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er seine einzige Tochter und Erbin Maria, Friedrichs
Sohn Maximilian zur Gemahlin an. Weil
er jedoch die Königskrone vor der Vermählung
forderte, weckte er das Mißtrauen des Kaisers.
Durch sein unerhört prächtiges Auftreten beschämte
er den Kaiser, der dazu nicht in der
Lage war. Der Tag der Krönung war festgesetzt,
die Vorbereitungen waren getroffen. Da verließ
in der Nacht zuvor heimlich, eines Kaisers unwürdig
, Friedrich mit seinem Sohne die Stadt,
um sich und seine Kaiserkrone zu behaupten.
Dadurch war der Bruch zwischen Habsburg und
Burgund vollzogen, zur großen Freude der Franzosen
und der Schweizer. Auf seinem Zug nach
Basel kam Kaiser Friedrich III. am 3. Sept. 1474
nach Neuenburg. Wieder erlebte die Stadt am
Oberrhein den Einzug eines Kaisers in, ihren
Mauern. Im gleichen Jahr noch stand Karl am
Niederrhein, wo die mutigen Bürger einer anderen
rheinischen Stadt, der Stadt Neuß, seinem
Angriff fast ein ganzes Jahr widerstanden, bis
der Kaiser mit einem starken Heer zu Hilfe kam.
Karl zog ab. Wieder wurde das Heiratsversprechen
in die Waagschale geworfen und der Kaiser
gab um der Erbaussichten für sein Haus dem
Herzog freie Hand, Lothringen zu besetzen. Alles
schien für Burgund gewonnen. Mit einem glänzenden
Heer zog er gegen die Schweizer, die sich
so verhängnisvoll gegen ihn gestellt hatten. Die
Bauern siegten erst bei Grandson und dann über
ein anderes Heer bei Murten. Die Blüte des
burgundischen Adels blieb auf dem Schlachtfeld.'
Der burgundische Herzog hatte geschworen,
den schmachvollen Tod seines Vogtes an den
oberrheinischen Landen zu rächen. Er übertrug
dessen Bruder Stephan den Vollzug. Dieser fiel
alles verheerend im Sundgau ein. Basel kam mit
400 Mann zu Hilfe. Die Städte wurden aufgeboten
, der Kampf zog sich bis in das Jahr 1475
hin. Zu Neuenburg war das Heerlager der Verbündeten
. Auch im Kampfe der Schweizer gegen
die Burgunder floß Neuenburger Blut.
Während dieser Kämpfe war der rechtmäßige
Herr von Lothringen, Herzog Rene, wieder in
seine Stadt Nancy zurückgekehrt. Karl der
Kühne eilte herbei und griff die Stadt an. Es
ging ihm wie Hagenbach, er wurde von seinen
italienischen Söldnern verraten. Er fiel in der
Schlacht bei Nancy am 5. Januar 1477. So endete
der Traum von der burgundischen Größe. Habsburg
aber erbte durch die Vermählung der Tochter
Karls des Kühnen mit Maximilian die burgundischen
Lande.
Für die Untat der Neuenburger fand sich
kein irdischer Richter.
So endete die Zeit, in der sich die Geschichte
der merkwürdigen Stadt mit der großen Politik
des Jahrhunderts verknüpfte.
Fußnoten zu »Peter von Hagenbach«
1. Heinrich Schreiber, Taschenbuch für Geschichte und Altertum in Süddeutschland
, Freiburg 1844: .Peter von Hagenbach und das Gericht
der Geschworenen zu Breisach'.
Die Familie H.'s stammt vermutlich von den burgundischen Grafen
de la Roche ab. Sie waren habsburgische, burgundische und pfälzische
Vasallen. Ihr Famihenbegräbnis war im 14. Jahrhundert im oberen
Franziskanerkloster zu Thann. Der Landvogt besaß vor den Toren dieser
Stadt ein Haus mit Garten. Die Brüder Peter, Stephan und Hans
waren im Besitz von Schloß und Dorf Hagenbach bei Altkirch, sowie
der Dörfer Witteisheim und Sennheim. Dort wurde P. v. H. zwischen
den Jahren 1420/32 geboren. 146S wurde das Dorf von den Mülhausern
ausgeraubt, das Schloß 1466 von den Schweizern verbrannt. Stephan
trat in burgundische Dienste. Bin Christoph v. H. war 1540 Stadtvogt
von Ensisheun. Ein Herr v. H. war im Dreißigjährigen Krieg Oberst
In der kaiserlichen Armee. Hans v. H. war 1465 und 1469 zum Neuenburger
Landtag eingeladen. P. v. H. war ungefähr gleichaltrig mit Karl
dem Kühnen.
2. P. v. H. hatte mit 12 Jahren einen Mann erstochen, wahrscheinlich 1444
beim Einfall der Armagnaken.
3. Die Streitigkeiten des Landvogts mit Neuenburg gehen bis zum Jahre
1471 zurück und lassen sich auf drei Punkte zurückfuhren. Doch ergibt
sich aus der Reimchronik, daß erst 1474 die Differenzen so bedeutend
wurden, daß sie einen Aufstand der Neuenburger zur Folge hatten,
der erste Streit ging um einige Rheininseln. In der Instruktion für den
burgundischen Gesandten Sigmund zu Bregenz vom 28. 7. 1472 heißt
es: .item dann von wegen der von Neuburg im Breisgau, wiewol nun
die Entscheidung dem Fürsten v. Burgund billig zugehören sollte, so
sei dieser doch geneigt einzuwilligen, daß der Herzog Sigmund die
beiden Teile vorlade, nämlich P. v. H. und die Neuenburger, sie verhöre
und gütlich oder rechtlich entscheiden möge". Im Februar 1474
schlagt der Gesandte Karl dem Kuhnen in Dijon vor: .In Betreff der
Neuenburger schlagen wir eine freundschaftliche Tagfahrt zu dem
Zwecke vor, daß beide Teile friedlich verglichen würden". Reim-
chromk: .Er krieget mit ihnen um einen Wald / den wollt er ihnen
nehmen mit Gewalt".
4. Der zweite Streitgrund war folgender
P. v. H. war dem Bürgermeister Ludwig Sigelmann nicht gut gesinnt.
Man beschuldigte ihn der Räuberei (Bulletin pour la conservation des
monum. hist. en Alsace I p 53). Er traf S. auf einer Hochzeit m Lohr
bei Zabern, einem früher Pfalz- zweibrückischen Dorf und ließ ihn
wegen Landfriedensbruch festnehmen. Es geschah entweder gegen
Ende Oktober oder November 1473 oder zwischen dem 14. u. 23. I. 1474.
5. Dies geschah kurz vor dem Februar 1474 oder Ende 1473. Die Gesandten
Sigmunds trugen darüber in Dijon folgendes vor: (Monum. Habsburg
. I. 1 S 87) deinde exposuismus quid actum esset cum ipso Ludo-
wico Sigelman, et rogavimus, quod pristine libertati restitueretur, et
quod sibi lllud luramentum, quod praestitit relaxaretur. Karl antwortete
' .Ei parte sigelman et aliorum, quibus civitas Nuwenburg
mterdicta est, respondit, quod velit a suo bahvo Hagenbach melino
informari de lllo negotio". (Was den Sigelmann und die andern anbetrifft
, welchen das Betreten der Stadt Neuenburg untersagt ist,
antwortete er, daß er von seinem Vogt Hagenbach besser unterrichtet
werden wolle über jene Angelegenheit.)
Zu ersterem Vortrag: .... daß ihm die ursprüngliche Freiheit wieder
zurückgegeben wurde und daß ihm der Eid, den er geleistet hatte,
erlassen wurde".
6. Im Präfekturarchiv zu Kolmar befinden sich vier Rechnungsbücher des
Weibels vom Jahre 1470, aus denen hervorgeht, daß er öfters nach
Neuenburg gekommen war, um Einkäufe zu machen, aber auch um
rückständige Zinsen und sonstige Gelder einzutreiben. Dadurch hatte
er sich in Neuenburg viele Feinde gemacht.
Zu 6. Auszug aus dem Tagebuch des Weibels
.Item 32 ß (16 fl 34 kr) han ich gen umb blow tuch dem koch gen
Lanser und umb sdiurhtz zu eun Wembesch, machet im rock und hosen
und kugelhutt, kofft ich umb Fridly Fuchß v. Nuwenburg.
Item 38 ß 9 (10 fl 35 kr) han ich gen um 67 Pfd. ancken, kofft ich zu
Newenburg am samstag nach der hechtmeß (3. II.).
Item 10 guldin han ich gen dem Hesing von Nuwenburg, hatt mich
qefangen von einer gult wegen (II. oder III. 1470).
Item 18 ß rappen han ich gen um ein salmen zu Nuwenburg, schickt
ich gen Ensheim, als min gnediger her die frowen und herren het
geladen.
Item 11 ß (r fl) han ich gen um fisch zu Nuwenburg, die furt junck-
her Cunrat Rots und Jacob Trumer gen Ensheim, als wir die frowen
von Brisach heim gon Nuwenburg gleitteten.
7. P. v H. wurde am 10. Mai 1474 in der Kirche von Hagenbach bei
Altkirch beigesetzt.
Seine zweite Frau, Barbara v. Thengen, heiratete nach seiner Hinrichtung
den Grafen v. Ortingen und in dritter Ehe den Grafen Heinrich
v. Zweibrücken.
Accolens. Die Hochzeit fand 1443 statt. Die Ehe endete schon 1449
durch den Tod der Frau.
Die Hinrichtung fand am 9. Mai statt, 4 Uhr nachmittags, auf der Aue
vor dem Kupfertor, wo sonst keine Hinrichtungen vorgenommen wurden
. Der Hinrichtungstog war der Jahrestag der Verpfändung der
v. ö. Lande. P. v. H. hatte für seine Freilassung 14 000 Gulden geboten.
8. Zu dieser Zusammenkunft hatte Peter von Hagenbach seinen Herrn
begleitet und war auf dem Rückweg nach Lohr gekommen, wo er
auf der Hochzeit (vermutlich seines Vetters Hans-Ulrich) Sigelmann
festnehmen ließ.
Uber Peter von Hagenbach siehe auch Mone III, Reimchronik über
P. v. H. Sie wurde 1480 von unbekanntem Verfasser in Breisach geschrieben
. Es gibt davon zwei Abschriften, eine zu Straßburg und
eine im Staatsarchiv zu Stuttgart. Die erste Abschrift wurde für Bürgermeister
Füchshn angefertigt, der sie schon 1558 in Besitz hatte.
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