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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1961-02/0005
Masken aus der Werkstatt Disch in Elzach

geschnitzt und dieser wiederum
hatte es vom Großvater
übernommen. „Als ich auch
noch am Fasnachtssonntag
geboren wurde, gab es über
meinen späteren Werdegang
sowieso kein Rätselraten
mehr", meint er schmunzelnd.
Und so kam es auch. Bereits
als vierzehnjähriger Schulbub
schnitzte er seine ersten Masken
, besuchte die Schnitzschule
im nahen Furtwangen
und machte diese schöne Tätigkeit
zu seiner Lebensaufgabe
. So mögen wohl viele
hundert Masken in seiner
Werkstatt entstanden sein. In
Elzach soll es Familien geben,
die allein sechs bis acht solcher
Larven ihr eigen nennen
können.

Meister Disch schafft nicht
nur für seinen Heimatort. In
seinem arbeitsreichen Leben
hat er nun schon mehr als
zwanzig Narrenzünften benachbarter
Städte und Ortschaften
Larven geschnitzt.
Da gibt es — um nur einige
zu nennen — die schrecklichen
Offenburger Hexen mit
ihren krummen, das ganze Gesicht beherrschen-
nen Höckernasen, zwei überstehenden Stoßzähnen
, vorspringendem Kinn, Warzen, Runzeln
und hühnereigroßen Augen. Den Bonndorfer
Pflaumenschlucker in seiner gutmütigen Derbheit
mit breitem Lachen, übergroßen Ohren,
buschigen Augenbrauen und im Munde zwischen
den Zähnen eine große Pflaume tragend. Nicht
zuletzt die Narros, Hänsele, Schrättle oder wie
sie sonst noch heißen mögen. Mancher auswärtigen
Narrenzunft verhalf Disch dank seines
schöpferischen Könnens dazu, altes, längst vergangenes
Brauchtum wieder aufleben zu lassen.
Er selbst entwickelte in Anlehnung an alte
Traditionen und Uberlieferungen neue Larventypen
.

So verschieden die Maskentypen in Elzach
auch sind, so einheitlich ist doch das Gewand
der Schuddig: auf dem Kopf präsentiert sich ein
durch drei riesige rote Wollbollen an jeder Ecke
gezierter mit über 300 Schneckenhäusern besetzter
Dreispitz. Mit Lederriemen wird die
mehrere Pfund schwere Kopfbedeckung an der
Larve festgeschnallt. Ein brandrotes Zottelgewand
, bestehend aus Kittel und Hose, vermummt
die Gestalt. Je nach Wetter ist der
Schuddig mit einer Streckschere oder mit einer
„Saublödere", einer getrockneten, luftgefüllten
Schweinsblase, bewaffnet, die er, böse unter
seiner Maske knurrend und brüllend, mit groteskem
Sprung auf den Boden knallt.

Daß altes Brauchtum tief im Innern der
Menschen, die es noch heute auszuüben bereit
sind, verwurzelt ist, dürfte bekannt sein. Daß
damit kleinere und größere Opfer verbunden

Foto: Peter Bach, Benediktbeuren

sind, ebenso. Opfer an Zeit, an physischer Kraft
und nicht zuletzt an finanziellem Aufwand. Auch
der letzte dieser drei Faktoren sollte in unserer
materiellen, illusionsarmen Zeit nicht unerwähnt
bleiben. Der Elzacher läßt sich seine Fasnet, insbesondere
seine Verkleidung, etwas kosten. So
wie all die alten Trachten und historischen
Kostüme, gleich ob sie nun in irgend einem
Alpenland oder an einer Seeküste getragen werden
, ist auch das Schuddiggewand bodenständiges
, sehr wertvolles Volksgut. Die Anschaffung
eines kompletten .Schuddigkbstüms liegt bei
einem Preis von ca. 400 Mark. Die fertige Maske,
in welcher etwa 2V2 Tage intensiver, eigenschöpferischer
Arbeit — da jede Larve ihre
eigenen Züge aufweist — stecken, beläuft sich
auf 50 Mark. Der schneckenhausbesetzte Schud-
dighut repräsentiert allein einen Wert von
85 Mark, die große Streckschere 20 Mark und
der Rest für das Zottelgewand, Nackenschutz,
Halstuch und für die weißen Handschuhe. Die
Freude am überlieferten Fasnettreiben und am
Traditionsbewußtsein, derartig altes Brauchtum
in die moderne Zeit herübergerettet zu haben
und damit Hüter von Werten zu sein, wie sie
nur ganz selten andererorts noch vorzufinden
sind, gleicht Mühen und Kosten bei weitem aus.

Wenn zur Fasnachtszeit in den großen Städten
geschäftstüchtige Manager organisierten
Spaß veranstalten, vollzieht sich in Elzach, wie
in vielen anderen Ortschaften des schwäbischalemannischen
Gebietes, der Ablauf uralter, zum
Teil bis auf heidnische Zeiten zurückreichender
Volksbräuche. Wie es bereits vor hunderten von
Jahren die Vorfahren taten, begeben sich noch

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