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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1961-03/0004
I bi dur d'Rebe gange

un ha der Früehlig gseh;

wild waiht der Wind dur d'Gipfel,

frei isch der letzti Zipfel,

frei, frei, vo Ys un Schnee!

In jedes Riis stigt 's Lebe,
es suecht sich dausig Weg;
au 's Pfifeholz isch saftig —
der Früehlig chunnt wahrhaftig,
scho macht er Blueme zweg.

Jawohl, 's wird wieder Früehlig!
Der Storch isch au scho do;
un fallt au z'nacht no Rife —,
hörsch nit, wie d'Meise pfife:
Zyt, Zyty jo d'Zyt isch do!

Dr. Ernst Scheffelt:

©eflebecte Srütylingöboten

i.

Der Pflanzenkenner freut sich über allerlei
liebliche Frühlingsboten, über Weidenkätzchen,
Schneeglöckchen, Scharbockskraut und Veilchen.
Man beobachtet die jahreszeitlich- und wetterbedingte
Entwicklung der Pflanzen und Tiere
seit langer Zeit und hat schon interessante Erfahrungen
aus diesem Studium gewonnen, zum
Beispiel hat man Klimaänderungen festgestellt.
Man nennt diese Wissenschaft „Phänologie".

Auf Witterungseinflüsse aller Art, etwa auf
Luftdruck und Windverhältnisse reagiert natürlich
auch die leichtbewegliche Vogelwelt. Im soeben
abgelaufenen Winter fehlten im Breisgau
zwei typische Wintervögel: Haubenmeise und
Bergfink. Erstere blieb in ihren Bergwäldern;
der nordische Fink kam offenbar nicht bis Südbaden
(Beobachtungen sind erwünscht).

Die erwachende Lebenslust der Vögel merkt
man am Gesang. Da müssen wir die Tannen-
meise (Schwarzmeise, mit dem weißen Nackenfleck
) loben, sie läßt sich den ganzen Winter über
hören, jetzt allerdings ruft sie ihr zweitöniges
Liedchen recht laut. Der Wanderer übersetzt es
mit „stief-le, stief-le". Die Kohlmeise hörten
wir am 29. Januar zum ersten Mal. Ihr Verslein
wurde bisher immer mit „Zit isch do" übersetzt,
seit Jahren notiere ich die Tonfolge anders, etwa
„do do Zit" oder kürzer „do Zit".

Ende Januar wurden auch die Dompfaffen
lebendig, sie haben einen weichen Flötenruf und
sitzen wie große, rote Himbeeren im dunklen
Taxusbusch. Ihre Weiber, vornehm grau und
schwarz, sind am Futterhaus zänkisch und verjagen
ihre eigenen Gatten.

Der 10. Februar war wichtig in meinem Terminkalender
; da hörte ich den ersten Buchfinkenschlag
, das Trommeln des Buntspechtes
und das Rugusen der Ringeltaube. Für letztere
ist der 10. Februar ein sehr früher Termin! —
Jetzt singen auch schon die Grünlinge (Grünfinken
); Rotkehlchen und Amseln folgen wahrscheinlich
, noch ehe diese Zeilen in der Hand
des Lesers sind. Und dann werden sich auch
Singdrossel und Mönchsgrasmücke hören lassen,
also Zugvögel.

Es soll bei dieser Gelegenheit gesagt werden,
daß die Zusammensetzung unserer Vogelwelt
sich fortwährend ändert. Vor 150 Jahren war

die Amsel noch „ein scheuer Waldvogel", jetzt
schmaust sie ungeniert unsere Erdbeeren. Vor
einigen Jahrzehnten ist die Singdrossel, auch ein
Waldvogel, in unsere Gärten und Parks eingewandert
. Der Girlitz, nächst verwandt 'dem
Kanarienvogel, kam vor 110 Jahren in Deutschland
an (bei Basel). 1860 waren die Girlitze
nördlich noch nicht über Mainz vorgedrungen,
doch 1880 erreichten sie Berlin, 1928 die dänische
Grenze und 1950 das dänische Seeland. Da
das Vögelein bei uns noch nicht genügend bekannt
ist, geben wir eine Stelle aus Gerlachs
Vogelbuch wieder: „Unter unseren gefiederten
Musikanten ist der Girlitz der Zitherspieler. Er
kommt mit Vorliebe in die menschlichen Siedlungen
und seine Stimme sirrt in der schönen
Jahreszeit aus vielen Parkanlagen, Weinbergen
und von Telegraphendrähten. Er zupft eilig zwei
helle Töne aus der Kehle, dann vier tiefere, nun
wieder vier hellere. Gläsern klirrt es fast ohne
Unterlaß fort... Es klingt zwar ziemlich einförmig
, aber doch reizend. Nie sitzt ein Girlitz
beim Singen still; oft flattert er zwitschernd
über die Baumkronen hinaus." — Die Unterseite
des Sängerleins ist gelbgrün, die Oberkopffedern
sind tiefbraun und haben helle Säume. Es finden
zwei Brüten statt.

Auch der Hausrotschwanz kam einst aus dem
Süden, aus den Felsgebirgen am Mittelmeer.
Wir dürfen ihn in der zweiten Märzhälfte erwarten
. Sein Liedlein klingt rauh, aber er ist ein
treuer Hausgenosse. Sein Vetter, der hübsche
Gartenrotschwanz, singt ganz ordentlich, er
kommt aus seinen Winterquartieren im innersten
Afrika und könnte uns von den jungen Negerrepubliken
berichten.

Eine ganze Zahl von Vogelarten (wir haben
nicht alle genannt) haben sich dem Menschen
und seinen Wohnstätten angepaßt. Andere, wie
die Raubvögel, der Storch und der Wiedehopf
gehen stark zurück. Auch die Vögel, die auf
Höhlen angewiesen sind, haben es schwer. Warum
müssen arme Meisen in Briefkästen nisten?
Deren Blech erhitzt sich in der Sonne und die
Jungen müssen verschmachten — und unten
lauert die Katze! Auch der Gartenrotschwanz ist
ein Höhlenbrüter. Darum soll man Nisthöhlen
aufhängen und nicht jeden wurmstichigen Baum
gleich umlegen.

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