - Müller:
Von den beiden Jahrmärkten im Frühjahr
und Herbst ist der „Spötligsmärt" der größere
und wichtigere. Er ist festgelegt auf den ersten
Dienstag nach Büß- und Bettag. Wenn der November
mit Schnee und Hurrliwetter kommt,
freuen sich die Händler, die mit Wollwaren,
Trikotagen und Winterschuhen anrücken; auch
manche der einheimischen Kaufleute bringen
ihre Ware auf den Markt.
Ich will nun ein wenig erzählen, wie sich vor
etwa sechzig Jahren so ein Jahrmarkt im Raum
zwischen Marktplatz und „Ochsen" abgespielt
hat. Auf dem Marktplatz, von der Höhe der
Apotheke hinabsteigend zum schönen, großen
Brunnen, war das Hafnerfeld. Auf niederen
Marktbänken saßen die Kanderner Hafnersfrauen
, vor sich, auf großen Strohschütten ausgebreitet
, das glänzend glasierte, bunte, irdene
Geschirr. Die Hafnermeister Fritz aus der Oberstadt
, Blum am Schwanenberg^, Brombacher
und Buchs aus der Hinterstadt zeigten den
Reichtum ihres handwerklichen Könnens, daß
einem das Herz im Leibe lachte. Was gab es
doch für eine Vielfalt von Tellern, Platten,
Schüsseln, Milchbecken, „Kaffichachle", Kaffee-
und Milchhäfen, „Wychrüsli" und Wandteller,
sogar Blumenvasen. Weiße, gelbe, blaue, rote
und braune Glasuren leuchteten, bemalt mit
Wellenlinien und Tupfen, bunten Blumen,
Kränzchen und Sträußen, wie ein fröhliches
Gartenbeet.
Kindergeschirrle und „WasserpfiffIi", Spar-
kässle und Kuckuckspfeifen lockten die Kleinen
an. Für Feld und Wald gab es enge, geschlossene
Krüge, die den Wein kühl hielten und die man
in ein rinnendes Bächlein legen konnte. „Babbe-
düpfi" mit drei Beinen für die Weidbuben,
gelochte „Zigernäpfe", um die dicke, geronnene
Milch darin abtropfen zu lassen, ölkrüge,
„Gutsihäfe", Wärmsteine für das Bett und zuletzt
Dinge, deren interner Name den Eingeweihten
bekannt ist, die aber offiziell unter
dem Namen „Nachtgeschirr" liefen. Davon ist
eine lustige Anekdote zu erzählen, die verbürgt
ist, ebenso wie einige andere, die man aber nur
unter vier Augen erzählen kann.
Eine Wälderfrau hatte Bedarf in diesem Artikel
und suchte den ganzen Marktplatz ab, ohne
sich zum Kauf entschließen zu können. Eine der
Hafnersfrauen fragte zuletzt: „He Frau, findener
denn au gar nüt?" — „Nei, si sin alli z'chlei!"
Darauf hielt die belustigte Verkäuferin ein recht
umfangreiches Stück hin, aber ohne Erfolg. Die
Wälderfrau wehrte ab mit den Worten: „Nei, au
dä müeßt me jo alli Dag usleere!"
Im Rathaus, wo heute der Durchgang ausgebrochen
ist, war früher ein Raum mit vergitterten
Fenstern, die Kornhalle. Doppelzentnersäcke
mit Weizen und Roggen, Gerste und Hafer
standen darin zum Verkauf. Es roch so gut, und
es war so schön, wenn man einmal die Hand in
den offenen Sack stecken und die Körner durch
die Finger rieseln lassen konnte. Ab und zu
rutschten auch einige süß schmeckende Weizenkörner
in die Schürzentasche, um nachher mit
Genuß zerkaut zu werden.
Außen am Rathaus, bis unter das Fenster des
Arrestlokals, standen die offenen Kartoffelsäcke
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