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den hat, war nach der „Vita St. Trudperti" im
7. Jahrhundert aus Irland gekommen und ließ
sich vom Papst Anweisungen zur Christianisierung
der Schwarzwaldbewohner geben. Nach drei
Jahren unermüdlichen Rodens und Bauens wurde
der Heilige von den eigenen Leuten 643 erschlagen
und hier, wo später sich eine Benediktinerabtei
erheben sollte, beigesetzt. Die Geschichtsforschung
distanziert sich von dieser im Volke
immer noch verbreiteten Sage und läßt nur
gelten, daß St. Trudpert im 7. Jahrhundert als
irischer Missionar hier wirkte, und daß eine
Urkunde das Kloster 852 zum ersten Male nennt.
Heute befindet sich hier das Provinz-Mutterhaus
der Kongregation der „Schwestern vom Heiligen
Joseph", die aus St. Marx im Elsaß hierher übersiedelten
und dem Baukomplex eine mächtige,
noch unvollendete Kuppelkirche einfügten.
Auch hinter St. Trudpert verbleibt dem Münstertal
der heitere Charakter. Vor der Kulisse
der hohen Berge buckeln sich Hügel empor und
tragen auf ihrem Haupt verwegen einen Schopf
aus roten, braunen und gelben Bäumen. Herbstliche
Wälder greifen weit in die Talmulden hinab
, die wie mit dem Daumen eines Riesen den
Bergflanken eingedrückt sind. Wir sind mittlerweile
unmerklich ins Obermünstertal hinübergewechselt
. Wie bereits im tiefer gelegenen Talteil
tragen auch hier die beieinanderliegenden
Gehöfte den seltsamen Namen „Rotten". Wolfgarten
und der Ort Spielweg mit seinem Barockrathaus
von 1784 sind solche Rotten. In Spielweg,
ein Wort, das gleichbedeutend mit Scheideweg
ist, trennen sich die
Wege. Bei der zum
Kriegerdenkmal ausgebauten
Kapelle
führt ein schmales
Sträßlein rechts ab,
direkt dem Belchen
zu, in das „Vorder-
Elend, Hinter-Elend
und zur Elendstampfe
" und findet
schließlich beim
„Neuhof " wieder zurück
zur neu angelegten
Straße. Der
seltsame Name
„Elend" spricht vielleicht
nicht so sehr
von der Armut der
Talbewohner, als
vielmehr von der
Verlassenheit dieses
Erdenflecks, bedeutet
doch im Mittelhochdeutschen
Elend
= Verbannung.
Hinter Spielweg
steigt linkerhand ein
Sträßlein, von stürzendem
Bergbach
umrauscht, hinauf
nach Stohren, von
wo es nicht mehr
weit zur Bergknappensiedlung Hofsgrund oder
zum Schauinslandgipfel ist. In dem urwelthaften
Steinlabyrinth unterhalb des Stohren zwischen
gestürzten Tannen und schäumenden Bächen
kann es sogar sein, daß man einer der Gemsen
begegnet, die 1937 im Feldberggebiet ausgesetzt
wurden, die . aber zum stilleren Belchen hinüberwechseln
.
Doch zurück zu unserer Straße. Sie ist heute
durch ihre kühne Linienführung, vor allem aber
durch ihre malerische, wie ein Burggemäuer
anmutende Stützmauer immer noch beispielhaft.
Nach einer um die „Armengasse" gelegten
Schleife verhält unser Weg bei einer Gruppe
alter Lärchen, die den Goldschleier herbstlich
gefärbter Nadeln tief herabgesenkt hat. Durch
ihn gesehen wirken die Felsklippen noch malerischer
und die Tiefenschau noch grandioser. Eine
Regenwolke ist über uns hingezogen; ihr Schatten
kriecht an den Hängen entlang, auf denen
die verblühten Weidenröschen und das doldige
Habichtskraut ihre weißgeflügelten Samen dem
Winde anvertrauen. Ein Regenbogen spannt sich,
als habe ihn Caspar David Friedrich behutsam in
diese romantische Landschaft hineinkomponiert,
von einer Gruppe goldener Birken hinüber zu
einer Felswand. Nur noch eine kurze Wegstrecke,
und ein Porphyrklotz, der 916 m hohe Scharfenstein
, verlegt der Straße den Weg und zwingt
sie, ihn, den einst eine Burg der Herren von
Staufen krönte, zu umgehen. Auf dem grünen
Plüsch niedergleitender Hänge modelliert die
tiefstehende Abendsonne jede Mulde, jede was-
Zu meinen Füßen sinkt ein Blatt,
Der Sonne müd, des Regens satt;
Als dieses Blatt war grün und neu,
Hatt' ich noch Eltern lieb und treu.
O wie vergänglich ist das Laub,
Des Frühlings Kind, des Herbstes Raub!
Doch hat dies Laub, das niederbebt,
Mir so viel Liebes überlebt.
L. Uhlanä
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