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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1961-07/0017
Anlage des Kirchplatzes, wie sie sich durch viele
Jahrhunderte hindurch bis zum Jahr 1835 erhalten
hat, nicht das geringste mehr zu erkennen,
ist doch die Riehener Kirche einst nicht nur ein
Gotteshaus, sondern eine starke Kirchenfeste
gewesen, ein Bauwerk, einmalig in seiner Art im
deutschen Südwesten. Wir kennen die Kirchenburgen
Siebenbürgens, die dem Schutz der Bevölkerung
bei Türkeneinfällen dienten. So flüchteten
sich die Riehener Bauern im Falle der Not
auf den Kirchhof, der sich um die Kirche herum
erstreckte und den eine mächtige Festungsmauer
umgab, um welche noch in tiefem Einschnitt der
Dorfbach den Rain herunter zur Wiese floß. Uber
eine Zugbrücke gelangte man vom Dorf aus zunächst
zu einer aus Hornsteinen gebauten äußeren
Mauer mit einem oberen und einem unteren
Tor, neben dem in späterer Zeit die sogenannte
„Triilli" stand, ein Schandkasten, in dem zur
Strafe für ihre Vergehen Lügner und Lästermäuler
zeitweilig eingesperrt wurden. Hinter
dieser ersten Mauer lag der sog. Zwingelhof.
Durch diesen gelangte man zur Hauptbefestigung,
einem Ring von festen, gemauerten Speicherhäusern
, die aus gehauenem rotem Sandstein
errichtet waren und deren Keller zur Aufbewahrung
von Korn und Wein dienten. Diese wieder
umschlossen den Friedhof und die Kirche. Aus
dem befestigten Kirchenbezirk führte noch ein
unterirdischer Gang hinüber zu dem alten Herrenhof
des Klosters Wettingen, dem heutigen
Lüschergut. So war für alle Notfälle einer
längeren feindlichen Belagerung vorzüglich vorgesorgt
.

Als die Stadt Basel im Jahre 1522 das Dorf
dem Bischof abkaufte, legten die Bauern in

Emil Baader:

Es gibt im badischen Land wohl kaum eine Mutter,
die eine ergreifendere Grabstätte gefunden hätte als
Maria Ursula Gött, die Mutter des Zeit seines Lebens
nach höchsten Idealen ringenden Dichters Emil Gött.

Neben den schönen Gräberstraßen des Freiburger
Gottesackers bildet die Ruhestätte für Mutter und Sohn
einen Friedhof im Friedhof. Ein kleiner Wiesenplatz ist
umhegt von hohen Baumhecken. In wundersamer Einsamkeit
ruhen die beiden. Auf dem schlichten Grabmal
des Dichters liest man die Worte: „Emil Gött / geb. 13.
Mai 1864 / gest. 13. April 1908". Auf jenem der Mutter
steht geschrieben: „Maria Ursula Gött / 1842—1927".
Vom Geist der beiden zeugt ein Vers des Sohnes auf
einem bescheidenen Mal:

Uber allen Wplken
bist du, o Sonne.
Über aller Nacht
ist Licht.

Uber all dem dunklen Weh der Welt
schwebt der Feuerball der Wonne.
Hebe dich Mensch, und verzage nicht.

Als Maria Ursula heimging — 19 Jahre hat sie ihren
Sohn überlebt — schrieb ein Freund: „Ihre lebensvolle
Betagtheit war der Inbegriff der Lebendigkeit. Bauernkind
vom Kaiserstuhl, früh Witfrau des städtischen
Kanzlisten Gött; Kinder hatte sie genug und Arbeit, die
Sorgen auch. Sie hatte zum ersten Sohn Emil Gött. Und
das besagt, wieviel sie mitgemacht Sie ist den Stationen
-dieses Leidensweges nachgegangen. Jahrelang hat sie

einem Schreiben an den Rat der Stadt ihre
Absicht dar, ihre Kirchenfestung auch weiterhin
in gutem Verteidigungszustand zu erhalten. Sie
erklärten sich bereit, Steine zu brechen, Kalk zu
brennen und alle Grabarbeiten dafür zu verrichten
, damit sie, ihre Weiber und Kinder in Kriegszeiten
ungeschädigt blieben. Zur Verteidigung
der Mauern waren einige kleine Geschütze vorhanden
, die allerdings damals reparaturbedürftig
waren. Deshalb schrieben die Riehener an ihre
gnädigen Herren in der Stadt Basel und ersuchten
sie, „daß dieselben ihre Büchsen (Kanonen)
im Werkhof wieder aufrüsten lassen und dazu
einen halben Schilling Hackenbüchsen samt Pulver
und Steinen zu entschutzung des dorffes und
herrhus geben möchten".

In einem Schreiben aus dem Jahr 1847 heißt
es von der Riehener „Artillerie": „In alter Zeit,
da der Kirchhof von Riehen eine Art Kastell für
das Dorf bildete, waren auf der dortigen Kirchmauer
zwei kleine Kanonen (Falconetstücke) aufgestellt
, welche die Umgebung beschützten. Später
wurden sie als Signalkanonen benutzt, wohl
auch bei Hochzeiten abgefeuert. Jetzt aber werden
sie zu den verschiedensten Anlässen dem
Gemeinderat abgefordert, und wenn er die Erlaubnis
nicht gibt, so kann er noch froh sein,
wenn er seine Fenster ganz behält und allenfalls
mit der Zerwerfung einzelner Ziegel davonkommt
". — Heute stehen die beiden kleinen
Kanonen der Riehener Kirchenburg im Historischen
Museum in Basel. Die Ringmauer aber,
welche aus 23 im Kreis aneinandergebauten
Speichern und 12 Kellern bestand, wurde 1835
abgebrochen, der Friedhof verlegt, die Kirche
freigelegt und mit Anlagen umgeben.

ums Brot hinterm Waschtrog gestandenn in Freiburg,
sie hatte sich durchzubringen. Indes er äuf der Bauernhalde
vor der Stadt, erfüllt von Idealismus, jenes fast
berüchtigt gutherzige Leben führte, nach seinem Kopf.
Und man weiß, wie sehr er verschuldet war. Sie hat zu
ihm gehalten; sie hat an ihn geglaubt Sie hat nach seinem
Tod ein Büchlein erscheinen lassen, das für den
Sohn wirkt Es ist gut zu lesen und greift ans Herz,
diese mütterliche Chronik ihrer schmerzensreichen Erinnerungen
".

Sie wußte, daß es noch ärmere Menschen gab. „Nicht
der ist arm, der wenig > besitzt, sondern der viel braucht",
so lautet eine der Weisheiten, die sie als Mitarbeiterin
des „Lahrer Hinkenden Boten" in ihrer volkstümlichen
Art aussprach. Mutter Gött schrieb aber nicht nur Kalendergeschichten
, ihre Feder brachte es auch zuwege, daß
für bedürftige Witwen gesammelt wurde, daß die Suppenverteilung
an die Armen begann. Noch mit 75 Jahren
humpelte sie ins Lazarett um Gutes zu tun. Von ihrer
Schriftstellerei sprach sie in den bescheidensten Worten:
„Wer sein Leben lang mehr gewaschen und gebügelt als
geschrieben hat, dem will der Satzbau nicht recht glük-
ken. Das beste Gedicht, das wir machen können, ist
unser Leben". Ihr hatte es der Sohn zu verdanken, daß
er ins Lahrer Gymnasium kam, wo die Lehrer dem
eigenwilligen Knaben mehr Verständnis entgegenbrachten
als in Freiburg, wo Direktor Theodor Weiland sein
väterlicher Freund wurde.

Als Gött sich im Sommer 1894 auf der Leihhalde bei
Zähringen sein Haus baute, da wußte die Mutter wohl,

Erinnerungen an Maria Ursula Gött

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