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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1961-09/0007
rotes hereinbricht, ein gotischer Raum mit farbigem
Fenster:

Alte chrumme Epfelbaum
Wirdsch uff eimol groß:
Fohsch ne Bild vom Himmel uff,
Leisch's für öis uff d' Stroß.

So hebt Fringeli das scheinbar Zufällige ins Licht
des Bedeutsamen. Aus dem scheinbar Spielerischen
, wie etwa einem alten Kinderspruch, läßt
er ein Gedicht erstehen, das, weit über das Alltägliche
herausragend, nachdrücklich das Menschliche
umfaßt:

Redli, Redli lauf!
Dräih dr Fade eister glych,
Spinn en bis is Himmelryth.
Wenn i mol dort obe bi,
Redli, denn darfsch ruehig sy.
Redli, Redli lauf!

Aus dem Zyklus „Im Chilchhof zue" könnte man
jedes Gedicht, und das ist viel gesagt, an einem
Feierabend oder am Sonntag dem besinnlichen
Leser zur Vertiefung in Gedanken empfehlen,
die über den Alltag führen:

Wägwyser tiehn is schigge
All sibe Stroße noh...
Zletscht blybe alli Pilger
Bym glyche Tür Ii stoh!

Den Schluß des Bandes „Holderbaum" bilden
einige Mundartballaden, von denen „Der Tod am
Barschwang" mit seiner dramatischen Steigerung
erschütternd wirkt. Man sage nicht, das Gespräch
des Knaben mit dem Vater erinnere an
Johann Peter Hebel. Hier ist dieses Gespräch,
ein Gespräch, das zu allen Zeiten zwischen Frage
und Antwort Vater und Sohn zusammenführt,
so überzeugend als Traglinie der Handlung aufgeführt
, daß jeder Gedanke an ein Vorbild
schwinden muß. Und am Ende, hat nicht jeder

Dichter seine- Vorbilder, an denen er heraufgewachsen
ist?

Nun bliebe uns noch die Aufgabe, vom Erzähler
Albin Fringeli zu sprechen. Mir sind kleinere
Erlebnisse, in Mundart erzählt, in Erinnerung
geblieben, aus denen ich eine besondere Eigenschaft
des Erzählers Fringeli erkennen kann. Es
ist der lebendige Dialog, der dem Gang der
Handlung Fluß und spannende Aufmerksamkeit
verbürgt. Fringeli hat zum Geleite der Monatsbilder
in seinem Kalender Jahr für Jahr kleine
Erlebnisse zu nachdenklichen Kurzgeschichten
ausgebaut, die wohl in einem Bande gesammelt
einmal vor dem Schicksal der Vergessenheit bewahrt
werden müssen.

Die Zeit fordert noch manche reife Gabe,
deren Wert in die Zukunft reichen muß. Albin
Fringeli wird dereinst, wenn er die Nebenpflichten
des Tages abzuwerfen vermag, einen
Schwarzbubenroman schreiben, der dem Volk
den Spiegel seines Schicksals vorhält.

Möge dem Dichter Fringeli die Gesundheit
und die Muße zu solcher Aufgabe verliehen sein;
die Kraft dazu ist ihm verliehen.

Albin Fringeli ist der Hebelpreisträger vom
10. Mai 1961. Aus seiner Dichtung atmet Wesen und
Schönheit seiner Heimat. Ein besonderes Erlebnis ist es,
ihn selbst seine Gedichte und Erzählungen sprechen zu
hören. Es entfaltet sich dann die ganze Leuchtkraft ihrer
Worte und Sätze. Alles was zwischen Zeilen unausgesprochen
bleibt, aber herauf klingt, wird durch sein
Wesen lebendig. Er ist einer der seltenen Dichter, die
ihre Werke wirklich lesen können.

Albin Fringeli ist Alemanne besonderer Prägung. Er
läßt aber, wie jede wirkliche Dichtung, alles stammesmäßig
Gebundene überhöhend, die große Menschlichkeit
aufleuchten, die alles umspannt. Hierin liegt sein Einssein
mit Hebel.

Er ist ein Dichter, zu dessen Wahl wir aus ganzem
Herzen ja sagen. Konstantin Schaf er

Gerhard Geiger:

Jofzf von (Börteö unfc bae @lfa|s

Das Straßbuger Exil

Am 10. Oktober 1819 war Josef von Görres
im letzten Licht der untergehenden Sonne als
politischer Flüchtling in Straßburg eingezogen.
Ein herrlicher Tag lag hinter ihm, „der Himmel
blau und heiter, alle Wälder noch grün, der
Rhein dampfend, die Häuser um und um mit
Mais behangen". „Als ich Straßburg nahekam,
stand das Münster im dünnen Abendnebel halb
blau, wegen der Durchsichtigkeit, halb sonnenrot
; der fröhliche Sonntag hatte die halbe Stadt
zu den Toren hinausgetrieben, in den umliegenden
Dörfern war überall Musik und Tanz.. und
auf allen Wegen, die zu den Toren führten, ein
lustiges Getümmel. Da bin ich nun meines Weges
mitten durchgezogen, in der Stadt war mir alles
noch bekannt... und so spüre ich wenig oder
nichts von dem Gefühl von Ode und Alleinsein,
das einem sonst an fremden Orten wohl befällt".

In Straßburg sollte Josef von Görres, der berühmte
Herausgeber des „Rheinischen Merkur"
und Verfasser der Schrift „Teutschland und die
Revolution", für die nächsten sieben Jahr© eine
Heimat finden. Er war vor der drohenden Verhaftung
durch ihm nachgesandte Häscher der
preußischen Regierung — Staatskanzler 'Fürst
Hardenberg hatte selbst den betreffenden Kabinettsbefehl
ausgearbeitet — in das Frankreich
geflohen, als dessen leidenschaftlichster Gegner
er während der Jahre des Befreiungskampfes im
„Rheinischen Merkur" seine Stimme erhoben
hatte. Hier in Straßburg konnte er, wie Achim
von Arnim damals meinte, „die Periode der
Dummheit bequem abwarten". In Wind und
Wetter sah man die auffallende Erscheinung des
Publizisten und Wissenschaftlers in einem verblichenen
und fadenscheinigen Rock auf weiten
Gängen durch die Stadt und die engere und
weitere Umgebung. Noch haftete an seiner Ge-

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