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wurden teils hingerichtet, teils ausgepeitscht und
an den Pranger gestellt. — Ein seltsames Zwischenspiel
in der bewegten Geschichte der Grafschaft
Mömpelgard bedeuten die 1707 und dann
noch einmal zehn Jahre später geführten Verhandlungen
zwischen dem Fürsten und dem
König von Preußen, der das Land für sich erwerben
wollte. Diese Kaufverhandlungen zerschlugen
sich aber, und bald begann Frankreich
zum wiederholten, fünften Male, seine Hände
nach dem begehrten Mömpelgard auszustrecken.
Als ein neuer Krieg zwischen Frankreich und
dem Reich, der Polnische Erbfolgekrieg, ausbrach
, ließ Ludwig XV. am 10. April 1734 die
Grafschaft durch seine Truppen besetzen, die
zwei Jahre lang im Lande blieben. In dieser Zeit
bemühten sich die französischen Beamten wieder
, den Einfluß der lutherischen Kirche im
Lande zu brechen, und begünstigten den Katholizismus
. Sie fanden dabei die Unterstützung des
Landesfürsten Karl Alexander, der selbst katholisch
war und von 1733 bis 1737 regierte. Nur ein
frühzeitiger Tod hinderte ihn an der zwangsweisen
Rückführung seiner Grafschaft zur katholischen
Kirche. — Eine friedliche Bereinigung
der Streitigkeiten mit Frankreich auf längere
Dauer erfolgte endlich am 10. Mai 1748, als Herzog
Karl Eugen von Württemberg durch seinen
Gesandten in Versailles einen Vertrag unterzeichnen
ließ, auf Grund dessen die Herrschaften
Passavant, Grange, Hericourt und Blamont
unter französische Landeshoheit kamen und die
gegenseitige Duldung der beiden christlichen
Kirchen festgelegt wurde.
Herzog Karl Eugen, der von 1737 bis 1793
in Stuttgart regierte, war der letzte württembergische
Herrscher in Mömpelgard. Er erlebte
noch gerade die trüben Tage, welche die französische
Revolution über seine linksrheinischen
Gebiete brachte. Herzog Karl Eugen hatte seinen
Bruder Friedrich Eugen zum Statthalter von
Mömpelgard ernannt, als kurze Zeit darauf die
Revolution in Paris ausbrach und ihre Auswirkungen
sich nach dem Sturm auf die Bastille
bald nicht nur in ganz Frankreich, sondern auch
im Gebiet von Mömpelgard bemerkbar machten.
Allüberall erhoben sich die Bauern in der Grafschaft
, überfielen Schlösser und Klöster und
plünderten sie. Friedrich Eugen rief die Hilfe
des Königs Ludwig XVI. an, worauf französische
Truppen aus Beifort einrückten. So begann die
sechste und damit endgültige Besetzung des
reichsunmittelbaren Fürstentums Mömpelgard in
der Burgundischen Pforte, das bald darauf ein
integrierender Bestandteil der französischen
Republik wurde. Als die Revolution in Frankreich
immer weitere Rechte für sich in Anspruch
nahm und das Volk immer anmaßender wurde,
verließ der Statthalter, Graf Friedrich Eugeh,
das Land und flüchtete im April 1792 nach
Württemberg. Einige Wochen darauf rückten
4000 Nationalgardisten aus Beifort in Mömpelgard
ein, besetzten die Stadt und das Schloß,
errichteten Freiheitsbäume und versprachen in
einem Dekret aus Paris allen Völkern, welche
die Knechtschaft, in der sie durch ihre Fürsten
gehalten würden, abschütteln wollten, Unterstützung
und Hilfe. Darauf verlangte das Freiheitskomitee
von Mömpelgard von der Regierung
in Stuttgart Abschaffung aller Dienstleistungen
und Zehnten, Beseitigung des Jagd- und
Fischereirechtes usw. — Zu einer Antwort aus
Stuttgart auf diese Forderungen der Bevölkerung
kam es gar nicht mehr, da französische
Truppen der Rheinarmee des Generals Custine
jetzt nach Ausbruch des ersten Koalitionskrieges,
am 10. April 1793 auch von Montbeliard Besitz
ergriffen. Als diese Truppen wieder abzogen,
blieben nur vier französische Gendarmen in der
Stadt zurück; so sicher waren die Franzosen
ihrer Macht und ihres eroberten Besitzes. Im
Oktober 1793 rückte dann erneut französische
Kavallerie und Artillerie in Montbeliard ein. Die
Stadt mußte eine hohe Kontribution zahlen, die
nur dadurch aufgebracht werden konnte, daß
manche Bürger ihr ganzes Silber und ihre goldenen
Uhren opferten. — Als der Beauftragte
des Konvents, Bernard de Saintes, die Schlüssel
der Stadt Montbeliard übernahm, sagte er hochmütig
zum Bürgermeister: „Monsieur, wir bringen
Ihnen die Freiheit!" Worauf dieser stolz
erwiderte: „Diese Freiheit kennen wir schon
länger und besitzen sie in vollkommenster Weise
seit 300 Jahren!" Bernard aber wies auf Frankreichs
Macht hin und auf seine Kanonen und
entließ den Bürgermeister ungnädig. Zur Abschreckung
wurde neben dem Freiheitsbaum
eine Guillotine auf dem Marktplatz* aufgestellt;
sie trat aber nicht in Tätigkeit. Die Ländereien,
die Schlösser und das Mobiliar der Fürsten wurden
konfisziert und als nationaler Besitz verkauft
. Das ganze Land wurde zum Departement
Haute - Saöne geschlagen und in vier Kanton^
aufgeteilt.
Auch nach dem Frieden von Basel 1795, in
dem Preußen aus der Koalition ausschied, blieb
Württemberg im Krieg gegen Frankreich mit
Österreich verbündet. Als die württembergischen
Truppen die Schwarzwaldpässe gegen das Heer
des Generals Moreau verteidigen wollten, wurden
sie von den Franzosen vernichtend geschlagen
. So wurde denn Herzog Friedrich IL am
17. Juli 1796 zum Abschluß des Waffenstillstandes
gezwungen, und am 7. August desselben
Jahres wurde in Paris ein Abkommen unterzeichnet
, auf Grund dessen der Herzog von
Württemberg für sich und seine Nachfolger auf
seinen ganzen linksrheinischen Besitz endgültig
verzichtete. Die Grafschaft Montbeliard mit den
angeschlossenen Herrschaften, die seit dem Jahr
1407 nur durch ihre Herrscherfamilie mit dem
deutschen Reich verknüpft gewesen war, schied
damit aus dem Reichsverband aus und übernahm
sehr rasch alle politischen und kulturellen Einrichtungen
des französischen Staates, dem sie
nun endgültig einverleibt wurde.
Benützte Literatur:
P. F. Stalin: Geschichte Württembergs. 82—87.
Schneider: Württembergische Geschichte. 96.
Louis Renard: Histoire du Pays de Montbeliard. 1941.
John Vienod: Histoire du Pays de Montbeliard. 1904.
Lucien Febvre: Histoire de la Franche-Comte. 1922.
E. Hölzle: Der deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches. 1938.
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