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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1961-03/0005
Das Auto vernichtet Hasen, Dachse und Igel
auf nächtlicher Fahrt; die Gefiederten können
sich helfen bzw. sie sitzen auf ihrem Schlafbaum.
Aber „Nachtvögel" wie Eulen, Käutzchen und
Ziegenmelker sind gefährdet. Geblendet vom
hellen Licht des Scheinwerfers prallen sie gegen
che Scheiben und müssen sterben. Aber gegen
den Tod auf der Autobahn ist offenbar kein
Kraut gewachsen!

Ii.

Haubenmeise und Kuckuck

Vor Ostern hat sich die letzte Haubenmeise
mit einem niedlichen Triller vor mir verabschiedet
; heute grüßte mich mit hellem, frohem Ruf
der Kuckuck. Die kleine zutrauliche Meise hat,
vom Köhlgarten herabkommend, am 28. Dezember
den Winter angekündigt, einen milden Winter
mit wenig Bergfinken — und viel Grippe.
Manches Hanfkorn haben die Waldmeisen bei
mir gepickt, oft hingen sie zusammen mit Blau-
und Tannenmeisen am freischwebenden Futterring
. Mein kleiner Enkel sagte, sie hätten eine
Krone auf, das klingt auch besser als Haube.
Besagter Enkel sagt auch nicht, der Pfau schlage
ein Rad, sondern „Pfau macht den Schirm auf".
Ich finde das recht treffend. Als er noch sehr
klein war und den ersten Kuckuck hörte, sagte
er „Wauwau". Jetzt kennt er schon den Kuckuck
als hochgeschätzten Frühlingsboten, nur stellt
er sich unter dem stimmgewaltigen Vogel ein
entsprechend großeis Tier vor. Dabei ist der
Kuckuck kleiner als der Eichelhäher. „Cauch"
nennt man ihn auch wegen seiner heiseren
Stimmlaute, die man von ihm hört, wenn
man ihm nahe ist. Die Legegewohnheiten der
Kuckuckin sind bekannt; ihr Liebesleben ist
nicht mustergiltig.

Jetzt hallt lustiger Kuckucksruf von Spanien
bis zum Nordkap und beim ersten Ruf, den man
hört, sollte man Geld im Sack haben. Hatten Sie
welches?

Werden nun meine Futterhäuser leer bleiben
bis Dezember 1961? Es hat nicht den Anschein.
Da sind Stammgäste hier wie die Amseln, die
mit schrillem Gegacker ihren Tribut verlangen,
dann sind zänkische Grünfinken und behäbige
Kernbeißer da, die ich auch nicht wegscheuchen
kann. Die Dompfaffenweiber sind recht herrisch
und verjagen oft ihre schönen Männer; die Buchfinkenmännchen
sind vorsichtig, ihre Frauen
sind jetzt auch da. Alle kamen wohl nicht aus
dem Süden zurück, denn man sieht oft streitende
Männchen. Warum müssen denn die Weibchen
nach Sizilien und Mallorca gehen? Als ich im
März Nisthöhlen für Meisen und Kleiber und
Halbhöhlen für Rotschwänze und Fliegenschnäpper
aufhängen ließ, sah dies ein junger italienischer
Dachdecker. Er sagte: „In Deutschland
macht man Nester für die Vögel, in Italien ißt
man sie!"

Über den Buchfink möchte ich gern noch
etwas sagen. Ein alteingewurzelter Trieb führt
die Weibchen im Winter nach dem Süden, obwohl
das eigentlich nicht mehr nötig ist, denn
das Klima ist - wenigstens in Süddeutschland -

in den letzten Jahren milder geworden. Und es
hat wirklich den Anschein, als ob die Finkendamen
ihre Gewohnheit, ans Mittelmeer zu
ziehen, aufgeben wollten. Ab und zu sieht man
nämlich jetzt kleine Schwärme von Finkenweibchen
auf unseren Fluren. Und zwei Kilometer
davon entfernt eine Gesellschaft von Männchen.
Diese lassen dann in unseren Gärten den viel
besprochenen Finkenschlag erschallen — und die
Weibchen sind auch da. So war's bei uns am
2. März 1961.

Am gleichen Tag setzte auch der liebliche
Gesang der Rotkehlchen ein. Von diesem reizenden
Vogel noch folgendes: Man sagt oder stellt
sich vor „das schüchterne, das bescheidene, das
hungernde Rotbrüstchen". Doch es gibt auch
selbstbewußte Vertreter dieser Art. Vor zwei
Jahren beherrschte ein Rotkehl-Hahn meinen
Futterbalkon ganz und gar und wochenlang. Mit
geöffnetem Schnabel und abgespreizten Flügeln
vertrieb er Finken, Grünlinge, Meisen und
Spatzen, nur die dicken Amseln ließen sich nicht
vertreiben. — Vor Ostern sind auch die Weibchen
gekommen, sie haben vielleicht am Rhein
oder an Schweizer Seen oder noch weiter südlich
überwintert. Wie könnte man ihnen die Fahrten
ans vogelfressende Mittelmeer verbieten?

Ein begeistertes Lob des Rotkehlchengesanges
finden wir in Richard Gerlachs Buch „Die Gefiederten
". Wir lesen da:

„Es ist das seelenvolle Lied der Gärten und
des Waldes, wenn das Schweigen der Nacht mit
dunkeln Schatten heraufsteigt. Alle anderen
Sänger sind schon auf ihrem Baum eingeschlafen
. Vom höchsten Zweig geflötet, klingt es
feierlich in Moll, eine Koloratur, ein Jubilate,
und doch wehmutsvoll, eine abwärts perlende
Tonreihe, wie eine Frage gedehnt, und wieder
hinreißend wie das Wasser eines Gebirgsbaches.
Schmelzendes Flöten wechselt mit gepreßten
Lauten. Die Tonlage ist hoch, höher als wir
nachpfeifen können; nur einzelne metallische
Laute reichen bis zu unserer Möglichkeit herab."

Das Rotkehlchen ist dankbar, wenn der allzu
pünktliche Gärtner nicht alles Laub unter den
Sträuchern beseitigt; dasselbe gilt von der
Nachtigall. Die schweifende Katze ist der
schlimmste Feind dieser beiden Erdsänger.

Noch etwas von meinen Wintergästen: ein
seltener Besucher des Futterhauses dürfte der
Schwarzspecht sein. Ich entdeckte ihn zu meiner
großen Überraschung vor drei Jahren in einem
Häuschen, das für Vögel seiner Größe — und
für Eichhörnchen — durch mehrere Querleisten
kaum zugänglich erschien. Der Schreck des
Waldfürsten war groß, als er mich sah; mit
Mühe zwängte er sich durch die Stäbe und entschwand
mit schnellem Bogenflug im nahen
Wald. Das gleiche berichtet mein Bruder aus
einem Garten über Meersburg a. B. — Der große
Buntspecht ist ständiger Gast oder Beobachter
an meinem Futterhaus, meistens macht er sich
an einer nahen Akazie (Robinie) oder an einer
Weide zu schaffen. Einen Mittelspecht fand ich
tot (ohne Verletzung) vor dem Futterhaus. Ein

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