Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1961-01/0018
Klagen nicht unberechtigt waren, beweisen
zahlreiche Berichte aus unabhängiger Feder.

Lange kann sich der Geistliche über sein
renoviertes Pfarrhaus nicht freuen. Kaum haben
die letzten Handwerker ihre Arbeit beendet,
wird er (1764) nach Vörstetten versetzt. Sein
Nachfolger Chr. Dietrich Böhm bleibt bis 1776.
In diesem Jahr wird er von Theophil Haff abgelöst
, dem Sohn des langjährigen Hügelheim er
Pfarrers Melchior Haff (1719 bis 1752). Theophil
Haff stirbt 1799 in Hügelheim ohne nennenswerte
Akten hinterlassen zu haben. Anders ist
es bei Joh. Wilhelm Schmidt, der die verwaiste
Stelle übernimmt.

Pfarrer Schmidt setzt sich sofort für eine umfassende
Renovierung des Pfarrhauses und der
übrigen Pfarrgebäude ein und verlangt zeitweilig
sogar den Neubau des Pfarrhauses. Unter seiner
Regie wird das Pfarrhaus von Grund auf renoviert
. Die Grundmauern bleiben bestehen, aber
die Raumaufteilung im Innern und die Zweckbestimmung
der Räume wird geändert. Aus der
einstigen Backkammer, die zugleich auch Magdkammer
war, wird zum Beispiel die Küche, aus
der einstigen Küche wird das Speisezimmer usw.
Der Keller wird vertieft, das Bauchhaus (Waschküche
) wird in den Pfarrgarten verlegt. Daran
anschließend wird ein Holzschopf errichtet. Der
stößt wieder an den Stall und die Scheune (heute
nicht mehr vorhanden), die in Ost - West - Richtung
verlaufen. Im Stall ist Platz für sieben
Stück Vieh. An der Stelle, wo heute der Schopf
steht, wurden neue Schweineställe (3) gebaut.
Der so entstandene hufeisenförmige Hof wurde
an der offenen Südseite durch eine, neue Mauer
begrenzt. Der eigentliche Plan dieses unternehmungsfreudigen
Pfarrers ging aber dahin, Pfarrhaus
und Ökonomiegebäude zusammenzufassen.
Dem stand der öffentliche Fahrweg in die
„ Leimgrube" entgegen. Um dennoch zum Ziele
zu kommen, schlug er vor, ihn künftig zwischen
Pfarrhaus und Kirche verlaufen zu lassen.

Offenbar waren der Vogt, einige „Günstlinge"
und auch das Oberamt damit einverstanden. Die
geistlichen Herren von St. Blasien und Krozingen
wollten jedoch nichts von diesem Projekt
wissen. Pfarrer Schmidt verteidigte seine Ansichten
in einem Schreiben vom 22. Sept. 1800.
In ihm führte er an, daß er die Einwilligung des
seligen Herrn Propstes erhalten habe, daß er
außerdem freiwillig von der Forderung nach
einem neuen Pfarrhaus Abstand genommen habe
unter der Bedingung, daß man ihm zu einem
geschlossenen, mit dem Wohnhaus verbundenen
Hof verhelfe.

Eigentlich hätte der Seelsorger selbst erkennen
müssen, daß er hier um einen Schritt zu
weit gegangen ist, denn 'wäre der Weg verlegt
worden, so hätte er über das Gelände des einstigen
Friedhofes geführt. Schmidt blieb hartnäckig
und trieb die Dinge auf die Spitze.

Anfang Oktober 1800 trafen sich Vertreter
des Oberamts, der Propstey Krozingen, der unparteiische
Bugginger Vogt und die Bürger
Hügelheims bei der Kirche. ;,Kaum war der Weg

ausgesteckt", schrieb Rentmeister Thuon von
Staufen' einige Tage danach, „fing schon das
Lärmen gesamter Bürgerschaft in einem ungehaltenen
Tone an. Sie lassen es nicht zu, über
die Gräber ihrer Eltern und Großeltern eine
Straße ganz unnötiger Weise anzulegen." Sein
Brief schließt mit den Worten: „Nun ist es dem
Herrn Pfarrer ergangen, wie ich es ihm vor(her)
gesagt habe. Er ist an jetzt mit Spott und
Schande von seinem mit Zwang gesuchten neuen
Wege abgewiesen, und hat hierdurch den Haß
einer ganzen Bürgerschaft auf sich gezogen."

Pfarrer Schmidt erreichte dennoch, daß das
Pfarrhaus in der Zeit vom 7. Juni 1800 bis Ende
Dezember 1801 für 5113 Gulden so ausgebessert
wurde, daß es „einem neuen vorzuziehen" war.

Diese Behauptung hatte gewiß ihre Berechtigung
, denn von nun an bleiben weitere Klageschriften
aus, versiegen die archivalischen Quellen
. Endlich befand sich das Haus in einem Zustand
, der auch gesteigerte Ansprüche befriedigen
konnte. Es ist bemerkenswert, daß sich an
der zwischea 1800 und 1801 geschaffenen baulichen
Konzeption bis in unsere Tage nichts
mehr änderte.

Blicken wir nun noch einmal zurück und vergegenwärtigen
wir uns die bewegte Vergangenheit
dieses ehrwürdigen Gebäudes. Kurz vor
Einführung der Reformation vom St. blasischen
Abt — dem Zehntherren der Gemeinde Hügelheim
— erbaut, diente es über vier Jahrhunderte
den zahlreichen Seelsorgern des Ortes.

Welche Fülle von Erlebnissen könnte es allein
von ihnen berichten, die in seinen Mauern gelebt
und gelitten, gebetet und gearbeitet haben. Sie
teilten das wechselvolle Schicksal der Dorfbewohner
in freudigen und leidvollen Tagen, sorgten
sich um ihren gerechten Lohn und — wie
diese Zeilen zur Genüge bekundeten — um ein
wohnliches Heim. Dabei standen sie unwillkürlich
im Spannungsfeld beider Konfessionen, da
ihr Haus- und Bauherr der Abt des Klosters
St. Blasien bzw. dessen Statthalter, der Propst
zu Krozingen war. Könnte man es diesen Herren
verdenken, wenn sie bei der Verteilung der
Mittel ihren Glaubensgenossen den Vorzug gegeben
hätten? Vielleicht liegt hier eine Erklärung
dafür, daß die Wiederaufbau- und Reparaturarbeiten
oft so schleppend vorangingen.

Aber nicht nur davon könnte das Haus als
„der Vogt im Dorf" berichten. Wie es seinem
Stande zukommt, achtete er auch auf das, was
um ihn herum vorging. Auf das Einerlei im
bäuerlichen Alltag, auf das festliche Treiben an
Sonn- und Feiertagen, auf Versammlungen des
Dinggerichts, auf Krieg und Frieden. All das
hat sich um seine mächtigen Mauern abgespielt,
denen in Kriegswirren manche Wunde geschlagen
wurde. Dennoch hat das Hügelheimer Pfarrhaus
die Zeiten überdauert und blieb der Nachwelt
erhalten als ein echter Zeuge einer schicksalschweren
Vergangenheit.

Benutzte Quellen: GLA. Abt. 229, Fase. 47 035 bis 47 079.
Abt. 365 Zug. 1894 Nr. 37 Fase. 8. 155—169.

16


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1961-01/0018