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A. Eisele:
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Rund .um die Brezeln gehen vielerlei Bräuche
und Geschichten. Ungefähr soviel, wie es Arten
von Brezeln gibt: Bier-, Butter-, Fasten-, Fasnacht
-, Laugen-, Neujahrs-, Salz- und Zuckerbrezeln
. An vielen Orten spielen die Männer in
der Neujahrsnacht große Brezeln in der Wirtschaft
aus. Solch eine große Brezel bekam früher
an Ostern das Band von sieinen Paten. Der Name
geht auf das lateinische Wort brachium zurück,
aus dem das Mosterlateinische brachitum wurde
für ein Gebäck in Gestalt verschlungener Arme
(Kluge).
Den ältesten Beleg für die Herstellung von
Brezeln in unserer Gegend findet man im Basler
Urkundenbuch, wenn 1245 das Stift St. Peter
dem Conrad, dem Maurer, ein Haus zu Erbrecht
leiht. Er gibt jährlich als Zins 8 solidi und dazu
„quatuor circulis simuleis", 4 Brezeln aus Semmelmehl
. Dieser erste Band des Basler Urkun-
denbuchs hat noch mehr Belege dafür, daß außer
dem Zins Brezeln gegeben wurden. Daß Brot an
Stelle der Quittung für empfangenen Zins gegeben
wurde, läßt sich in Basel mehrfach nachweisen
; es mußte 14 Tage aufbewahrt werden.
Stadtarchivar Jäger berichtet aus Freiburg, daß
dort 1634 neben dem Jahreszins „neben der
quitung Einen großen Leib Broth, welcher auss
einem ganzen Sester Mäl Villinger Mäss gebak-
ken würdt", für die Amtsherren und die Schreiber
vom Schuldner (dem Spital zu Villingen)
mitgeliefert wird. Wenn
vorhin in der Basler
Urkunde das Wort »circulis4
zu lesen war, so
erinnert däs an die frühere
Bezeichnung der
Brezel in -unserer Gegend
, die man von alten
Leuten heute noch
hören kann: Bierring.
Früher unterschied
man zwischen Weißbecken
und Schwarzbecken
. Nur die Weißbecken
durften Brezeln
herstellen und zwar aus
gutem Simelmehl. Das
Neuenburger Stadtrecht
aus dem Anfang des 17.
Jahrhunderts .enthält
genaue Bestimmungen darüber. Daß in jener Zeit
die Brezeln auch schon durch Händler vertrieben
wurden, beweist ihre Beliebtheit. Das Beerdigungsbuch
der Gemeinde Kirchen berichtet:
„1626 den letzten Decembris ist ein armer
Brezelmann begraben worden; wannen er hergewesen
, wie er genannt, auch weß Religion hat
man nit wissen können. Sintemal er bei Martin
Pfeuwer um die Nachtherberg angesucht, so ihme
in der Schüren verwilligt und morgens todt darin
gefunden worden; war woll alt".
Wann erstmals die kleinen Brezeln hergesteilt
wurden, läßt sich nicht feststellen. 1772 wird im
Kanderner Kirchenbuch ein Johann Schmit „des
Brezelin Becken Sohn" genannt. Es ist anzunehmen
, daß damals die kleinen Brezeln schon
bekannt waren. 1807 schrieb Joh. Peter Hebel
an Gustave Fecht, daß ihm in seinem Ferienaufenthalt
ein Kätzlein zugelaufen sei. „Wer ihm
mit nichts aufwarten konnte als mit ein paar
harten Kanderner Brezeln war ich". Ganz bestimmt
weist ein Rechnungsbeleg aus der Zeit,
als die Russen hier auf den Rheinübergang zu
Beginn des 19. Jahrhunderts warteten, auf die
kleinen Brezeln hin: neben Schnaps und andern
Dingen wird „ein Ring Pretschele kost 18 kr"
erwähnt. Aus demselben Jahre haben wir aber
noch einen absolut sicheren Beweis im „Historisch
-statistisch-topographischen Lexicon von dem
Großherzogtum Baden", 1813 herausgegeben von
J. B. Kolb, Großherzoglich Badischem Archivrat
in Freiburg. Er berichtet, daß in Kandern zwölf
Bäckermeister sind „berühmt durch vorzüglich
schönes Brot und hauptsächlich durch die beliebten
kleinen Brezeln, die weit verschickt werden".
Adolf Kußmaul berichtet in seinen „Jugenderinnerungen
eines alten Arztes" von seiner Kanderner
Zeit, also von der Mitte des vorigen Jahrhunderts
, viele interessante Beobachtungen über
das Leben der damaligen Zeit. Er rühmt die
Gastfreundschaft der Markgräfler, die dem Besuch
zum Wein Kanderner Brezeln vorsetzten.
„Die Bretzelchen, kleine, knusprige Laugenbretzelchen
, sind heute
in ganz Deutschland
als Freiburger bekannt
und beliebt; das Gebäck
ist eine Kanderner
Erfindung und war
damals kaum über das
Gebiet der oberen
Markgrafschaft hinaus
bekannt.
Später kamen sie,
durch einen spekulativen
Freiburger Bäk-
ker, aisgemach bis nach
Norddeutschland, sie
werden jedoch weit
stärker gesalzen als
früher, und dienen in
den Bierwirtschaften
hauptsächlich dazu, den
Gaumen der Gäste durstig zu stimmen und zum
Trinken zu reizen".
Natürlich hat sich auch die Sage der Brezeln
bemächtigt. So wird von einem Bäckergesellen
berichtet, der gerne die schöne Meisterstochter
zur Frau gehabt hätte. Aber der Vater machte
zur Bedingung, er müsse zuvor ein Backwerk
herstellen, durch das die Sonne dreimal scheine.
In Kandern erzählt man, daß zur Ritterzeit jede
Burg ihr besonderes Backwerk gehabt habe, womit
die Gäste erfreut wurden. So habe es auf
dem Schloß zu Badenweiler mürbe Brezeln gegeben
, die mit Honig und Mandeln zubereitet wur-
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grüßen wir unsere Leser und Freunde in der
Heimat und draußen in der weiten Welt. Wir
wünschen frohe Festtage und für 1961
Gesundheit, Glück und Segen.
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Redaktion und Verlag
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