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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1961-03/0006
Kleinspecht Rettert ab und zu an besagtem
Weidenbaum.

Laubsänger, Grasmücken, Rotschwänze und
Schwalben kommen wohl nie ans Futterhaus,
denn sie leben im Winter in warmen Zonen und
erscheinen erst wieder bei uns, wenn die Natur
ihnen den Tisch gedeckt hat. Allerdings kann es
ihnen passieren, daß sie hier noch darben müssen
; man denke an den vergangenen Ostersonntag
, an welchem gewiß keine Insekten zu finden
waren, oder an den 27. April, der Schnee brachte.
Da suchten Amseln und Rotkehlchen im Gras
und im Boden, der zum Glück nicht gefroren
war, ihre Mahlzeit.

Badenweilers Vogelwelt ist eine typische
Waldgesellschaft, wobei zu bedenken ist, daß die

beiden Parks und die bäum- und buschreichen
Gärten vom Vogel als „Wald" angesehen werden
. — Nicht zu den Waldvögeln rechnen die
Schwalben und der Hausrotschwanz. Letzterer
ist eigentlich Felsenbewohner und rückte im
Lauf der letzten zwei Jahrhunderte vom Mittelmeer
bis an die Ostsee vor. Unsere Steinhäuser
sieht er als Felsen an, möge man ihn da nisten
lassen; man sagt, seine Anwesenheit schütze vor
Blitzschlag und Feuer.

Die Vogelwelt der Wiesenfluren und der
Getreidefelder hat ganz anderen Charakter, und
wieder anders zusammengesetzt ist die Vogelfauna
der Weinberge. Auch die Vögel der Steilhänge
am Belchen bilden eine biologische Sondergruppe
.

Gerhard

Geiger: ^[^xwaiz^ unb feine #0f83eftPfnto

Erinnerungen an vergessene Botaniker des Oberlandes

Es sind schon Jahrtausende vergangen, seit
die Eiszeit die höchsten Berge des Schwarzwaldes
mit Schnee- und Eisfeldern überzog. Uberall dort
aber, wo die Klimaverhältnisse noch einigermaßen
denen der Eiszeit nahekommen, an vom
Wasser überrieselten und mit Moospolstern überzogenen
, feuchten und sonnenbeschienenen Felswänden
, treffen wir im Kleinen ein Spiegelbild
der eiszeitlichen Flora und Tierwelt an. Da ist
die Alpenbartschie. Linne, der große schwedische
Naturforscher, soll zur Erinnerung an seinen
früh verstorbenen Freund, den Arzt und Naturforscher
Bartsch, der Pflanze diesen Namen
gegeben haben. Erst im Juli schmücken ihre
dunkelvioletten Blüten die Matten am Feldberg,
während ihre eiszeitlichen „Geschwister", die
Soldanellen, schon im späten Frühjahr die
brüchige Schneedecke durchstoßen — violette
Tupfen aus einer Malerpalette auf einem im
Sonnenlicht flimmernden Schneefeld. Die Soldanellen
sind die frühesten Frühlingsblumen
hier oben und zugleich auch die seltensten Vertreter
der eiszeitlichen Flora des Schwarzwaldes.
Alpenbartschie und Soldanelle sind heute im
Schwarzwald nur noch im Feldberggebiet zu finden
, während sich der Belchen mit einer weniger
abwechslungsreichen Pflanzenwelt zufrieden
geben muß. Was mochte es deshalb wundern,
daß einige Botaniker des Oberrheingebietes, die
auf ihren Studienreisen die bunte und prächtige
Farbsymphonie der Alpenflora kennen gelernt
hatten, nun auch auf ihrem „Hausberg", dem
Belchen, ein kleines Reservat für diese Pflanzen
schaffen wollten. Das Klima und die Bodenbeschaffenheit
kamen ihren Bestrebungen entgegen
. So konnten sie denn ihre Pläne bald in
die Tat umsetzen. Die meisten der damals eingeführten
alpinen Pflanzen sind heute wieder
verschwunden. Zu diesen nachträglich vom
Menschen auf den Belchen gebrachten Vertretern
einer eiszeitlichen Flora gehört etwa der
Spinnweben - Hauswurz, der noch hier gedeiht
und sonst in Deutschland nur im Allgäu zu finden
ist. Seine kleine rötliche Blattrosette wirkt

sehr dekorativ, deshalb entdeckt man diesen
Hauswurz auch manchmal im häuslichen Steingarten
. Auch einige Exemplare des purpurroten
Enzians — seine Heimat sind die Westalpen und
Norwegen — konnten sich auf dem Belchen behaupten
. Er ist ein „Eiszeitkind", doch kam dieser
Enzian erst spät, im letzten Jahrhundert,
wieder zu uns. Er war nämlich, als es allmählich
wärmer wurde, mit dem Heer seiner „Geschwister
" in die Regionen des Hochgebirges und in
skandinavische Länder ausgewandert.

Nur einige wenige dieser Zierden des Hochgebirges
und letzten Vertreter der eiszeitlichen
Pflanzenwelt im Schwarzwald haben sich an
besonders begünstigten Standorten am Belchen
in die Gegenwart herübergerettet. In den Halbschatten
des Unterholzes verkriechen sich die
große Sterndolde und auch die braune Hainsimse,
ein mit goldbraunen Ähren behangenes Sauergras
. Eiszeitkinder sind auch der sternblütige
Steinbrech und sein Verwandter, der immergrüne
Steinbrech, dessen fleischige Blattränder
feine Kalkschuppen tragen. Schon im Zeitalter
des Humanismus hatte der Basler Gelehrte Thomas
Platter diese Steinbrechart hier auf dem
Belchen gefunden und beschrieben. Einheimisch
sind auch das Bergfettblatt und die mit schwarzen
Beeren behangene Krähenbeere.

Der Hauswurz, der purpurrote Enzian und
vielleicht auch die große Sterndolde waren aber
erst im letzten Jahrhundert durch einen Botaniker
, Dr. Friedrich Vulpius — man nannte ihn
den „ Belchen vat er" — auf den Belchen gebracht
worden *). Von Schönau aus unternahm er bis
in sein hohes Alter Besteigungen des Belchen,
dem seine ganze Liebe galt. Im alten Gästebuch
des Belchenhotels finden sich neben einem Bild
des „Beichenvaters" mancherlei Einträge über
diesen verdienten Botaniker. Mochten auch die
oft herrlichen Blütenkelche dieser verschiedenen
alpinen Pflanzen den Wanderer erfreuen, den
späteren Botanikern mußten sie immer zu einem
Stein des Anstoßes werden, denn diese „Trans-

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