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870 an das Reich. In die Zeit der fränkischen
Missionierung weisen die ältesten Kirchen mit
dem Martinspatrozinium, die oft Mutterkirchen
waren.
Der Niedergang des Karolingerreiches und die
Ungarneinfälle ließen Lehenswesen und Rittertum
entstehen. Damals bildete sich der Dorfadel,
der sich nach dem betreffenden Dorf nannte,
später aber meistens ausstarb und durch einen
neuen, mächtigeren Adel ersetzt wurde. Burgen
wurden gebaut, bald auf beherrschenden Höhen
am Fuße dets Jura, bald aber auch mitten in den
Tälern, von Bach und Sumpf geschützt, Wasseroder
Weiherhäuser. Solche gab es vor allem im
Tal der III und der Larg; wir nennen u. a. die
Burgen Brunstatt, Zillisheim, Burnkirch, Spech-
bach, Heidweiler, Altenach, Carspach, Hagenbach,
Dürmenach.
Die mächtigsten Herren des Sundgaus waren
die Grafen von Pfirt, hervorgegangen aus dem
weitbegüterten Grafengeschlecht von Mömpel-
gard (Montbeliard), dessen Ursprung schwer zu
erklären ist. Die Grafen von Pfirt treten im
Sundgau mit Friedrich I. auf, die Dynastie erlosch
mit Ulrich II. Über zwei Jahrhunderte
(1100—1324) spielten sie die beherrschende Rolle,
ein kampfliebendes, oft streitsüchtiges Geschlecht,
das andererseits Klöster gründete (Feldbach,
St. Ulrich, Michelbach) oder begünstigte (Calenberg
, St. Morand). Die letzte Gräfin von Pfirt,
Johanna, ehelichte nach ihres Vaters Tod (1324)
Herzog Albrecht den Weisen von Österreich, den
Sohn König Albrechts I. So wurde die Grafschaft
Pfirt habsburgisch.
Die Habsburger besaßen damals schon den
östlichen Teil des Sundgaus, lag doch ihr Ur-
besitz um Ottmarsheim, waren sie doch Landvögte
in Ensisheim und hatte Rudolf von Habsburg
diesen Familienbesitz besonders um Landser
erweitert. Jetzt (1324) reichte ihr Gebiet (mit
Ausnahme Mülhausens) vom Rhein bis in die
Belforter Senke, vom Jura bis nach Ensisheim,
ein weites Territorium, aufgeteilt in zahlreiche
Herrschaften.
Im Dienst und im Lehensverhältnis zu den
Pfirter Grafen und später zu den Habsburgern
standen die meisten Adelsgeschlechter des Sundgaus
, so zum Beispiel die aus der Schweiz eingewanderten
Reinach, die Herren von Mörsberg,
die Freiherren von Pfirt, zu denen noch im
Sundgau begüterte Schweizer Familien kamen,
beispielsweise die Thierstein, die Reich von
Reichenstein, die Ramstein und die von Eptin-
gen, die Münch, nach 1648 die Besenwald und
im 16. Jahrhundert die Landenberg.
Schwere Zeiten brachen im 14. Jahrhundert
über den Sundgau herein. Das Basler Erdbeben
am Lukastag 1356 suchte auch ihn heim; 1365
fielen die „wilden Engländer", frei gewordene
Söldner aus dem Hundertjährigen Krieg (Frankreich
- England) verwüstend in das Illtal ein,
1439 und 1444 folgten ihnen die nicht weniger
plündernden Armagnaken, die der Habsburger
gegen die Eidgenossen gerufen hatte.
Der Sundgauer Adel hielt zu Österreich gegen
Basel. Diese Stellungnahme büßte er nach der
blutigen Schlacht bei St. Jakob vor Basel (1444):
die Basler fielen in den Sundgau ein, überall
gab es Plünderungen, Brandschatzüngen,* die sich
zwei Jahrzehnte später wiederholten. Der habs-
burgische Sundgau war verarmt, und die Habsburger
mußten in Dogern bei Waldshut Frieden
schließen (1468).
Die Folge dieses Friedens, der den Habsburgern
schwere Verpflichtungen am Hochrhein den
Eidgenossen gegenüber auferlegte, war die Verpfändimg
der österreichischen Gebiete im Sundgau
an Karl den Kühnen, Herzog von Burgund
(1469). Nur dieser konnte dem Habsburger aus
der finanziellen Not helfen. An diese fünfjährige
burgundische Epoche knüpft sich der Name des
burgundischen Landvogtes Peter von Hagenbach,
des Sohnes eines im vorderen Largtal sitzenden
Geschlechtes. Den Tod Peters durch Henkershand
zu Breisach (1474) rächte dessen Bruder
Stephan durch einen furchtbaren Verheerungszug
in den westlichen Teil des Sundgaues. Der Sundgau
aber kehrte zum Hause Habsburg zurück.
Auf kirchlichem Gebiet schenkte das Mittelalter
dem Sundgau mehrere Klöster. Die Benediktiner
hatten sich mehr den Vogesentälern
zugewandt, nur einige Clunyazenser - Priorate
finden wir in unserer Gegend: so Feldbach,
St. Morand, Enschingen, Gottestal. Augustiner
wirkten in St. Ulrich im Largtal und in der
Propstei Ölenberg. Lützel wurde eine der ersten
Zisterzienserabteien auf Reichsboden (1124), ein
religiöser, kultureller, wirtschaftlicher Mittelpunkt
des Sundgaues, durch den der Ackerbau
im Sundgau gefördert wurde. Die Abtei hatte
zahlreiche Grangien und Propsteien im Sundgau,
so St. Apollinaris, Blotzheim, Lutterbach. (Kloster
Rheintal bei Müllheim war mit Lützel eng verbunden
.) In Luppach hatten sich Franziskaner
niedergelassen, in Friesen im Largtal Johanniter.
. Pfirt hatte lange ein Hospiz, das von jenem des
Großen St. Bernhard abhing.
Der Sundgau blieb in der Zeit der Reformation
katholisch, eine Folge der territorialen Zugehörigkeit
zum Hause Habsburg, aber auch der
Tätigkeit der Abtei Lützel und der Bischöfe von
Basel (Blarer von Wartensee), zu deren Bistum
der Sundgau gehörte.
Die Bauernbewegung erfaßte auch den Sundgau
(1524/25); an ihrer Spitze standen Berner von
Helfranzkirch und Nithard von Eschenzweiler.
Klöster wurden geplündert, doch die soziale Lage
der Bauern nicht verbessert. Noch größeres Unheil
brachte der Dreißigjährige Krieg dem Sundgau
, der 1632, nach der Einnahme des Städtchens
Ensisheim durch die Schweden von diesen besetzt
wurde. 1633 aber erhoben sich die Bauern um
Pfirt und Wolschweiler gegen die Schweden,
eroberten Pfirt zurück, wurden aber zuletzt
geschlagen und umgebracht. Zahlreiche Dörfer
verschwanden für immer, leer stand das Land,
heimgesucht von Pest, Hunger und Krieg.
Durch den Westfälischen Frieden (1648) kam
der österreichische Sundgau an den König von
Frankreich, der die Grafschaft Pfirt dem bekannten
Mazarin übertrug. Die österreichischen
Herrschaften wurden zu seigneuries. In den
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