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Die heutige Kirche
Aufn.: Christa Kurz
daß Vikar Unold anfangs November seinen
Vikariatsposten antrete „und allsogleich die mit
demselben verbundene sehr wohltätige lateinische
Schule einstweilen excurrendo. anfange".
Das Bezirksamt möge für ein Schullokal besorgt
sein und „sowohl in der toleranten Stadt Kan-
dern als auch deren Umgebung diese beginnende
Lehranstalt bekannt machen, damit die Schüler
sich auf den ihnen näher zu bestimmenden Tag
in Kandern einfinden und in ihren Kenntnissen
geprüft und einregistriert werden können". Der
Herr Dekan Martin fügt noch bei, man möge
dies dem Großh. protestantischen Dekanat mitteilen
, damit sich dieses allenfalls beim Anfang
der Schule einfinden könne. Aber im März 1815
eröffnete das Direktorium des Wiesenkreises dem
Bezirksamt Kandern, daß die katholische Kirchensektion
des Großh. Ministeriums des Innern
unterm 25. Februar 1815 „unsern Antrag, daß
mit der Pastoration von Bürgeln die Pädagogenstelle
in Kandern in Verbindung gesetzt werden
wolle, wegen den dabei obwaltenden Bedenklichkeiten
und Umständen nicht genehmigt sei".
Man kann sich gut vorstellen, daß jedesmal
wieder, wenn ein Katholik gegen den Willen der
Bürgerschaft durch Regierungsbeschluß der Gemeinde
als Bürger aufgezwungen wurde, die
Erregung sich Luft machte. Gegen die Anwesenheit
in der Gemeinde hatte niemand etwas einzuwenden
, wohl aber gegen die Verleihung des
Bürgerrechts. Man wollte eben, wie der Gemeinderat
einmal schreibt, die hiesige Stadt ungemischt
erhalten. Seit 1850 wurde die Gottesackerkapelle
den Katholiken zur Mitbenützung
bei ihren Gottesdiensten überlassen. Daraus ergaben
sich weitere Schwierigkeiten, weil die
Stadt die größeren Reparaturen, die die Kirchenbehörde
für nötig hielt, nicht in diesem Umfang
ausführen lassen wollte auf ihre Kosten. Diese
Friedhofkapelle ist ein Teil der alten Kirche, die
mehrmals umgebaut und erweitert worden war,
bevor 1825 mit dem Bau der heutigen Kirche
begonnen wurde. Damals brach man zuerst den
Anbau von 1720 ab und stellte ihn als Friedhofkapelle
wieder auf. Dadurch ist uns der
schöne romanische Eingang erhalten geblieben
. Um diesen Schwierigkeiten ein Ende
zu machen, erschien in Nr. 25 des Freiburger
Katholischen Kirchenblattes vom Jahre
1858 eine Einladung zur Zeichnung von
Beiträgen zur Erbauung einer katholischen
Kirche in Kandern. Die treibende Kraft war
der Domkapitular Franz Sales Schmidt in
Freiburg, der am 22. Januar 1860 mitteilen
konnte, daß er 8000 fl beisammen habe,
während der Bau auf 7474 fl 24 kr veranschlagt
sei. Es bleibe nur noch das verlangte
Bauunterhaltungskapital von 450 fl aufzubringen
, welches er „hochgeneigtest übernehmen
zu wollen ein Hoch. Erz. Ordinariat
ganz gehorsamst ehrerbietigst bittet."
Nachdem der/ Gemeinderat am 1. März
1860 keine Einwendungen mehr zu machen
hatte, wenn das Erz. Domkapitel zu Freiburg
die künftige Unterhaltung der Kirche
übernimmt, erteilte am 13. April 1860 die
Regierung des Oberrheinkreises die baupolizeiliche
Genehmigung. Am 19. November schrieb
Pfarrkurat Schul tes in Bürgeln an den Gemeinderat
in Kandern, daß er erfahren habe,
die Gemeinde wolle der neuen Kirche ein
Geschenk machen; er bittet, daß Fuhrwerksbesitzer
bei der Einebnung des Platzes mithelfen
. „Sollte es mir erlaubt sein, das Geschenk
betr. meine Bitte zu stellen, so möchte ich eine
Glocke in Vorschlag bringen, indem uns dadurch
die größte Wohltat geschehen würde". Am
11. Dezember verpflichteten sich achtzehn hiesige
Fuhrwerksbesitzer auf Ansuchen des Gemeinderats
zur freiwilligen Mitarbeit. Am 10. Dezember
legte der Glockengießer Benjamin Muchenberger
in St. Blasien einen 'Kostenüberschlag vor für
eine Glocke von 230 Pfund mit des Ton „es" für
230 fl und mit allem Zubehör 153 fl 27 kr kosten
solle. Die Glocke wurde bestellt und auf ihr die
Inschrift angebracht:
„Die ev. prot. Stadtgemeinde Kandern ihren kath. Mitbürgern
und Einwohnern gewidmet im Jahre 1861"
Dazu kam auf die andere Seite das Wort „Concordia".
Domkapitular Franz Sales Schmidt schrieb am
5. Dezember 1860 an den Pfarrkuraten Schul tes
neben anderem: „Die Einstimmigkeit des Beschlusses
ehrt, ich weiß nicht, ob mehr die
genannte Stadtbehörde und die gesamte protestantische
Bürgerschaft oder die wenigen katholischen
Ortseinwohner und die zahlreichen in den
umliegenden protestantischen Orten zerstreuten
Katholiken. Bestehe nun das beabsichtigte Geschenk
in was es wolle und berechne ich sein
Wert in Geld so hoch oder nieder, in beiden Fällen
lege ich einen unvergleichlich höheren, ja
unschätzbaren Wert auf die Gesinnung, der es
entsprossen. Möge es sein fernerhin ein Band der
innigsten Eintracht und der aufrichtigsten Liebe,
das sich schlinge um die Bekenner beider Konfessionen
nach dem Willen des einen und gemeinschaftlichen
Vaters im Himmel und des einen und
gemeinsamen Erlösers Jesu Christi!" (Schluß folgt.)
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