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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1961-09/0017
Emil Baader:

jöit 3römbeeren reifen

Wilde Brombeeren zu pflücken, in der Zeit
des Hochsommers und des Frühherbstes, ist eine
zwar „stachlige" aber lohnende Arbeit. Wie würzig
schmeckt das Brombeermus, der Brombeerwein
, der Brombeersaft.

Es gibt unzählige Arten von Brombeeren, die
nicht leicht voneinander zu unterscheiden sind.
Da gibt es die Hohe, die Kreuzdornblättrige, die
Straußblütige, die Zottige und die Filzige Brombeere
, um nur einige Arten zu nennen. Am bekanntesten
aber sind zwei Arten, die „Gemeine
Brombeere" (Rubus fruticosus, zu deutsch strauchige
Brombeere) und die „Ackerbrombeere"
(Rubus caesius, zu deutsch blaubereifte Brombeere
), die auch Kratzbeere genannt wird.

Die unfruchtbaren Ranken der Brombeere
biegen zum Boden abwärts bis sie mit den
Spitzen den Boden erreicht haben und schlagen
dort neue Wurzeln. Die durch - doppeltes Festwachsen
gebildeten Brombeerbögen wurden früher
, zumal in England, aufgesucht, um die soge-
nannnte „Brombeerkur" vorzunehme. Wenn man
Schlingen fand, die groß genug waren, ließ man
Kinder und Erwachsene, die mit einem Bruch,
Kropf, bösartigen Ausschlägen oder Geschwüren
behaftet waren, durch diese Schlingen hindurch
und rücklings wieder zurückkriechen, in der
Hoffnung, daß dabei der Strauch die Krankheiten
abstreifen und für sich behalten werde.

Damit hängt auch der andere Volksglaube
zusammen, daß man nach der Bartholomäusnacht

(24. August) oder nach Michaelis keine Kratzbeeren
mehr essen sollte. Vermutlich fürchtete
man die auf den Strauch übertragenen Krankheiten
zu erwerben. Man wählte zur Brombeerkur
am liebsten die Ackerbrombeere, da sie
weniger dornig ist als die Echte Brombeere.

In der Volksmedizin spielt die Brombeere
seit altersher immer eine große Rolle. Alles
kann man von ihr verwenden: die jungen Blätter
, die Stengel, die Wurzeln und die Früchte.
Früchte und Wurzeln wirken harntreibend, die
jungen Blätter aber zusammenziehend.

Haben die Brombeeren keine Gelegenheit, sich
an Holzgewächsen emporzuranken, so bauen sie
sich — sie sind unsere vollkommensten natürlichen
Heckenpflanzen — selbst ein Gerüst Die
etwas kürzer bleibenden Triebe bilden flache
Bogen, die sich zu Boden neigen. Auf der Oberseite
dieser Bogen entspringen im folgenden
Jahr Blütenzweige. Die Lebensdauer der Triebe
beträgt etliche Jahre, dann sterben sie ab und
dienen den neuen Bogen als Stütze. Indem sich
dieser Vorgang Jahr für Jahr wiederholt, entwickeln
sich undurchdringliche Brombeerhecken,
die höher und höher werden, solange die alten
vertrockneten Stammteile die Lasten der neuen
Triebe zu tragen vermögen. Wenn die Brombeeren
in dieser Weise größere Strecken im Wald
überziehen, können sie dem jungen Holzwuchs
freilich schädlich werden. Wie die Himbeere und
die Erdbeere zählt die Brombeere zu den Rosengewächsen
.

Im Markgräflerland vor hundert Jahren

(Jttudö vom ^ären" in flüggen

Es wäre beileib nichts Neues, wollte man erzählen
, daß es im Markgräflerland einen guten
Wein gibt und dazu auch Leute, die dieser Gottesgabe
gern zusprechen. Daß bei letzterem Vorgang
auch schon gelegentlich eins über den Durst
getrunken wurde — aber nein: welcher Weinkenner
und Weinliebhaber trinkt den Auggener
Gutedel oder den Ruländer vom Römerberg oder
das Beste am Markgräflerland, den Müller-Thur-
gau von da und dort, überhaupt in Rücksicht
oder in Relation zum Durst; man trinkt den
fruchtigen Tropfen doch um seiner Qualität willen
, wenigstens der Chronist tut so —, daß also
dann und wann das eine oder andere Glas zuviel
Markgräfler getrunken wurde und wird, darf
man gewiß behaupten, ohne irgendwem zu nahe
zu treten; dem Markgräfler Wein selbst tun diese
Vorkommnisse ja auch nur Ehre an. Freilich darf
sich der Weingenießer nicht wundern, wenn in
dem bewußten Fall der Wein die Herrschaft über

den Menschen übernimmt. Dem Betroffenen ist
das — je nach dem, was ihm bei diesem Regierungswechsel
zustößt — angenehm oder unangenehm
; die Zuschauer oder die Miterlebenden
haben allerdings meist den größeren Spaß an
dem, was dann geschieht, — jedenfalls auf die
Länge. In jedem Dorf des gesegneten Landes
zwischen Rheinknie und Batzenberg gibt es eine
Menge Geschichten über besagte Vorgänge, zuerst
zur Verspottung der Betroffenen erdacht,
dann im Weitererzählen gereinigt oder mit Pointen
gewürzt, die die Wirklichkeit noch nicht
kannte, und im Lauf der Jahre immer wieder
variiert und umgestaltet. An manchen Orten
und Gelegenheiten aber scheinen sich solche
Ereignisse — früher natürlich nur — derart
gehäuft zu haben, daß man nicht mehr den
einzelnen Schöppler oder eine bestimmte Weinsorte
dafür verantwortlich machte, sondern den
Schuldigen in dem Wirtszeichen sah, unter dem

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