http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1960-10/0018
Richard Gang: „Der unheimliche Mitspieler". Erzählungen
. Herder Verlag.
Der Herder-Verlag legt seinen Lesern ein handliches
Büchlein vor: „Der unheimliche Mitspieler" von Richard
Gäng. Sein Äußeres ist ansprechend und verlockend
gestaltet, wenn man auch die zahlreichen Druckfehler
lieber vermieden sehen möchte. Einband und Umschlagbild
— ein kleines Meisterstück von Irmgard Nippraschk
— spiegeln in glücklicher Form den manchmal eigenartig
und fremd anmutenden Geist dieser Skizzen und Erzählungen
. Sie entfalten besondere Situationen und seelische
Erlebnisse, von denen einige in ihrer umständlichen Zerfaserung
konstruiert wirken, andere ausgezeichnet getroffen
sind. Was für merkwürdige Kinder sind diese
Hütebuben, die über Erlen philosophieren, die im Herbst
ihre Blätter grün abwerfen, die die Frage aufwerfen,
warum die Wissenschaft dieses Verhalten nicht kläre;
die über Wesen, Wert und Zweck des Wassers sich Gedanken
machen, es als Urgrund alles Lebendigen ansprechen
. Das sind keine 12jährigen Kinder mehr. Der
Mettengang im Gebirge stößt uns durch den unverantwortlichen
Leichtsinn des Vaters ab, der das Leben von
Frau und Kind unnötigerweise aufs Spiel setzt. Wir können
uns nicht damit einverstanden erklären, die unverdiente
Errettung als Wunder der Christnacht zu sehen.
Wunder provoziert man nicht. Zwei andere Skizzen,
deren erotischer Inhalt („Auf halbem Weg", „Das Geheimnis
") in der Entwicklung einer romanhaften Darstellung
durchaus als gut gelungen zu bezeichnen wären,
wirken in der Vereinzelung irgendwie peinlich. Die Tierbeobachtung
der zweiten Erzählung „Zwei Ketten" erfreut
, wenn zwar die Behauptung, das Bellen sei den
Hunden nicht angeboren, etwas gewagt erscheint. Eigenartig
und der persönlichen Deutung freigegeben ist die
Titelerzählung „Der unheimliche Mitspieler". Sehr gut
sind die Geschichten „Tausch mit Pferden", „Der alte
Tanz", „Fahrt in der Fasnachtskutsche", „In einem fernen
Licht", „Der Kampf im Walde". Besonders herausgreifen
möchten wir die Erzählung „Der Baum war sein
Leben". Es ist schon ein Meisterstück, wie Richard Gäng
auf wenigen Seiten unser Verhältnis zum Baum sich entwickeln
läßt zum Bruder Baum. Ich würde allein schon
um dieser Skizze willen das Buch kaufen. Wir bringen
sie auch mit der freundlichen Erlaubnis des Verlages in
dieser Nummer zum Abdruck.
„Aus meiner Jugendzeit". Erinnerungen von Heinrich
Hansjakob. Verlag Rombach & Co., Freiburg.
Ganz anders geartet ist ein Buch, das der Rombach-
Verlag uns vorlegt. Es sind die unvergänglichen Erinnerungen
von Heinrich Hansjakob „Aus meiner Jugendzeit
". Ich erinnere mich mit Freude an die Abende in
meinem Elternhause, an denen man aus den Büchern
Hansjakobs vorlas, die meine Mutter eines Tages erworben
hatte. Sie haben auch heute nichts von ihrem Werte
verloren, wenn auch in den Jahrzehnten inzwischen so
manche geschichtliche und andre Entwertungen mit uns
vorgegangen sind. Die Welt ist heute schnellebig, sie
braucht Sensationen, Superlative und Rausch. Wie klar
fließt in diesen Erinnerungen Hansjakobs der Lebensquell
. Es fehlt jeder Krampf, jede Verzerrung, jede
Dekadenz. Unbestechlich und unsentimental schaut Hansjakob
auf seine Jugend zurück; das zeigen uns die Schlußsätze
seiner Erinnerungen: „Ich habe in meinem bisherigen
Leben neben vielen Kämpfen und Leiden wohl mehr
Glück und Gnade gehabt, als ich es verdient; allein
gleichwohl neige ich durch Anlage und Erfahrung stark
zum Pessimismus, zur Weltschmerzlichkeit. Von Natur
aus zum Humor nicht mehr geneigt als zur Schwermut,
bewirkt die letztere, daß ich die Armseligkeit des Lebens
vielleicht viel mehr und öfters fühle als manch andere
Menschen und deshalb auch mit schmerzlicheren Gedanken
an das Paradies der Kindheit zurückdenke. Aber das
ist mein großer Fehler und der Fehler aller jener Mitmenschen
, die mit mir für die Jugendzeit und das Jugendglück
schwärmen und in wehmütiger Lust sich in sie
zurückträumen, daß wir immer und immer rückwärts
schauen, um den Frieden und das Glück da zu suchen,
wo es absolut nicht mehr zu finden ist, weil wir nicht
mehr jung und nicht mehr selige Kinder werden können
. Vorwärts sollen wir schauen, vorwärts.. !" Das ist
der Zweck dieses Buches. Über Hansjakob ist viel schon
gesprochen und geschrieben worden. Neues ist dem nichts
mehr hinzuzufügen. Der Stadt Haslach ist für die Herausgabe
sehr zu danken, ebenso dem Verlag. Es ist eine erfreulich
saubere druckerische und buchbinderische Leistung
, außerordentlich gut gelungen ist die Gestaltung
des Schutzumschlages.
„400 Jahre Pfarrhaus Hauingen". Herausgeber
Evang. Kirchengemeinderat Hauingen. - Buchdruckerei
K. Schahl, Lörrach.
Nun sind es noch zwei kleine Broschüren, auf die wir
hinweisen möchten. Die eine ist von Pfarrer Richard
Nutzinger geschrieben und vom Evang. Kirchengemeinde-
rat Hauingen herausgegeben: „400 Jahre Pfarrhaus Hauingen
". So schmal und dünn das Bändchen ist, so erfüllt
ist es mit Leben und Reichtum, obwohl alles nur angedeutet
sein kann auf dem zur Verfügung stehenden
knappen Raum. Das beigefügte kleine Festspiel zeigt
uns, daß reiches Material zu einer Kultur- und Kirchengeschichte
der oberen Lande in den wenigen Seiten enthalten
ist. Hauingen kann seinem Pfarrer dankbar sein
für die liebe und werte Gabe.
„Badenweiler — Vom KurbaU der Antike zum
Kurbad der Moderne — Begegnung zweier Zeitalter
". Ein Führer durch den Kurort und seine
Umgebung. Text: Johannes Helm. Umschlag und
Zeichnungen: Fr. Kaiser, Hügelheim. Verlag und
Druck: Buchdruckerei A. Schmidt, Müllheim.
Das andere Büchlein entstammt der Feder von Johannes
Helm. Sein Titel: „Badenweiler. Vom Kurbad der
Antike zum Kurbad der Moderne. Begegnung zweier
Zeitalter" holt weit aus. Die nähere Bezeichnung „Ein
Führer durch den Kurort und seine Umgebung" schränkt
ein. Es will ein Büchlein für die Hand des Kurgastes sein,
als solches ist es auch zu werten. Es soll Werbung sein,
Belehrung und Unterhaltung. Es muß flüssig geschrieben
sein, alles in gefällige Form gekleidet. Es soll wohl historisch
richtig sein, darf aber keine Anforderungen an den
Leser stellen. Dies war die Aufgabe, der sich der Verfasser
gegenüber sah — ich möchte behaupten keine
leichte — er hat sie gut gelöst. Badenweiler und die
große Schar der Kurgäste, die das Büchlein zur Hand
nehmen, werden Johannes Helm dankbar sein. Auch der
Einheimische kann nach der Schrift greifen. Wie oft weiß
der aus der Ferne Hergereiste besser Bescheid und hat
alle Winkel ausgewandert, als der, vor dessen Tür alle
diese Herrlichkeit ausgebreitet ist. K. Schäfer
Wilhelm Zentner: „J. P. Hebel und seine Zeit".
C. F. Müller - Verlag, Karlsruhe.
Ein weiteres reizendes Hebelbüchlein hat der bekannte
Hebelforscher Wilhelm Zentner zur Eröffnung
der großzügigen Hebel - Ausstellung in Karlsruhe beim
C. F. Müller-Verlag herausgebracht. Es trägt den Titel,
der auch über jener Ausstellung stand: J. P. Hebel und
seine Zeit. So reichhaltig und umfassend wie die Ausstellung
selbst ist auch dieses Bändchen. Da findet sich
neben richtungweisenden Artikeln des Verfassers eine
famose Zusammenstellung über Hebel, Mundart, Erzähler
- und Dichtkunst und seine Korrespondenz, immer
wieder belegt durch entsprechende Gedichte, Erzählungen
und Briefstellen des Dichters selbst. Beiträge namhafter
Hebelforscher und -freunde sind da zusammengetragen
, so aus den Reden auf Hebel am „Schatzkästlein
" in Lörrach von Theodor Heuss und C. J. Burckhardt,
weitere von Gerhard Storz, Richard Gäng, Wilhelm Alt-
wegg, O. E. Sutter u. a. Man ist überrascht über die Fülle
und Vielfalt des Gebotenen.
Und wenn nun auch die schöne Ausstellung in Karlsruhe
, die doch über 20 000 Besucher gezählt hat, wieder
geschlossen und somit der einführende Bericht über sie
nicht mehr aktuell ist, so bleibt doch jedem Hebelfreund
durch dieses Büchlein — mit seinen 80 Seiten und reichhaltigem
Bilderanhang — gewinnbringende Anregung
genug. Man kann das Bändchen zum Kauf — Preis
3,80 DM — nur dringend empfehlen. R. Nutzinger
16
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1960-10/0018