http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1960-10/0007
enanderno heim und schriebichs, aß ders au wüsset. Aber
Ihr müent mi just nit verrote, der ander chönnt by Gott
e Her sy.
Meister Gysser, i ha scho mengmol denkt, wenni dra
denk, mer müen doch wenig z'tüen ha, aß mer is mit so
Sache vertörle chönne.
I wünschich au e glückselig neu Johr!...
Blibet frei gsund und werdet recht feist
Un wenn näumis z'teile git, se nehmet 's meist!
Jez bhüetich Gott der Her un zürnet emmel nüt, wenni
Eui Meinig nit tröffe ha. I mein allmig, i chönn nümmen
ufhöre, wenn i e mol mit ich agfange ha. Der chennet
mi scho!"
Mehr als zwei Monate schon wartet Hebel auf
Nachricht. Vielleicht könnte eine Verärgerung
über die Antwort im Wochenblatt die Ursache
des Stillschweigens sein? Auch er schreibt seinen
letzten Brief:
Ihr werdet doch Gottwill nit höh1) sy, Vetter Gysser,
assi seil Ding ha lo ins Blättli setze, wenni öbben eui
Meinig nit tröffe ha. Oder isch öbbe die 4ti Antwort no
Euem Sinn? Sie wär so unebe nit. Me meint, der Sander
heig si g'macht, un's chunnt mer halber au so vor, aber
er thut nit dergliche.
Ihr werdet doch mengmol g'lacht ha, aß mer is so
verchetzeret hen donide. 's isch, flieh ein der Teufel,
gsi, aß wemme e Fünkli Füür inne Pulverfäßli keit
hätt, un jetz sin mer erst no so gscheit wie vorher.
Lueget, i möcht no allerley schriebe, aber i wär wol nit
g'scheit.
Bhüetich Gott, Her Gysser, un glitschet nit, wenn Der
an d'Post use goht. 's isch e wenig glatt, un Dir fielet
gar hoch oben abe. I ha die Nemtig au ane Stein
g'schmeckt, woni usem Bäre cho bi. Es het mi gar grü-
seli g'chützlet am linke Elleboge. Assa, Fürsi e Gottsname!
13. Febr. 1803 J.P.Hebel
Damit versiegt der zwar kurze aber in jeder
Beziehung recht interessante Briefwechsel zwischen
den beiden ehemaligen Schulkameraden.
In einer Mitteilung vom 25. März 1804 an Gustave
Fecht in Weil schreibt Hebel von „Besorgnissen
wegen der Gysser'schen Correspondenz... Ich
wußte es schon, sie kamen bis nach Pforzheim
hinab. Delikat ist es nicht. Indessen mache ich
mir nicht viel daraus". In Pforzheim amtierte
ein Bruder Gyssers als Stadtphysikus.
Ein Aktenbündel des Generallandesarchivs in
Karlsruhe (Abt. 70/3088) enthält u. a. mehrere
Eingaben des Renovators an das Finanzdepartement
. Dies genehmigte ihm 1808 zu seinem
„fixen Gehalt von 820 fl" den schon seit langem
ersehnten Besoldungswein erster Klasse aus der
herrschaftlichen Zehnttrotte und erinnert in der
Auszahlungsanweisung an seine Diäten für die
in den verschiedenen Landorten zu leistenden
Dienste sowie an die damit verbundenen „ökonomischen
Vorteile". — Nachdem er 31 Dienstjahre
während seines behaglichen Junggesellenlebens
in Müllheim zugebracht hatte, versetzte
ihn seine oberste Behörde als Rechnungsrat zunächst
1809 an das Kammerpräsidium in Freiburg
und dann 1811 als Kreisrat nach Offenburg.
Hier starb er im Alter von 61 Jahren am 7. Juli
1820 am Schlagfluß.
Als der „Schatzigbleger" hat sich der Müll-
heimer Rechnungsrat Karl August Gysser in der
Hebelliteratur einen bleibenden Platz gesichert.
*) höh: hoch, böse.
@in neuentbetfteö .Retelbflb
Ein glücklicher Zufall hat einen Heidelberger Hebelverehrer
in ein Haus in Heidelberg geführt, wo er zu
seinem Erstaunen das hier wiedergegebene, bisher unbekannte
Bild von Johann Peter Hebel vorfand. Auf der
Rückseite des Bildes konnte er auch erfahren, daß dieses
Pastellbild von Ph. J. Becker, Hofmaler und Galeriedirektor
im Jahre 179. gefertigt sei (die vierte Zahl ist
Johann Peter Hebel (1760—1826), Pastellbild, gemalt von Philipp Jakob
Bedcer, Hofmaler und Galeriedirektor in Karlsruhe. Signiert: Ph. J.
Becker 179. (Die Einerzahl ist durch das Passepartout verdeckt.)
Reproduktion durch: F. A. Pietzsch, Heidelberg.
durch den Rahmen verdeckt). Es stellt also Hebel dar
in den 30er Jahren, aus einer Zeit also, wo er noch in
keiner Weise berühmt war, wo seine Gedichte und erst
recht seine Kalendergeschichten noch nicht entstanden
waren; aber die edeln, ebenmäßigen Züge, die charakteristische
Nase und die heiteren Augen des jungen
Mannes müssen es dem Künstler so sehr angetan haben,
daß er den damaligen Gymnasiallehrer und Hofdiakonus
konterfeite. Gerade aus jenen Lebensjahren haben wir
sonst kein Bild von Hebel, darum ist uns die Entdeckung
dieses Pastellbildes umso wertvoller.
Wir haben von demselben Künstler noch ein zweites
Pastellbild des 52jährigen Hebel, das dessen klassisches
Profil zeigt, wohl eines der schönsten und bekanntesten
Bildern des Dichters überhaupt, das jetzt zum Jubiläum
neben demjenigen von Iwanow und jenem Kupferstich
von Weber nach der Vorlage von Agricola am meisten
Wiedergegeben wurde. Dies zweite Bild von Ph. J. Becker
befindet sich in Basler Privatbesitz.
Richard Nutzinger
5
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1960-10/0007